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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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Immer wieder bekam er schwere Hustenanfälle und spuckte Schleim wie ein alter Mann mit Tuberkulose. Alle Piraten rauchten ständig. Und sie waren schrecklich aufgeregt. Die guten Zeiten waren ein für allemal vorbei.
    »Die Kippen werden euch noch umbringen«, sagte ich.
    Sie gingen nicht darauf ein. Young Guy starrte mich nur mit seinen toten Augen an.
    »Schlecht für deine Gesundheit«, fügte ich hinzu.
    Keine Reaktion.
    Dann fiel auch noch das Feuerzeug aus, das sie alle benutzt hatten. Entweder weil kein Benzin mehr drin war oder weil sie es übermäßig oft benutzt hatten, jedenfalls produzierte es keine Flamme mehr. Panik leuchtete aus ihren Augen, was mir ungeheuer komisch vorkam.
    »Was denn, was denn?«, fragte ich. »Geht es nicht mehr? Oh, das ist aber schlimm!«
    Ich war immer noch fest eingeschnürt, und die Seile schnitten schmerzhaft in meine Handgelenke. Sie ließen mich nicht mehr über Bord pinkeln, sondern gaben mir eine Flasche, in die ich urinieren musste. Außerdem rationierten sie mein Trinkwasser, obwohl wir noch reichlich Wasser hatten. Manchmal ließen sie mich ein wenig trinken, dann wieder verweigerten sie es.
    Kurz und gut, sie strengten sich wirklich an, mir das Leben zur Hölle zu machen. Deshalb war es eine kleine Genugtuung zu sehen, dass sie wegen des kaputten Feuerzeugs ebenfalls ein wenig leiden mussten.
    »Vielleicht solltet ihr ein paar Khatblätter austeilen«, sagte ich. Khat ist ein leichtes Rauschmittel, in der Wirkung mit Koffein vergleichbar, das die meisten Somalis kauen. Aber es muss sofort nach der Ernte gekaut werden, da es sonst seine Wirkung verliert. Für längere Geiselnahmen auf hoher See war es daher nicht sonderlich geeignet.
    Allmählich verloren die Somalis den Verstand. Sie durchsuchten das ganze Boot nach einem anderen Feuerzeug, fanden aber keins. Dass in allen Rettungsbooten auch ein paar Streichholzschachteln zur Ausrüstung gehören, behielt ich für mich. Schließlich öffneten sie eine der Taschenlampen und brachen den Reflektor heraus.
    »Nein, wie clever!«, kommentierte ich diese Leistung. Alles, was auf dem Boot passierte, war für mich inzwischen zu einer hochinteressanten Ablenkung geworden. Wenn ich mich nur auf die Hitze und auf die unendlich langsam dahinschleichende Zeit konzentriert hätte, wäre ich bestimmt verrückt geworden. Die Suche nach dem Feuer war daher für mich erstklassiges Entertainment. Die Burschen kriegten das große Zittern, wenn sie ihre Dosis Nikotin nicht bekamen, deshalb würden sie bis zum bitteren Ende nach Feuer suchen.
    Sie legten den Reflektor in die Sonne und schoben ein Stück Papier darunter. Aufgeregt plapperten sie miteinander in einer Mischung aus Somalisch und Englisch.
    »Schieb es hierhin. Schräg halten, schräg!«
    Sie starrten gebannt das Papier an, als wollten sie es durch ihre Blicke entzünden.
    »Müssen es machen, oh ja.«
    Ich lachte, beugte mich aber weiter vor, um zu sehen, ob es funktionierte.
    »Das klappt wohl nicht«, kommentierte ich, nachdem sie es zehn Minuten lang versucht hatten. »Ach, ist das nun aber schade!«
    Aber sie gaben nicht auf. Sie starrten weiter auf das Papier unter dem Reflektor, als erwarteten sie, dass ihnen das Geheimnis des Lebens enthüllt werden würde. Nach ungefähr zwanzig Minuten stieg ein dünner Rauchfaden vom Papier auf. Musso und Tall Guy pissten sich fast in die Hosen vor Aufregung.
    »Yeah! Yeah!«, brüllten sie. Das Papier fing Feuer, die beiden Piraten zündeten sofort ihre Zigaretten an. Danach zündeten sie die nächste Zigarette einfach an der letzten an, sodass sie ständig Feuer an Bord hatten.
    Aber das war dann auch das einzige aufregende Ereignis. Danach zogen sich alle praktisch in sich selbst zurück, auch ich. Ich ließ meinen Fluchtversuch noch einmal vor meinem geistigen Auge ablaufen. Hätte ich mir die Waffe schnappen sollen? Hätte ich einfach weiterschwimmen sollen? Auch meine anderen Fehler fielen mir wieder ein und begannen mich zu quälen: Ich hätte diese Schurken einfach zehn Meter tief ins Wasser fallen lassen sollen, als wir das kleine Rettungsboot wegfierten. Oder: Ich hätte gar nicht erst ins Rettungsboot umsteigen dürfen. Und seltsamerweise ließ mir auch eine völlig nebensächliche Frage keine Ruhe: Woher hatten sie nur die weiße Leiter? Das war mir nach wie vor ein Rätsel.
    Aber was mir wirklich zusetzte, war meine gescheiterte Flucht. Ich fürchtete, dass ich nicht noch einmal eine solche Chance bekommen würde.
    Ab

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