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Höllental: Psychothriller

Höllental: Psychothriller

Titel: Höllental: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Augen.
    »Ricky, Armin und Bernd stiegen weiter auf. Sie wähnten Laura in sicheren Händen und waren überzeugt, sie später bei mir in der Pension wiederzusehen. Sie brauchten fünf Stunden , um über den Gipfel und dann doch mit der Bahn zurück ins Tal zu gelangen. Als wir uns in der Pension trafen, war Laura noch nicht da. Dabei hätte sie höchstens drei Stunden für den Rückweg brauchen sollen.«
    Mara trank von dem Wasser. Sie erinnerte sich noch sehr genau, wie sie die Jungs angeschrien und Ricky sogar vor die Brust geschlagen hatte. Er hatte es sich gefallen lassen, weil er sich schuldig gefühlt hatte.
    »Ricky faselte etwas von Abwarten, wofür ich ihm beinahe an die Kehle gesprungen wäre. Wir versuchten, Laura auf ihrem Handy zu erreichen. Aber Sie kennen das ja: In der Klamm gibt es keinen Empfang.
    Ich schlug vor, sofort die Bergrettung zu alarmieren, doch das wollten die anderen nicht. Armin meinte, Laura könnte ja in der Hütte am Klammeingang oder oben in der Angerhütte sitzen, um sich aufzuwärmen. Ich wollte auch daran glauben, deshalb ließ ich mich überreden. Insgeheim nahm ich an, Laura sei über das Benehmen der Jungs so sauer, dass sie tatsächlich oben in der Hütte geblieben war, um ihnen einen Schrecken einzujagen.
    Wir fanden auf dem Weg hinauf keine Spur von ihr, und sie war auch nicht in der Hütte. Da waren am Nachmittag nur ganz wenige Bergsteiger gewesen, sodass der Hüttenwirt sich sicher war, Laura nicht gesehen zu haben. Ich war einer Panik nahe und ließ mich nicht mehr besänftigen. Noch von der Hütte aus informierte Bernd die Bergrettung. Die nahmen die Meldung zwar ernst, wollten aber noch abwarten. Wir sollten uns erneut melden, wenn wir zurück in der Pension seien, denn Laura könnte ja inzwischen dort aufgetaucht sein. Erst da fiel uns auf, wie dumm wir gewesen waren. Keiner hatte daran gedacht, dass für diesen Fall wenigstens einer von uns hätte unten bleiben müssen. In der Aufregung hatten wir nicht einmal die Pensionswirtin informiert.
    In aller Eile stiegen wir ab. Wir sprachen während des gesamten Abstiegs kein Wort. Heute glaube ich, dass bereits während dieser zwei Stunden unsere Freundschaft tiefe, nicht mehr zu kittende Risse bekam.«
    Hier musste Mara sich erneut unterbrechen, da ihr die Stimme versagte. Sie setzte das Wasserglas an ihre Lippen und trank.
    »Sie hatten an dem Tag keinen Dienst, oder?«, fragte sie, als sie das Glas abgesetzt hatte.
    »Ich kann mich nicht erinnern, dazu müsste ich ins Dienstbuch schauen. Aber ich wüsste sowieso nur davon, wenn es zu einem Einsatz gekommen wäre. Ist es aber nicht, oder?«
    »Nein, ist es nicht. Fünfzig Meter vor der Pension befindet sich in einer Kurve eine überdachte Bushaltestelle. Dort fanden wir Laura. Sie saß auf der Bank, den Rucksack auf dem Rücken, die Hände im Schoß verkrampft. Sie war nass, verdreckt und total apathisch. Ich sprach sie an, doch sie antwortete nicht.
    Wir brachten sie in die Pension. Dort ging ich allein mit ihr auf mein Zimmer. Sie duschte sehr lange. Danach packte ich sie ins Bett und fragte, was geschehen sei, doch sie wollte es mir nicht sagen … nicht mit Worten. Aber sie sah mich an, mit einem Ausdruck in den Augen, den ich bis heute nicht vergessen habe, und bat mich, mit niemandem darüber zu sprechen. Mit niemandem! Ich musste es ihr schwören.
    Dann schlief sie ein.
    Was folgte, war eine schlimme Nacht voller Vorwürfe, Schreierei und endloser Debatten. Bis zum Morgen kam nichts dabei heraus. Wir luden alles auf Laura ab, überließen ihr die Entscheidung, obwohl sie diejenige war, die sie am allerwenigsten hätte treffen dürfen. In dieser Nacht lernte ich eine Menge über die Menschen, die ich bis dahin als meine Freunde betrachtet hatte. Ich konnte dabei zusehen, wie sie sich veränderten. Wie sie ihr Handeln nur noch darauf ausrichteten, möglichst ungeschoren davonzukommen.
    Am schlimmsten war aber, dass ich genau dasselbe auch bei mir selbst beobachtete.« Mara stockte und biss sich auf die Unterlippe. Tränen liefen ihr aus den Augenwinkeln und tropften auf das Kissen. »Laura hat es mir gegenüber nie zugegeben, aber ich bin mir sicher. Dieser Mann, der sie vom Berg begleitete, hat ihr etwas angetan. Anders ist ihr Verhalten nicht zu erklären. Nach diesem Tag war Laura nie wieder dieselbe.«
    Armins Schicht endete um zwanzig Uhr. Die Kassenübergabe und Abrechnung mit dem nachfolgenden Kollegen dauerte aber zusätzlich eine halbe Stunde, die ihm

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