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Höllental: Psychothriller

Höllental: Psychothriller

Titel: Höllental: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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zurückhaltend. Außerdem weiß ich, dass sie nicht mich gemeint hat. Sie wusste ja nicht, dass ich am anderen Ende war.
    Ich muss es einfach wieder und wieder versuchen, so lange, bis es mir nicht mehr den Hals zuschnürt, wenn ich ihre Stimme höre. Das bin ich ihr schuldig. Es kostet viel Kraft, aber ich bin es ihr schuldig. Ich habe sie aus einer brenzligen Situation gerettet, ja, man kann sagen, ich habe ihr das Leben gerettet und dabei erkannt, dass mein Mädchen Hilfe braucht. Ich muss sie schützen, ich kann mich nicht einfach zurückziehen wie ein Feigling, nur weil unsere Liebe so groß ist, dass sie uns noch erschreckt.
    Leider haben wir nicht endlos Zeit.
     

Teil 4
    Der Schatten

 
    Augsburg
    06.12.2009
     
    K aum hatte er die Wohnung betreten und die Tür hinter sich zugezogen, stieg ihm der zarte Duft des teuren Frauenparfums wie ein letzter Gruß der Verstorbenen in die Nase. Aus diesen Räumen verschwand ihre Anwesenheit ungleich langsamer, als sie selbst in den Tod gegangen war.
    Torben Sand schaltete das Licht ein. Es war früher Vormittag, aber draußen herrschte trübes Winterwetter. Bevor er einen weiteren Schritt tat, nahm er die Atmosphäre der Wohnung in sich auf. Jede Wohnung, jedes Haus besaß eine bestimmte Aura, die von den Bewohnern beeinflusst war. Manchmal war sie harmonisch, manchmal hektisch, auch böse oder destruktive Auren hatte Torben schon vorgefunden. Hier war es schwer zu sagen. Nur langsam bekam er ein Gefühl für das, was Laura Waider hinterlassen hatte. Am intensivsten spürte er Verzweiflung und Angst. So wie sie im Versteck eines Kaninchens herrschten, wenn der Fuchs vor dem Eingang lauerte.
    Das war kein gutes Gefühl.
    In der Wohnung war es völlig ruhig. Dies war eine neue, hochwertige und gepflegte Wohnanlage, die sich Laura nur mithilfe ihrer Eltern hatte leisten können. Zwölf Parteien lebten in dem sechsstöckigen Gebäude in der Nähe der Innenstadt, und Torben konnte sich sehr gut vorstellen, welche Art Menschen sich hier einmietete. Junge, gut verdienende, im Aufstieg begriffene Workaholics, die hier nur zum Essen und Schlafen verweilten und deshalb kaum wussten, in wessen Nachbarschaft sie lebten.
    Vor sich sah Torben einen kurzen Flur, der zum Wohnzimmer führte.
    Auf dem weißen Sideboard rechts befand sich eine Glasschale. Auf deren Boden lagen drei kleine Schlüssel. Einer für den Postkasten, einer für den Keller, einer für ihr Fahrrad, vermutete Torben. An den einzeln an der Wand montierten Haken hingen einige Jacken, leichte wie dickere, und als Torben näher heranging, roch er Lauras Duft daran. Er zog seinen Mantel aus und hängte ihn darüber. Schon fühlte er sich ein bisschen zu Hause.
    Er begann.
    Links befand sich die Küche. Das Licht flammte nicht unter der Decke, sondern unter den Hängeschränken auf, die drei Seiten des Raumes in Anspruch nahmen und teuer wirkten. Echte skandinavische Birke; Torben hatte ein Auge für so etwas. In der Mitte war ein hoher Tisch aus dem gleichen Holz platziert, an dem man auf Barhockern sitzen konnte. Dies war keine Küche für lange Aufenthalte, sondern für schnelles Essen im Stehen.
    Sie wirkte unaufgeräumt. Benutzte Teller und Tassen standen auf der Spüle. Ein Kugelschreiber und ein DIN-A5-Notizblock lagen auf dem Tisch. Torben schlug den Block auf. In der Spiralheftung hingen die Reste einiger herausgerissener Blätter. Torben strich mit dem Zeigefinger über das Papier. Er bildete sich ein, die Abdrücke des Stiftes spüren zu können. Er würde den Block mitnehmen und später zu Hause versuchen, die Abdrücke sichtbar zu machen.
    Er öffnete die Tür unter der Spüle. Restmüllbehälter und gelber Sack waren nicht entleert und begannen Gerüche zu entwickeln. Nacheinander öffnete Torben sämtliche Türen, Klappen und Schubladen, sah in alle Töpfe und Gefäße, fand aber nichts, was nicht in eine Küche gehörte. Mal abgesehen von siebenhundert Euro in großen Scheinen in einer hohen Plastikbox, auf der »Sesam« stand. Sie befand sich in einer Reihe gleicher Boxen, die Nudeln, Mehl, Reis, Müsli und Cornflakes enthielten. Siebenhundert Euro waren für die Tochter eines Millionärs wahrscheinlich Kleingeld.
    Da die Küche nichts hergab, ging Torben ins Bad hinüber. Auch dort machte er Licht. Es flutete aus mehreren Halogenspots an der Decke. Das Bad war verhältnismäßig groß, der Boden sowie die untere Hälfte der Wand waren dunkel gekachelt, darüber reichten helle Kacheln bis an die Decke.

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