Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
Vom Netzwerk:
zwischen ihr und Amber, an der sich beide mit einer Hand festhielten. »Ich sehnte mich so sehr danach, mit dir in Verbindung zu treten«, sage sie mir später. »Ich sagte mir immer wieder: ›Rich, wenn du mich hörst, wenn du mich spürst, mir geht es gut, und wir werden das durchstehen.‹« Das machte ihr am meisten zu schaffen: Jedes Mal wenn ich krank oder verletzt war, war sie an meiner Seite gewesen und hatte ganz auf Krankenschwester geschaltet. Aber jetzt ging das nicht. Sie konnte mir weder helfen, noch mich trösten, ja, wusste nicht einmal, was ich durchmachte. Und das war das Schlimmste. Ich glaube wirklich, dass es für sie schwerer war als für mich.
    Vor Tagesanbruch war die schwerste Zeit. Da war sie ganz allein und musste sich um keinen anderen Menschen kümmern. Also betete sie zu Gott. »›Warum bitte ich ausgerechnet dich?‹«, betete sie, wie sie noch gut weiß. »›Du weißt, dass ich fast schon eine Heidin bin.‹ Ich habe meinen Glauben, aber ich gehe nicht regelmäßig in die Kirche, und wenn man den ganzen Schmerz und das Leid sieht, das eine Schwester in der Notaufnahme erlebt, dann zehrt das am eigenen Glauben.« Aber Andrea war immer noch gläubig, und jetzt brauchte sie Gott mehr als je zuvor in ihrem Leben. Und das teilte sie Ihm mit.
    Ein paar Tage später saß Pater Privé, der ehemalige Pfarrer der St. Thomas Church nicht weit von unserem Haus, der jetzt im benachbarten Morrisville lebt, bei uns am Esstisch und hielt Andrea die Hand. Wir hatten beide eine besonders enge Beziehung zu ihm. Pater Privé hatte uns bewegt, wieder regelmäßig den Gottesdienst zu besuchen, nachdem wir aufgehört hatten, in die Messe zu gehen. Andrea wandte sich an ihn: »Pater, Sie wissen, wir sind nicht die besten Katholiken. Aber ich habe Angst, wirklich Angst. Ich möchte Rich einfach nicht verlieren. Sie haben so viel Einfluss…« Er lächelte, aber Andrea meinte es ernst. »Bitte beten Sie, dass Gott, wenn es jemanden gibt, der meinem Mann helfen kann, ihm die nötige Kraft verleiht, es zu tun.« Das versprach er. »Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dich nicht für den Rest meines Lebens an der Seite zu haben«, sagte sie später zu mir.
    Zur selben Zeit, als Andrea in Underhill Pater Privés Hand hielt, dachte ich in dem Rettungsboot an ihn. Ich habe den Mann immer gemocht. Er hatte eine Art, Geschichten zu erzählen, wie er am frühen Morgen aufstand, um Doughnuts zu backen, und den Finken und Spatzen zusah, wie sie sich um das Futter im Vogelhäuschen im Pfarrhof stritten. »Und das erinnerte mich an den Heiligen Thomas«, pflegte er zu sagen, und schon war er mitten in einem biblischen Gleichnis. Außerdem hatte er Schneid. Als der Vatikan ankündigte, dass weibliche Messdiener nicht länger gestattet seien, stieg er am selben Sonntag auf die Kanzel und sagte unserer Gemeinde, dass er diese Anweisung ignorieren und weiterhin Messdienerinnen in der Messe einsetzen werde. Er war auf seine Art ein Rebell. Der Gedanke an ihn und seine Predigten half mir in manchen schweren und langen Stunden.
    In Vermont organisierten meine Freunde und Angehörige, selbst die Agnostiker unter ihnen, gemeinsam mit Pater Danielson, unserem jetzigen Pfarrer, einen Gebetskreis für mich. Sie sprachen ein Gebet, um mir Kraft zu verleihen. Genau darum ging es Andrea: mir Kraft zu geben. Sie widmete sich immer den Sorgen anderer Menschen, nicht ihren eigenen. Das ist die italienische Ader in ihr.
    Aber Andrea hatte auch Zweifel. Sie dachte etwa: Warum halte ich mich für so etwas Besonderes? Andere Freunde haben Scheidungen hinter sich oder mussten zusehen, wie ihre Liebsten sterben, oder verloren ihr Haus. Ich hatte bisher immer Glück. Diese Fragen stellte sie Pater Privé – und Gott. Weil die Alternative zu furchtbar war, um darüber nachzudenken: »Ich dachte bei mir: ›Was soll ich tun, wenn Rich stirbt?‹«, sagte sie. »›Wie sollte ich weitermachen? Wie würden meine Kinder den Verlust ihres Vaters verkraften?‹« Aber tief in ihrem Herzen war sie überzeugt, dass ich es schaffen würde.
    Sie hatte keine Antworten auf diese Fragen. Sie musste immer nur an Eines denken: Wir hatten die Absicht, gemeinsam alt zu werden. Und sie wollte den Gedanken verdrängen, wie es wäre, den Rest des Lebens allein zu verbringen.
    Andrea lechzte nach Nachrichten. Dann las sie ihre E-Mails und entdeckte eine Nachricht von Shane Murphy, meinem Ersten Offizier:
    Andrea,
    ich bin Shane Murphy, der Erste Offizier der

Weitere Kostenlose Bücher