Höllenstadt
Zimmer um, das hell und freundlich eingerichtet war, passend eben für ein Kind. »Aber die Leute hier haben gelernt. Ich sah den Wachtposten vor dem Haus, Muriel. Uns wird nichts passieren. Man paßt auf. Ich glaube nicht, daß es noch zu weiteren Entführungen kommen wird. Irgendwann muß Schluß sein. Sollten die Entführer trotzdem kommen, werden die Männer schießen. Davon bin ich überzeugt. Das glaube ich wirklich, Kind.«
Muriel hatte ihre Tochter zurück in das Bett gelegt. Sie betrachtete das runde Gesicht und die hellen Locken. Sandra lachte. Sie kam auf ihre Mutter, fast das gleiche Lachen wie Muriel. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll, Mutter.«
»Aber du bist doch bei der Polizei.«
»Na und? Deshalb bin ich nicht besser dran, Mutter. Wir alle wissen nur soviel wie die anderen auch. Chief O’Brien eingeschlossen. Aber der G-man ist zurückgekehrt. Nicht allein. Er hat noch einen Kollegen mitgebracht. Soll angeblich ein Experte sein.« Muriel hob die Schultern. »Ob es stimmt, weiß ich nicht. Er macht auf mich jedenfalls einen sympathischen Eindruck.«
»Ist er ein Alienjäger?« erkundigte sich die ältere Frau flüsternd.
»Das weiß ich nicht, Mutter. Vielleicht ja, vielleicht nein. So genau kann man das nicht sagen. Aber ich glaube es nicht. Jedenfalls wird er die Augen offenhalten, und das ist auch schon etwas wert.«
»Ja, Kind.« Sie nickte und beugte sich über Sandra, deren Wangen sie behutsam streichelte. »Dich kriegen sie nicht«, flüsterte die Frau. »Wer immer sie auch sein mögen.«
Muriel stand daneben, schaute zu und hatte die Lippen zusammengepreßt. Sie konnte es ihrer Mutter nicht sagen, aber deren Besorgnis machte sie nervös. Sie war eine sehr agile Frau und zeigte das stets sehr deutlich, denn sie wollte immer alles selbst in die Hände nehmen.
»Du solltest jetzt gehen, Mutter. Schließlich hast du noch einen Mann, um den du dich kümmern mußt.«
»Ach, dein Vater ist nicht zu Hause. Er hat sich zur Bürgerwehr ein teilen lassen. Wir alle wollen nicht, daß Benson City zu einer Höllenstadt wird.«
»Ist sie das nicht schon geworden?« fragte Muriel zurück.
Die andere Frau schwieg. Es war besser so. Eine Diskussion über dieses Thema war ihr mehr als unangenehm.
»Ich bringe dich noch zur Tür, Mutter. Sandra soll nicht länger wach bleiben. Sie braucht den Schlaf einfach.«
»Ja, schon gut. Aber sprich vor dem Schlafengehen noch ein Gebet mit der Kleinen.«
»Werde ich machen, Mutter.«
Muriel Cameron atmete auf, als sie endlich allein war, obwohl ihr dieses Alleinsein auch nicht gefiel. Sie stand noch hinter dem Fenster und schaute in den Vorgarten. Dort war ihre Mutter stehengeblieben und unterhielt sich mit dem Wachtposten. Sie redete förmlich auf ihn ein. Dabei deutete sie einige Male auf das Haus zurück und bewegte auch ihren Kopf, als wollte sie den Mann von irgendwelchen Dingen überzeugen.
Muriel zog sich wieder zurück. Sie ging ins Bad, und sie ärgerte sich, daß sie zitterte. Die Vorgänge und Vorfälle hatten an ihren Nerven gezerrt. Da sie im Büro des Sheriffs arbeitete, bekam sie immer alles haargenau mit, und sie erlebte auch die Hilflosigkeit der Bewohner der Bedrohung gegenüber. Sie wurden an der Nase herumgeführt, konnten tun, was sie wollten, aber die andere Seite war immer stärker. Das war eben so verdammt schlimm.
Sandra schlief. Sie würde auch die Nacht über durchschlafen, wenn alles normal verlief. Daran wollte Muriel nicht glauben. Sie fürchtete sich vor der Nacht, aber sie war auch bereit, ihre kleine Tochter mit Haut und Haaren zu verteidigen.
Die Aufregung hatte sie ins Schwitzen gebracht. Vor Antritt der Wache wollte sie noch eine Dusche nehmen, sich abkühlen. Danach würde sie den Kaffee kochen, sie würde auch noch einmal ihre Dienstwaffe durchchecken und sie so ihn ihre Nähe legen, daß sie jederzeit damit schießen konnte.
Sie duschte lauwarm. Dabei dachte sie an ihren Mann, der beruflich unterwegs war. Muriel Cameron hatte bisher nichts dagegen einzuwenden gehabt, denn sie fühlte sich nicht als Anhängsel ihres Mannes, sondern als selbständige Frau. In diesem Fall hätte sie ihn gern an ihrer Seite gehabt, doch er war noch unterwegs.
Sie trocknete sich ab. Dann schlüpfte sie in bequeme Kleidung, eine lange, hellblaue Bluse, eine weiße Hose, in deren Gürtel sie ihre Waffe verstaute. Der Stoff fiel über den Revolver, und das war auch gut so.
In der Küche kochte sie Kaffee. Wieder schaute sie durch
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