Höllenschlund
Reisegeschwindigkeit von über achthundert Stundenkilometern flog die türkisfarbene Cessna Citation X, nachdem sie einen kurzen Zwischenstopp zum Auftanken in Paris eingelegt hatte, in drei Stunden nach Istanbul. Das Flugzeug mit dem gegabelten Heckleitwerk setzte auf dem Internationalen Flughafen Kemal Atatürk auf und rollte dann am Hauptterminal vorbei. Die sechs Passagiere stiegen an einem VIP-Gate aus und wurden zügig durch die Kontrollen geführt.
Die Subvette war bereits früher mit einem speziellen NUMA-Frachtflugzeug eingetroffen und in einem Lagerhaus des Flughafens deponiert worden. Zavala wollte das Tauchboot inspizieren und sich vergewissern, dass es die Reise gut überstanden hatte. Er sagte zu Austin, er werde mit dem Taxi zur Ausgrabung fahren, nachdem er alles für den Transport des Gefährts vorbereitet hätte.
Zwei Kleinbusse warteten auf sie. Einer würde ihr Gepäck ins Hotel bringen, während der andere direkt zur Ausgrabung fuhr. Die NUMA-Wissenschaftler konnten es kaum erwarten, sich die Arbeiten anzusehen. Der Leiter war ein altgedienter nautischer Archäologe namens Martin Hanley.
Während der transatlantischen Etappe hatte Hanley den Grund für die Eile erklärt. Er hatte eine vorbereitende Reise nach Istanbul unternommen, um sich den Hafen anzusehen, der aus einer Zeit stammte, als die Stadt noch den Namen Konstantinopel trug. Der Hafen war in Yenikapi entdeckt worden, auf der europäischen Seite der Bosporus-Meerenge, als illegal besetzte Häuser geräumt worden waren, um einen neuen Bahnhof zu bauen. Die antike Stätte hatte den Namen »Hafen des Theodosius« erhalten.
Die archäologische Ausgrabung konnte den Bau eines Tunnels verzögern, der die europäische mit der asiatischen Seite der Stadt verbinden sollte. Hanley und die türkischen Archäologen machten sich Sorgen, dass wichtige Funde übersehen würden, weil die Arbeiten in großer Eile durchgeführt werden mussten. Er war nach Washington zurückgekehrt, um sein Team zusammenzustellen.
Die amerikanischen Wissenschaftler wurden von ihren türkischen Kollegen sehr herzlich begrüßt. An der schlammigen Ausgrabungsstätte wurde rund um die Uhr gearbeitet.
»Sind Sie sich ganz sicher, dass Sie nicht mitkommen wollen?«, fragte Hanley. »Wir haben schon eine Kirche, acht Schiffe, Schuhe, Anker, Leinen und einen Teil der alten Stadtmauer gefunden. Wer weiß, auf welche Schätze wir als Nächstes stoßen.«
»Danke. Vielleicht, nachdem wir mit unserem Sightseeing-Programm fertig sind.«
Austin nahm ein Taxi, mit dem sie über die Kennedy Caddesi fuhren, die belebte Durchgangsstraße, die entlang des Bosporus verlief. Eine endlose Reihe von Frachtschiffen stand Schlange, um die verkehrsreiche Verbindung zwischen dem Schwarzen Meer und dem Mittelmeer zu passieren. Austin wandte sich zu Carina um. »Wie lange kennst du deinen türkischen Kontaktmann schon?«
»Seit etwa einem Jahr. Cemil hat mir geholfen, ein paar anatolische Kunstschätze wiederzufinden, die aus dem Topkapi-Palast gestohlen worden waren. Früher ist er mal Schmuggler gewesen. Aber er hatte nichts mit Watten oder Drogen zu tun, wie er sagt. Nur Zigaretten oder Unterhaltungselektronik, alles, was mit hohen Steuern belegt ist.«
»Hat er Verbindungen zur türkischen Mafia?«
Sie lachte. »Das habe ich ihn auch gefragt. Er antwortete, dass in der Türkei
jeder
in der Mafia sei. Er hat mich immer wieder unterstützt, aber er ist …« Für einen Moment versagten Carinas Sprachkenntnisse. »Wie sagt man das? Geheimnisvoll.«
»Das hatte ich mir schon gedacht. Bist du dir sicher, dass ihr euch an der ›kopfstehenden Frau mit den Steinaugen‹ treffen wollt?«
»Definitiv. Er spricht gern in Rätseln. Manchmal kann er einen damit ganz schön nerven.«
Austin bat den Taxifahrer, sie nach Suitanamet zu bringen.
Sie stiegen aus dem Taxi und überquerten die belebte Straße.
»Wir werden deinen Freund unter unseren Füßen finden, wenn ich mich nicht täusche«, sagte Austin.
»Er scheint nicht der Einzige zu sein, der in Rätseln spricht.«
Austin trat an einen Verkaufsstand heran und erwarb zwei Eintrittskarten für die Zisterne der Basilika. Über eine Treppe gingen sie nach unten. Die kühle, feuchte Luft, die ihnen entgegenschlug, fühlte sich nach der Hitze der Stadt angenehm an.
Dann standen sie in einem riesigen, schwach beleuchteten Gewölbe, das an einen unterirdischen Palast erinnerte. Fische schossen durch das trübe grünliche Wasser, das den Boden
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