Höllenschlund
heißt Kurt Austin. Er arbeitet für die NUMA. Austin ist der Herr, der die Aktion verhindert hat.«
»Woher wusste dieser Austin von unseren Plänen?«
»Er wusste nichts davon. Es war ein bedauerlicher Zufall, dass er sich gerade auf dem anderen Schiff befand. Zu Ihrem Pech ist Mr. Austin ziemlich furchtlos. Und Glück hatte er auch. Ihr Schuss hat ihn nur leicht verwundet.«
Antonio dachte an den ersten kurzen Blick auf Austin durch das Fadenkreuz seiner Waffe und dann an den zweiten in das Cockpit des Hubschraubers, der den Erzfrachter überflogen hatte. »Ich würde gern mit Mr. Austin sprechen.«
»Das glaube ich«, sagte Baltazar mit einem boshaften Unterton. »Aber im Augenblick haben Sie Wichtigeres zu tun.
Es gibt da einen Fotografen vom
National Geographic
, der ein paar Bilder hat, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten. Beschaffen Sie mir diese Fotos.«
»Soll ich mich auch um den Fotografen kümmern?«
»Nur, wenn es nötig ist, und lassen Sie es wie einen Unfall aussehen. Ich will lediglich, dass die Bilder verschwinden.«
»Was ist mit der Frau?«
Baltazar dachte über Carinas Schicksal nach. Er war durchaus dazu in der Lage, ein Leben auszulöschen, wenn es ihm gelegen kam, aber an Carina war etwas Besonderes.
»Wir lassen sie am Leben, solange sie uns nützlich ist. Ich möchte aber einen umfassenden Bericht über sie.«
»Kann ich mich dann um Austin kümmern? Wir haben noch etwas zu klären.«
Baltazar stieß einen tiefen Seufzer aus. Auch Grausamkeit machte ihm nichts aus. Er war der klassische Psychopath, und als solcher empfand er kein Mitgefühl. Menschen waren dazu da, benutzt und dann weggeworfen zu werden. Aber Antonios Vorschlag bedeutete, dass sein Angestellter eigene Interessen verfolgte. Zugleich hatte er allerdings Verständnis für Antonios Wunsch nach Rache. Er selbst hatte auch eine Rechnung mit Austin zu begleichen.
»Ich möchte erst herausfinden, was er weiß, Antonio. Sie können ihn sich später vornehmen. Versprochen.«
Antonio schloss für einen Moment die Augen und bewegte die dicken Finger seiner Hand.
»Später«, sagte er und ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen.
18
Professor Pieter DeVries ging im Geiste immer wieder das Jefferson-Dokument durch, während er im Empfangsbereich des Nahostreferats des Außenministeriums wartete. Er hatte nun aber jede einzelne Zeile gelesen und keinerlei Unstimmigkeiten entdeckt.
Die Dame am Empfangstresen nahm gerade das summende Telefon ab und wechselte ein paar Worte mit der Person am anderen Ende.
»Mr. Evans hat jetzt Zeit für Sie, Professor DeVries«, sagte sie lächelnd. »Dritte Tür rechts.«
»Danke.« DeVries schob seine Lektüre in eine Aktentasche, die er sich unter den Arm klemmte, und ging den Korridor entlang. Er klopfte leise an, öffnete die Tür und trat gleich darauf in ein Büro. Ein großer Mann Ende dreißig mit langem Kinn wartete dort auf ihn und schüttelte ihm die Hand.
»Guten Morgen, Professor DeVries. Mein Name ist Joshua Evans. Ich arbeite als Analytiker für das Ministerium. Setzen Sie sich.«
DeVries nahm Platz. »Danke, dass Sie ein wenig Zeit für mich erübrigen konnten.«
Evans nahm mit seiner schlaksigen Gestalt hinter einem Schreibtisch Platz, dessen klinische Ordnung auf eine zwanghafte Persönlichkeit hindeutete. »Es geschieht nicht jeden Tag, dass ich Besuch von der NSA erhalte«, sagte Evans. »Ihre Leute bleiben doch meistens unter sich. Was führt Sie nach Foggy Bottom?«
»Wie ich bereits am Telefon erklärte: Ich arbeite als Verschlüsselungsexperte für die Behörde. Ich bin auf Informationen gestoßen, die für das Außenministerium von Interesse sein könnten. Ich habe es allerdings vorgezogen, direkt zu Ihnen zu kommen, statt die – für die NSA – üblichen Kanäle zu benutzen. Die Angelegenheit ist nämlich etwas heikel.«
»Sie haben mein ungeteiltes Interesse«, sagte Evans.
Der Professor öffnete seine Aktentasche und reichte Evans eine Mappe mit Kopien des Originals des Jefferson-Dokuments und dann die dechiffrierte Version. Er gab eine kurze Zusammenfassung, worum es im Text ging und wie er an das Material gekommen war.
»Klingt recht abenteuerlich«, sagte Evans mit einer Leichtigkeit, als hätte man ihm gerade ein Kindermärchen erzählt.
Er musterte den Tweed-Anzug und den Kinnbart des Professors. »Trotzdem ist mir noch nicht klar, warum Sie damit zum Nahostreferat gekommen sind.«
Der Professor breitete die Arme aus.
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