Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)
und Wasser für euch.«
Es war wirklich merkwürdig, aber alle schienen erleichtert darüber, wie sich die Dinge entwickelt hatten.
Das einzige, was die Piraten nervös machte, war der Himmel. Die Somalis saßen auf dem Heck des Rettungsbootes und suchten den Nachthimmel ab, hielten nach Flugzeugen und Hubschraubern Ausschau. Ihnen ließ immer noch der Gedanke keine Ruhe, so glaubte ich zumindest, dass mir jemand zu Hilfe kommen würde. Der Himmel war so klar, dass man sogar Satelliten sehen konnte, die hoch über uns vorbeizogen. Und wir machten auch zwei Flugzeuge aus: ein großes und ein kleineres. Das kleinere flog über uns hinweg, kehrte zurück und kreiste über uns.
Die Piraten erwarteten offenbar, dass ein Flugzeug mich retten würde. Der Gedanke gefiel ihnen überhaupt nicht. Sie blieben in der Hocke und horchten auf das Brummen eines Flugzeugmotors. Man hätte meinen können, sie befürchteten, dass die US Air Force uns bombardieren oder eine magische Leiter abwerfen und mich retten würde.
Ich schaltete das Funkgerät ein. »Vier Piraten, zwei bei der Heckluke, einer im Cockpit, einer an der Bugluke. Zwei AKs an der Heckluke, eine Pistole im Cockpit.«
Ich hörte Shanes Bestätigung. Dann fuhr ich fort: »Ich werde durch die hintere Tür rauskommen. Wenn Sie dort einen Platscher sehen, bin ich es. Führen Sie das Schiff zu der Stelle, und ich werde auf der anderen Seite des Schiffs auftauchen.« Falls ich entkam – und dahinter stand ein großes Fragezeichen –, wollte ich die Maersk Alabama zwischen mich und das Rettungsboot bringen.
Die Somalis setzten mich auf den dritten Platz an Backbord. Von hier aus hatte ich einen guten Ausblick auf das Cockpit und den Rest des Bootes, und ich wollte am liebsten dort bleiben. Ich wollte vor allem auf demselben Platz bleiben, damit Verbündete, die möglicherweise am Schauplatz auftauchten, genau wussten, wo ich mich befand. Freundliches Feuer tötet einen genauso wie feindliches Feuer. Ich schaltete das Funkgerät ein und teilte meiner Besatzung mit, auf welchem Platz ich saß.
Die Piraten schlossen beide Luken. Ich nehme an, sie hatten Angst, dass Kampfschwimmer auftauchten und das Boot enterten. Von da an quälte uns die Hitze: Eine unerträgliche, unerbittliche Hitze wie in einer Sauna herrschte sofort im ganzen Fahrzeug. Es war die reinste Hölle.
Vermutlich döste ich ein paar Mal ein. Gegen 2.00 Uhr am Donnerstagmorgen kam ich zu mir. Ich schaute hinaus und sah einen der schönsten Anblicke meines Lebens: ein amerikanisches Kriegsschiff stampfte mit 30 Knoten auf uns zu, die Lichter an Deck waren hell erleuchtet, die Sirenen heulten, und Lautsprecher knackten. Der Suchscheinwerfer war so stark, dass er das Innere des Rettungsbootes wie eine Filmkulisse erhellte.
»Schaltet das Licht aus, schaltet das Licht aus«, brüllte der Anführer ins Funkgerät. »Keine Aktion, keine Militäraktion.«
Meine Landsleute waren gekommen. Ich spürte, wie ich neuen Mut schöpfte.
Am Mittwoch berichteten die Medien, dass die Piraten mich auf ein Rettungsboot gebracht hätten. Andrea sagte: Mein Gott, wie konnte das nur passieren?
Die Nachrichtensender hatten inzwischen meinen Zweiten Nautischen Offizier an Bord der Maersk Alabama erreicht, der ihnen mitteilte: »Sie haben einen von unserer Besatzung. Ich muss Schluss machen! Ich steuere gerade das Schiff!« Dann legte er auf. Der Zweite Offizier steuerte keineswegs das Schiff. Ich nehme an, alle waren inzwischen ziemlich nervös.
Am Donnerstagvormittag gab Andreas Schwester Lea für mehrere landesweite Morgensendungen ein kurzes Interview. Das war der Beginn eines Ansturms der nationalen Medien auf unser Haus. Schon am späten Vormittag fuhr eine endlose Kolonne aus Minivans mit Satellitenschüsseln auf der zweispurigen Straße vor, die an unserem Briefkasten vorbeiführt. Die Leute richteten sich vor unserer Tür häuslich ein. Jedes Mal wenn Andrea das Haus verließ, riefen ihr die Journalisten zu: »Wir möchten ein Bild, wir möchten mit Ihnen reden, wir möchten ein Interview.« Andrea stellte sich hin und sagte: »Leute, ich arbeite an einem sehr öffentlichen Ort, und ich lege nicht den geringsten Wert auf diese Art von Rummel.« Sie versuchte auch, unsere Kinder vor diesen sensationslüsternen Horden zu schützen. Schon bald war der Punkt erreicht, an dem Andrea aus dem Fenster sah und feststellte, dass ein Stromkabel von einem der neuen Vans zu einer Steckdose in unserem Haus führte. Ich bin mir
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