Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)
und ich zeigte ihm, wie das ging. Dann machte ich einen Schritt zurück und ließ ihn auf den Kommandostand, der etwas höher lag als die Sitzreihen. Er nahm das Steuerrad, drehte von der Maersk Alabama weg und erhöhte die Geschwindigkeit.
»Was ist mit unserem Deal?«, sagte ich schockiert.
»Kein Deal«, gab der Anführer zurück.
Mein Fehler Nummer drei: Lasse dich nicht auf einen Deal mit Piraten ein. Wir hätten den Austausch nicht machen sollen.
Die Hinterhältigkeit überraschte mich nicht. Ich war immer noch der Meinung, dass ich im Vorteil war. Ich hatte drei meiner vier Probleme gelöst: meine Besatzung, mein Schiff und meine Fracht waren in Sicherheit. Und ich verließ mich bei meiner Rettung auf mein Glück und meine Zähigkeit.
Die Somalis schoben mich zum vorderen Ende des Boots. Mir fiel die Luke dort auf, und ich überlegte einen Moment lang, ob ich einen Versuch wagen sollte, hinauszuklettern und über Bord zu springen. Aber es war eine horizontale Luke. Ich hätte mich über einen Meter hochziehen und dann ins Wasser springen müssen. Vermutlich hätte ich bis dahin schon einige Kugeln der AK-47 im Rücken gehabt, also verwarf ich den Gedanken.
»Wir setzen uns ab«, sagte ich ins Funkgerät. »Kein Austausch.«
Der Anführer bekam allmählich ein Gefühl für die Steuerung, schwenkte mal zur einen Seite, dann auf die andere. Sobald er ein Gespür dafür entwickelt hatte, ging er auf einen geraden Kurs. Nächster Halt: Somalia, dachte ich. Ich wusste, dass die Piraten mich dorthin bringen würden. Das war die übliche Vorgehensweise. Dort würden sie den Preis für meinen Kopf aushandeln. Dort saßen ihre Hintermänner und ihre Verstärkung.
Es wurde rasch dunkel. In den Tropen ist die Dämmerung kurz, weil man so nahe beim Äquator ist. Und der Mond war fast voll. Wir sahen die Maersk Alabama nicht allzu weit von uns entfernt. Sie war hell erleuchtet, und aus dem Schornstein kam Rauch. Hinter ihr schlug das Kielwasser Wellen.
Die Piraten blickten erstaunt zurück, als wollten sie sagen: Wow, das Schiff fährt, stell dir vor! Das nicht reparierbare, kaputte Schiff funktionierte auf einmal hervorragend. Die vermisste Besatzung lief an Deck auf und ab und machte ihre Arbeit. Die Piraten konnten es kaum glauben.
Ich war kurz davor, das Funkgerät einzuschalten und das Schiff aufzufordern, nach anderen Piratenbooten Ausschau zu halten, als ich Mike hörte, wie er sagte: »Achtet darauf, dass keine anderen kleinen Boote uns von achtern verfolgen.« Ich nickte. Mein Schiff war in guten Händen.
Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich sah, dass sie wieder fuhren. Wir befanden uns immer noch im Piratengebiet, und jederzeit konnte ein anderes Piratenteam aus dem Nichts auftauchen und die Maersk Alabama entern. Solange das Schiff tot im Wasser trieb, hatte die Besatzung nicht die geringste Chance.
Das Schiff drehte uns den Bug zu, und den Somalis verging das Lachen. Die Maersk Alabama näherte sich uns schnell, und aus diesem Winkel sah sie aus wie die Queen Mary. Ich blieb ganz ruhig. Ich wusste, dass das Rettungsboot, wenn uns das Schiff rammte, nur unter die Wasseroberfläche gedrückt werden und dann zurückprallen und wieder auftauchen würde. Allerdings sagte ich den Somalis nichts von dieser faszinierenden Eigenschaft des Rettungsboots.
»Der Erste Offizier wird uns rammen«, sagte der Anführer.
»Verdammt, na klar«, sagte ich. »Er will meinen Job. Er hat es darauf abgesehen, seit wir aus Salalah ausgelaufen sind.«
Musso richtete das Gewehr auf mich, seine Augen waren vor Angst geweitet.
»Du kommst hier hoch!«, rief der Anführer und sprang vom Kommandostand.
»In Ordnung«, sagte ich.
»Sag denen, sie sollen uns nicht zu nahe kommen«, sagte der Anführer. »Sag denen, sie sollen uns wieder an Bord lassen.«
Ich stieg ins Cockpit, und wir manövrierten um die Maersk Alabama. Sie schnitt uns den Weg vor dem Bug ab, schwenkte dann herum und machte das Gleiche nochmal. Ich hielt das Steuerrad etwa 30 Minuten lang, und am Ende fuhr die Maersk Alabama ganz langsam in etwa 100 Meter Entfernung von uns.
Die Nacht brach herein.
Die Piraten gingen ans Funkgerät, und wir plauderten ein wenig mit Shane.
»He, wir kommen morgen wieder«, sagten sie.
»Oh, na klar, wir fangen noch mal von vorn an«, sagte Shane. »Es war nur ein Missverständnis.«
»Ja, du lässt uns aufs Schiff«, sagte der Anführer.
»Ganz bestimmt«, scherzte Shane. »Kommt am frühen Morgen, wir haben Proviant
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