Höllenstadt
hat versagt. Weder du noch die anderen Eltern, deren Kinder geraubt wurden. Bald wird dieser Schrecken beendet sein, das verspreche ich dir.«
Ich hoffte, daß wir ihn in dieser Nacht noch beenden konnten. Wenn sich die Entführer an ihren Zeitplan hielten, dann würden sie zuschlagen. Und dabei mußten wir sie überraschen.
Die junge Mutter ging, und der Sheriff schloß hinter ihr die Tür. »Das war Muriel Cameron«, erklärte er. »Auch sie lebt in einer wahnsinnigen Angst.«
»Ja,« sagte ich und nickte. »Das haben wir ihr angesehen.«
Abe Douglas erhob sich. »Ich denke, wir sollten jetzt gehen, John, und uns auf die Nacht vorbereiten.«
»Einverstanden.« Ich wollte noch von O’Brien wissen, wo wir ihn finden konnten.
»Zumeist hier, John. Manchmal bin ich auch draußen. Aber ich bin hier so etwas wie die Zentrale und kann schnell an allen wichtigen Punkten von Benson City sein. Gern würde ich mich noch zwei Stunden ausruhen, aber ich glaube, ich könnte überhaupt nicht schlafen. Meine Frau wird irgendwann etwas zu essen bringen und die Mannschaft hier mit Kaffee für die Nacht versorgen.« Er lächelte knapp und unecht. »Sie sehen also, daß so leicht nichts schiefgehen kann, was die Organisation angeht.«
Abe Douglas nickte ihm zu. »Sicher, außerdem haben Sie zwei Helfer hinzubekommen.«
»Auf Sie setze ich. Und meine Meinung, was das FBI angeht, hat sich auch geändert, Abe.«
»Lag das an mir?«
»Sehen Sie sonst noch jemanden von diesem Verein?«
»Danke.«
Wir verließen das Office, und uns war dabei alles andere als wohl zumute. In Benson City lauerte das Grauen. Es hockte in irgendwelchen Verstecken, kam blitzschnell daraus hervor, um dann um so vernichtender zuschlagen zu können.
Ich schüttelte den Kopf, und Abe erkundigte sich nach dem Grund. »Ich kann es noch immer nicht fassen, daß diese Trolle, Kobolde oder wer auch immer, Kleinkinder rauben.« Neben dem Chevy blieb ich stehen. »Warum tun die das?«
Der G-man hob die Schultern. »Das weiß ich nicht, John. Außerdem bist du der Fachmann.«
»Für Trolle?« höhnte ich.
»In deinem Job muß man eben für alles Fachmann sein«, gab er zurück.
***
Unser Hotel hätten wir vom Office des Sheriffs auch zu Fuß erreichen können, aber wir nahmen den Wagen und stellten ihn auf dem kleinen Parkplatz in der Seitenstraße ab.
Das Hotel war ein Eckbau und sah sehr ordentlich aus. Der untere Teil bestand praktisch aus einem gläsernen Wintergarten und war auch als bulliger Vorbau gedacht. Die Holzfassade zeigte einen grünen Anstrich, der allerdings im Laufe der Zeit verblaßt war. Die Schlafstätte nannte sich City Hotel, wobei die Reklame noch nicht eingeschaltet war. Dafür erlebten wir eine wohltemperierte, nicht zu große Eingangshalle, die mit hellgrünem Teppichboden ausgelegt war. Er fand sich auch dort wieder, wo einige Tische und Stühle standen. Da konnte der Gast im Wintergarten sitzen und speisen.
Abe Douglas war hier bekannt. Ein junger Mann mit längeren, strohblonden Haaren begrüßte ihn lächelnd. »Ah, Sie haben Ihr Versprechen gehalten, Mr. Douglas.«
»Ja – und einen Freund mitgebracht.«
»Beide Zimmer sind fertig.«
»Wunderbar.«
Ich trug mich noch ein, dann bekam ich den Schlüssel. Es gab zwar einen Lift, aber wir nahmen die breite Holztreppe bis zu einer Empore, die ebenfalls noch verglast war und uns einen Blick über die Main Street gestattete.
Es ging auf den Abend zu, und es war nicht mehr lange bis zum Einbruch der Dunkelheit. Auf den Gehsteigen zeigten sich immer weniger Menschen. Die Anzahl der vorbeifahrenden Autos hielt sich in Grenzen. Als ich durch eine Gasse schaute, sah ich im Hintergrund das Gebäude des Güterbahnhofs und auch die zahlreichen Gleise, die hier zusammenliefen und Benson City zu einem Knotenpunkt machten.
Aus der Ferne grüßten schwach die Berge. Ihre Umrisse verschwammen noch im abendlichen Hitzeschleier.
»Komm, ich bringe dich zu deinem Zimmer!« Abes Stimme riß mich aus meinen Gedanken.
Der Raum war klein, mit hellen Möbeln eingerichtet, aber sauber. Durch das Fenster schaute ich nicht auf die Main Street, sondern in einen Hof. Grüner, saftiger Rasen leuchtete dort. In dieser Gegend war das nur bei häufiger Bewässerung zu erhalten.
Auszupacken hatte ich nicht viel. Ich legte mir frische Wäsche zurecht, ein reines Hemd und nahm danach eine Dusche. Es war eine Wohltat, sich unter den Wasserstrahlen abkühlen zu können. Aber meine Furcht wischten die
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