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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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benutzten sie nun als Mutterschiffe. Die Fischfangschiffe konnten sich hunderte Meilen von der Küste entfernen, auch bei stürmischem Wetter. Die Somalis nahmen einfach ihre Skiffs ins Schlepptau und konnten nun viel weiter draußen Jagd auf viel größere Beute machen. Wenn sie ein Schiff ausmachten, stiegen Teams von drei oder vier Piraten in ein Skiff und gingen auf Schiffsfang. Es spielte keine Rolle, wenn die Sache mal schief lief. Das Mutterschiff war ihr schwimmender Stützpunkt und ermöglichte es ihnen, immer gleich mehrere Wochen auf See zu bleiben und nach einer geeigneten Beute zu suchen. Seit etwa 2005 gibt es für Handelsschiffe vor der ostafrikanischen Küste keine Möglichkeit mehr, sich in Sicherheit zu bringen. Wohin ein Schiff auch fährt, die Piraten folgen ihm.
    Normalerweise läuft ein Piratenüberfall ab wie folgt: Kurz vor Sonnenuntergang oder kurz nach Sonnenaufgang erscheinen drei oder vier Schnellboote. Sie nähern sich mit hoher Geschwindigkeit. Irgendwo hinter dem Horizont lauert das Mutterschiff, das das Ziel beschattet hat. Die Piratenboote fahren bis dicht an den Rumpf des Schiffs heran, werfen Enterhaken, sichern sie und klettern dann hinauf. Von diesem Augenblick an beginnt das Spiel mit den Drohungen und Lösegeldforderungen.
    Wenn man zum Ziel eines Angriffs wird, kann man nicht einfach den Notruf wählen. So etwas wie einen somalischen Küstenschutz gibt es nicht, und die Europäer und Amerikaner können nicht für die Sicherheit sämtlicher Schiffe in der Region sorgen. Es gibt zwar eine Task Force, an der sich 20 Staaten beteiligen und die mit ihren Kriegsschiffen die Piraterie in der Region bekämpfen soll, aber sie konzentriert sich auf einen Korridor, der im Golf von Aden und an der Südküste des Jemen verläuft, so dass die somalische Küste praktisch ungeschützt bleibt. Und die Region umfasst Millionen Quadratmeilen Ozean. Die Piraten können innerhalb von Minuten die Kontrolle über ein Schiff und die Besatzung erlangen. In so einer Situation kann man bestenfalls noch schnell bei der UKMTO (United Kingdom Maritime Trade Operations) anrufen, die als Notrufzentrale für Handelsschiffe im Persischen Golf und Indischen Ozean fungiert. Von dort würde dann die Meldung weitergeleitet.
    (Die somalische Küste ist seit vier Jahren nicht mehr unbewacht. Seit 2008 bewacht z.B. die multinationale Task Force der EU (Operation Atalanta) ganz besonders auch die somalische Küste. Aber Phillips hat natürlich recht; sie können nicht überall sein. A.d.Ü.)
    Wenn ein Schiffseigner seine Fracht möglichst schnell transportiert haben möchte – denn das ist, ehrlich gesagt, die wichtigste Motivation, die Geiselnahme zu beenden –, wird er womöglich Hubschrauber anmieten und das Lösegeld in Leinensäcken auf das Deck des Schiffes abwerfen lassen. Oder er schickt es verpackt in wasserdichte Koffer mit winzigen Booten mit Außenbordern zum Schiff. Eine Reederei schickte den Verbrechern das Geld sogar mit einer Art James-Bond-Fallschirm und ließ 3 Millionen Dollar auf das Deck der MS Sirius Star herabschweben. Übrigens machten dabei alle viel Geld: Die professionellen Sicherheitsunternehmen wurden ordentlich dafür bezahlt, dass sie die Deals mit den Somalis aushandelten. Die Burschen, die die Lösegelder überbrachten, erhielten eine Million Dollar, weil sie dabei ihr Leben aufs Spiel setzten. Die Reedereien bekamen ihre Schiffe samt Fracht zurück; die Versicherungen entschädigten sie für den Zeitverlust, zugleich diente ihnen das erhöhte Risiko als Grund, die Prämien für alle anderen zu verdoppeln. Aber da die Statistiker erklärten, »Na ja, nur 0,04 Prozent des Schiffverkehrs im Golf von Aden wird von Piraten abgefangen«, fuhren die Schiffe weiter durch den Golf. Und die Piraten machten sich mit einer Riesensumme davon.
    Und die Besatzungsmitglieder? Sie fuhren nach Hause, wurden von ihren Familien mit ein paar Freudentränen und einem guten Essen willkommen geheißen und kehrten dann so schnell wie möglich wieder aufs Meer zurück. Für Handelsseeleute gibt es nun mal keine Kriegszulage.
    Die Piraten behaupteten immer, dass sie die Geiseln anständig behandeln würden, und nach dem, was ich gerüchteweise hörte, traf das für gewöhnlich auch zu. Aber ich wusste, dass Piraten, wenn sie in die Enge getrieben wurden, auch schon Geiseln umgebracht hatten. Bei der Entführung des taiwanesischen Fischfangschiffs Ching Fong Hwa 168 im April 2007 durch eine Bande von Somalis

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