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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Nährwert? Waren sie mit Schlafpulver bestäubt?
    Es war so heiß, dass ich das Zeug ohnehin nicht essen konnte. Mein Magen grummelte zwar, und ich war ausgehungert, aber für feste Nahrung interessierte ich mich schlichtweg überhaupt nicht. Ich trank reichlich Wasser und nahm eines der Militärfunkgeräte, die uns die Navy geschickt hatte. Ich stellte fest, dass sie eine Besonderheit hatten, die ich nie zuvor gesehen hatte. Wenn man die »Sprechen«-Taste drückte, piepste das Gerät. In zivilen Funkgeräten hieß Piepsen, dass die Akkuleistung nachließ. Ich dachte, das sei hier genauso. Also sagte ich den Piraten ständig: »Wechselt eure Batterien, sie lassen nach.« Ich fürchtete, dass sie keinen Strom mehr hätten und meine einzige Verbindung zur Außenwelt gekappt würde. Mein Funkgerät von der Maersk Alabama hatte inzwischen den Geist aufgegeben. Später sagte mir einer von der Navy, dass alle ihre Funkgeräte so piepsen, wenn man die »Sprechen«-Taste drückt.
    Auch die Piraten litten unter der Hitze. Alle paar Stunden machte einer die Hecktür auf und sprang ins Wasser, um sich abzukühlen. Oder sie verrichteten von dort ihre Notdurft. Sie brachten mich auch zur Tür, damit ich mich erleichtern konnte. Mindestens zwei Waffen waren auf mich gerichtet, während ich dastand. Ich konnte die Bainbridge in einigem Abstand ausmachen, aber die Fluchtchancen waren gleich Null. Ich brachte es nicht einmal fertig zu pinkeln. Es war so, als würde man im alten Stadion in Foxborough nach vier Bier im ersten Viertel eines Football-Spiels in der Toilette stehen und 400 Leute würden hinter einem darauf warten, dass sie an die Reihe kommen. Der Druck war einfach zu groß. Ich sagte: »Vergesst es, das wird einfach nichts.«
    Die Stimmung im Boot war gelöst. Die Piraten waren locker. Sie glaubten, sie hätten immer noch Oberwasser. Eine Geisel war in ihrer Gewalt, und sie mussten sich nicht mehr mit einem gigantischen Schiff herumplagen, geschweige denn Angst haben, dass ein verstecktes Besatzungsmitglied auftauchte und ihnen ein Schnippchen schlug. Im Grunde bin ich mir sicher, dass Piraten künftig genauso vorgehen werden: ein Schiff kapern, das Rettungsboot aussetzen und den Kapitän und einen weiteren Seemann als Geisel vom Schiff entführen. Aus ihrer Sicht ist das eine sehr effektive Strategie. Es ist viel überschaubarer, nur eine oder zwei Geiseln zu beaufsichtigen, als gut zwanzig. Ich vermute, es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir erleben werden, dass die Rettungsbootstrategie vor der somalischen Küste in großem Stile angewandt wird.
    Ich war zwar froh, dass die Navy vor Ort war, aber ich dachte nicht, dass sich meine Lage großartig verändert hätte. Das Schema, dem andere Geiselnahmen gefolgt waren, lag auf der Hand: Piraten kapern Schiff, Piraten nehmen Geiseln, Piraten bringen sie an die Küste und handeln Lösegeld aus. Jedes Schiff aus der französischen, britischen oder sonstigen Kriegsmarine, das sie nach Somalia verfolgte, sollte lediglich dafür sorgen, dass die Geiseln nicht an Land gebracht und in ein sicheres Haus geschafft wurden. Ansonsten hielten sie Abstand. Ihre Aufgabe war nicht die Rettung.
    Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass die Navy eingreifen könnte. In meinen Augen war ich immer noch in einem Rettungsboot mitten im Nirgendwo auf mich gestellt, und es blieb mir überlassen, mich selbst zu retten. Der Gedanke, dass CNN ständig über meine Lage berichtete und dass sogar der amerikanische Präsident den Fortschritt der Verhandlungen verfolgte, überstieg meine Vorstellungskraft.
    Die Unterhaltung im Boot war überwiegend belangloses Geplauder. Die Piraten bedrohten mich eigentlich nicht – noch nicht. Der Hauptgegenstand des Gesprächs war der Haufen dickköpfiger Hurensöhne, mit denen ich zur See gefahren war.
    »Dieser verrückte Ingenieur«, sagte einmal ein Pirat. »Und der Erste Offizier auch. Was für Trantüten. Was ist denn los mit denen?«
    Man hätte meinen können, der Leitende Ingenieur hätte gegen einen Ehrenkodex der See verstoßen, der besagte, dass jede Besatzung gefälligst den Piraten helfen musste, ihr Schiff zu übernehmen. Die anderen Somalis machten sich eher lustig darüber, wie die Besatzung sie an der Nase herumgeführt hatte, aber der Anführer war richtig wütend.
    »Warum hat deine Besatzung mich angegriffen?«, sagte der Anführer vorwurfsvoll. »Sie haben mich geschnitten!«
    Ich hätte beinahe losgelacht. Du bringst mein Schiff mit Kalaschnikows

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