Höllenschlund
Das verkompliziert die Angelegenheit.«
»Nur ein wenig«, sagte Austin. »Ich schlage vor, dass wir die Spezialeinsatzgruppe zusammenrufen, um morgen eine Unterwassersuche durchzuführen. Bis St. Anthony’s Wilderness ist es mit dem Hubschrauber nur noch ein Katzensprung.
Wir könnten gleich morgen früh da sein.«
»Ausgezeichnet!«, sagte Saxon. »Ich werde den Papyrus noch einmal genau durchgehen und mit meinen Forschungen vergleichen. Vielleicht habe ich ja auch noch etwas übersehen.«
Austin legte Daumen und Zeigefinger ans Kinn. »Salomon hat sich wirklich große Mühe gegeben, diesen Schatz vor den Augen der Menschheit zu verbergen.«
Zavala spürte die Ernsthaftigkeit in der Stimme seines Kollegen. »Ich glaube, du willst damit sagen, dass wir vielleicht einen Tiger am Schwanz packen.«
»So könnte man es ausdrücken. Gehen wir mal davon aus, dass wir besagtes Objekt finden. Was wollen wir dann damit tun?«
»Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht«, sagte Saxon. »Religiöse Objekte neigen manchmal dazu, Menschen in große Aufregung zu versetzen.«
»Genau darauf will ich hinaus«, sagte Austin in einem Tonfall, bei dem Saxon die Stirn runzelte. »Als Salomon dieses Ding versteckt hat, war er vielleicht viel weiser als wir sind, wenn wir danach suchen.«
43
Carina lag ausgestreckt auf dem Bett und starrte die Decke an, einfach weil sie nichts Besseres zu tun hatte. Da hörte sie ein leises Klopfen. Sie ging zur Tür und stellte fest, dass jemand draußen einen Korb mit ihrer Kleidung abgestellt hatte.
Sie las den Zettel, der oben auf den ordentlich zusammengelegten Sachen lag.
Liebe Miss Mechadi.
Bitte leisten Sie mir beim Abendessen Gesellschaft, wenn es Ihnen genehm ist.
VB
»Wie überaus
kultiviert!
«, murmelte sie, während sie die Tür schloss.
Carina konnte es gar nicht abwarten, das weiße Hemd loszuwerden. Als sie ihre eigene Kleidung wieder trug, hatte sie das Gefühl, die Situation wenigstens etwas mehr unter Kontrolle zu haben. Sie wusste zwar, dass es nur eine Illusion war, aber es fühlte sich trotzdem irgendwie gut an. Sie las die Nachricht noch einmal. Sie hätte es vorgezogen, keine weitere Sekunde in Baltazars Nähe zu verbringen, doch sie wusste, dass er den Schlüssel zu ihrem weiteren Schicksal in den Händen hielt.
Sie reckte die Schultern und marschierte durch die leeren Gänge zum Garten. Dort wartete ein Wachmann auf sie, um sie zu einem anderen Flügel des Hauses zu begleiten. Sie wurde in einen geräumigen Speisesaal geführt, der mit spanischen Motiven eingerichtet war. Die Wände waren weiß verputzt, von farbigen Kacheln eingerahmt und mit Vorhängen dekoriert. In den Ecken standen hohe Terrakottavasen.
Der Diener erschien und platzierte Carina an einem mit Leder bezogenen Tisch mit Beinen aus Gusseisen. Die Tafel war für zwei Personen gedeckt und wurde von kunstvoll verzierten Kandelabern erleuchtet.
Baltazar traf eine knappe Minute später ein. Er trug eine schwarze Krawatte, als hätte er sich für einen offiziellen Empfang gekleidet.
»Miss Mechadi, wie nett, dass Sie mir Gesellschaft leisten«, sagte er mit der Herzenswärme eines alten Freundes.
Carina lächelte ohne eine Spur von Humor. »Bleibt mir denn eine andere Wahl?«
»Uns bleibt immer eine andere Wahl, Miss Mechadi.«
Baltazar schnippte mit den Fingern, und der Kammerdiener füllte die Weingläser mit einem herzhaften Rioja. Er hob sein Glas und prostete ihr stumm zu, schien sich jedoch nicht daran zu stören, dass sie die Geste ignorierte. Sie stocherte im Salat und in der duftenden Paella herum, die das Hauptgericht war.
Den Kuchen, der als Nachtisch serviert wurde, schob sie von sich, aber sie nippte immerhin ein wenig am Espresso.
Sie aßen schweigend, wie ein altes Ehepaar, das sich nichts mehr zu sagen hat. Baltazar fragte, wie ihr das Essen und der Wein schmeckten. Carina antwortete lediglich mit einem Brummen.
»Gut«, sagte er. Dann zog er einen Zigarillo hervor und entzündete ihn, während er Carina die ganze Zeit im Auge behielt. »Ich habe eine Frage«, sagte Baltazar, dessen Kopf hinter einer Wolke aus blauem Rauch verschwand. »Glauben Sie an die göttliche Vorsehung?«
»Ich weiß nicht, was Sie damit meinen.«
»Ich spreche von der Vorstellung, dass der Lauf unseres Lebens weniger von unseren Taten, als vielmehr vom
Schicksal
selbst bestimmt wird.«
»Die Prädestination ist keine Philosophie, die Sie für sich gepachtet haben.« Sie blickte ihm unverwandt in
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