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Höllental: Psychothriller

Höllental: Psychothriller

Titel: Höllental: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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doch, oder? Sonst würde er die Sterne doch nicht aus dieser Perspektive sehen.
    Armin drehte den Kopf, was fast ohne Schmerzen ging. Weil er plötzlich an Querschnittslähmung denken musste, winkelte er ein Bein an und war heilfroh, dass es sich tatsächlich bewegte. Was war er nur für ein Glücksschwein.
    In einiger Entfernung stand der Wagen, der ihn angefahren hatte, auf der Straße. Die Rückleuchten glichen flammenden Drachenaugen, der Auspuff stieß weiße Wolken in die kalte Luft.
    Aus seiner ungewohnten Perspektive konnte er das Profil der Reifen sehen. Abgefahrene Reifen, dachte Armin, dieser Wichser ist mit abgefahrenen Reifen unterwegs.
    Es war ein Golf.
    Ein roter Golf.
    Die weiße Rückfahrleuchte flammte auf. Der Wagen stieß zurück und beschleunigte. Der Motor heulte auf.
    Zuerst verstand Armin nicht, was geschah, und dann war es zu spät. Die abgefahrenen Reifen kamen in schnellem Tempo auf ihn zu, das runde Heck des Golfs wurde größer und größer. Armin riss die Hände vor den Kopf, wollte sich herumdrehen …
    Mit den beiden rechten Reifen rumpelte der Wagen über seine Körpermitte, zerdrückte den Brustkorb, zersplitterte die Rippen, zerstörte Organe.
    Armin bekam alles mit. Blut schoss ihm fontänenartig aus Mund und Nasenlöchern und platschte auf Gesicht und Asphalt. Seine Beine, die er eben noch gespürt hatte, waren weg. Wie abgeschnitten. Luft bekam er auch keine mehr. Er lebte noch, als der Wagen über ihn hinweg war. Schmerzen empfand er keine, regte sich jedoch darüber auf, dass der Typ so gedankenlos war, im Winter mit solchen Reifen unterwegs zu sein.
    Gedankenlos.
    Der Golf fuhr erneut an und kam diesmal mit der Frontschürze auf ihn zu. Armin sah zum Himmel hinauf, wo die Sterne immer noch glitzerten, jetzt aber viel näher schienen.
    Da der Wagen vorn weniger Bodenfreiheit hatte, schob er den Körper vor sich her, schrubbte ihn über den Asphalt, rieb Kleidung, Haut und Haare ab und drückte ihn mit Wucht gegen die nächste Bordsteinkante. An der Stelle erlosch Armins Leben, und er bekam einen anderen Blickwinkel auf die Sterne.
    Der Körper geriet unter den Wagen und klemmte dort fest. Der Fahrer musste einige Male vor-und zurücksetzen, um von dem Hindernis loszukommen. Als er es geschafft hatte, raste er in die Nacht davon und ließ etwas zurück, das so gut wie nichts mehr mit Armin Zoltek, dem Bergsteiger, zu tun hatte.
    Sie schwiegen einen Moment, nachdem Mara mit ihrem Bericht geendet hatte. Der Wind hatte aufgefrischt und heulte leise am Fenster vorbei.
    »Und das Medaillon?«, fragte Roman Jäger schließlich.
    »Laura hatte es an dem Tag in der Hand. Sie hielt es fest umklammert. Ich entdeckte es, als sie sich auszog, um zu duschen. Ich musste ihr dabei helfen, weil sie so stark zitterte. Sie wollte mir aber nicht sagen, woher sie es hatte.«
    »Aber Sie haben einen Verdacht, nicht wahr?«
    Mara nickte. »Ja. Es muss dem Mann gehört haben, der sie vom Berg begleitet hat. Keine Ahnung, was passiert ist. Vielleicht hat Laura sich gewehrt und es ihm vom Hals gerissen.«
    »Aber wenn Ihr Verdacht stimmt, warum trug sie das Medaillon dann bei sich? Ich meine … Daran braucht man doch kein Erinnerungsstück. Und warum ist sie nicht zur Polizei gegangen und hat Anzeige erstattet?«
    Mara überlegte einen Moment, schlug dann abermals die Hände vors Gesicht, rieb sich die Augen und fuhr sich durchs Haar. Sie brauchte diese Berührungen jetzt. Ihr Kopf fühlte sich an wie ein Bienenstock. Ein heilloses Durcheinander, in dem sie sich kaum noch zurechtfand.
    »Ich will Ihnen nicht zu nahe treten«, sagte sie. »Aber Sie sind ein Mann und können das nicht verstehen. Laura war kein sehr selbstbewusster Mensch. Eigentlich war sie nur in unserer Gemeinschaft wirklich stark. Ihr Gemütszustand richtete sich zum Beispiel auch sehr stark nach Ricky. Auf eine Art, die ich nicht erklären kann, war sie wohl von ihm abhängig. Wenn Ricky ihr gesagt hätte, sie solle zur Polizei gehen, und wenn er mitgekommen wäre, dann hätte sie es vielleicht getan. Aber niemals allein. Auch nicht mit mir. Sie hat sich dafür geschämt, dass ihr das passiert ist. Und diese Scham war so stark, dass sie uns fortan gemieden hat. Wahrscheinlich wollte sie alles, was sie an diesen Tag erinnerte, aus ihrem Leben verbannen.«
    Mara stand auf und begann, im Wohnzimmer auf und ab zu laufen. »Ich habe es wirklich versucht, das müssen Sie mir glauben. Aber sie hat mich immer wieder abblitzen lassen. Leider

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