Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)
gab es Holzhütten, Zeltplätze, Grillplätze und kaum Verbote – ganz anders als in Europa. Ein tolles Gefühl!
Gegen Abend musste ich tanken. Neben der einzigen Tankstelle im Park stand eine Holzhütte mit Motel-Zimmern, Bar, Angelladen und Souvenirartikeln. Dort erfuhr ich, dass die Tore zum Park um einundzwanzig Uhr geschlossen würden. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich es nicht mehr zurückschaffen würde. Ich buchte also ein Zimmer für die Nacht. In der Lounge traf ich zwei Mädels mit Rucksäcken. Wir kamen ins Gespräch, und ich zeigte mich von meiner besten Seite. Sie erzählten mir, dass sie aus Kanada kämen und zwei Wochen im Park campen wollten. Sie fragten mich, ob ich mit ihnen fischen gehen wolle. Klar, der See lag ja nur hundert Meter entfernt. Als es dunkel wurde, lud ich sie ein, mit mir auf meinem Zimmer zu übernachten. Sie nahmen das Angebot sofort an. Wir aßen noch etwas zu Abend und schlürften einige Drinks. Dann verschwanden wir gemeinsam. Das Bett war nicht sehr groß, weshalb es sich die beiden auf dem Holzfußboden bequem machten. Es war ein lustiger Abend – obwohl es keinen Sex gab. Nach dem Frühstück trennten sich unsere Wege wieder.
Am nächsten Tag setzte ich meine Tour fort. Ich wollte mir unbedingt noch den Old Smoker anschauen, den bekanntesten Geysir im Park. Nach eineinhalb Stunden kam ich an und war mitten in einem großen Gebiet voller blubbernder Mini-Geysire. Dazwischen standen Elche, Angler, Camper und Touristen; in einiger Entfernung zog eine Bärenfamilie vorbei. Ich beobachtete dieses Naturspektakel und fuhr anschließend wieder zum Run-Place zurück. Es war ein Tag vor der offiziellen Eröffnung des World-Run 2006 – die Party ging weiter.
Cody war mittlerweile brechend voll, die Stadt platzte aus allen Nähten. Es gab kein freies Hotelzimmer mehr. Nahezu alle Hells Angels aus Amerika und etwa dreihundert aus Europa waren gekommen. Tausende von Dollars wechselten den Besitzer, zur Freude der Einwohner. Überall wurde gefeiert, und alle hatten Spaß. Für die einheimischen Girls war es das größte Erlebnis in ihrem Leben. Sie kannten ja nichts anderes als Rodeo, Stiere und Cowboys. Und plötzlich herrsch te der absolute Überfluss an strammen Männern aus allen Ländern der Welt. Und diese Männer waren mehr als willig … Das schmeckte den heimischen Boys natürlich gar nicht, und es kam zu Rangeleien, so dass der ein oder andere Cowboy mit einem blauen Auge herumlief. Einige Brüder, die an diesen Handgemengen beteiligt waren, kamen ins Gefängnis – und nur gegen äußerst hohe Geldstrafen wieder raus: je höher desto schneller.
Am Tag der offiziellen Eröffnung befanden sich fast alle Member auf dem Run-Place. Es war eine gigantische Feier. Ich fühlte mich unglaublich wohl: die vielen Nationen, die unterschiedlichen Persönlichkeiten, das gemeinsame Erlebnis. Es wurde alles aufgetischt, was wir wollten. Großartige Live-Musik wurde gespielt, der ein oder andere Hells Angel griff selbst zur Gitarre oder zum Schlagzeug. Im Zelt gab es Stripperinnen. Ich war glücklich und zufrieden.
Am nächsten Morgen – eigentlich war es schon Mittag – ging ich ins Tattoo-Zelt und ließ mir das obligatorische World-Run-Tattoo stechen. Das kann sich jeder Member gratis stechen lassen, es ist aber keine Pflicht. Ich ließ sie mir nur stechen, wenn mir das Motiv gefiel. Cody hatte ein besonders schönes Tattoo: Darauf war der Dead-Head zu sehen, mit einem Geweih anstelle der Hörner. Nach eineinhalb Stunden trug ich es auf meiner rechten Wade. Danach trottete ich zum Frühstück ins Catering-Zelt. Ich traf mehrere Member aus den USA , wir unterhielten uns angeregt. Ein sehr alter Bruder aus Kalifornien forderte mich zu einem
In Cody ließ ich mir dieses World-Run-Tattoo stechen
Duell heraus. Es ging darum, den letzten Zug eines Joints aufzurauchen. Der Joint war schon zu einem kleinen, kümmerlichen Teil geschrumpft, meine Fingernägel wurden heiß. Ich konnte meine Lippen nicht mehr so dünn machen, um daran zu ziehen, da klopfte mir mein Bruder auf die Schulter. Er quetschte noch einen winzigen Rest Zug aus dem Joint. Wir freuten uns wie die kleinen Kinder. Dann kamen die Schnapsflaschen auf den Tisch, und es ging rund. Der nächste Abend war genauso, nur noch lauter, noch besser, noch mehr Alkohol und noch mehr Stoff. Am Ende gab es ein phänomenales Feuerwerk.
Unangenehm wurde es nur, wenn die Sprache auf Deutschland kam: Die amerikanischen
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