Höllental: Psychothriller
und lächelte lasziv in die Kamera. Ein Bein war angewinkelt, das andere ausgestreckt, den Po hatte sie ein wenig erhoben, sodass ihre Kurven besonders gut zur Geltung kamen.
Was für ein schönes Mädchen , schoss es Torben durch den Kopf.
Nachdem er die Fotografie eine volle Minute lang angestarrt hatte, öffnete er die hintere Abdeckung des Rahmens und nahm das Foto heraus. Wie vermutet gab es tatsächlich eine handschriftliche Notiz auf der Rückseite.
Die Liebenden sterben zuerst.
Mehr nicht. Torben steckte das Foto zurück und stellte den Rahmen wieder an seinen Platz.
Auf dem Regal darunter stand eine weiße Keramikschale, kaum tiefer als ein normaler Aschenbecher. Den Gegenstand darin konnte Torben nicht identifizieren. Er holte die Schale hervor, hielt sie ins Licht und hob mit den Fingerspitzen den Gegenstand an – ließ ihn aber sofort wieder fallen.
Der Gegenstand war ledrig und behaart. Von der Form her schätzte Torben, dass es sich um ein Katzenohr handelte, möglicherweise aber auch von einem Meerschweinchen oder einem Tier ähnlicher Größe.
»Von wem hast du das, und warum bewahrst du es hier drin auf?«, fragte Torben leise. Natürlich erwartete er keine Antwort, aber es half ihm beim Denken, wenn er so tat, als würde er sich mit Laura unterhalten.
Auf dem dritten Regalbrett lag ein gefaltetes Stück Papier. Torben faltete es auseinander. Es war von Hand beschrieben.
ich weiß nicht, wie lange ich es noch ertragen kann zu sehen, wie er dich küsst, wie er dich berührt, wie er mit dir umgeht … ich glaube, ich hasse ihn dafür, hasse ihn, weil er dich haben kann und du mich nicht siehst …
Diese Textstelle war irgendwo herausgerissen und danach auf das Blatt Papier geklebt worden.
»Interessant«, sagte Torben leise.
Auf dem untersten und letzten Regalbrett stand aufrecht an die Rückwand gelehnt eine Postkarte. Auf ihr waren zwei Frauen in Rückenansicht abgebildet, die sich umarmten und in eine weite Landschaft blickten. Die aufgedruckten roten Buchstaben besagten Folgendes: Freundschaft ist eine Seele in zwei Körpern.
Torben drehte die Karte herum. Auf der Rückseite war mit blauem Kugelschreiber handschriftlich etwas notiert.
Hey, Mara! Passt genau und hätte auch von uns sein können statt vom alten Aristoteles, findest du nicht? HDL , Laura.
Torben stellte die Karte zurück und betrachtete die geheime Nische hinter der Kleidung. Jetzt, auf den zweiten Blick, wirkte es wie eine Art Schrein. Das Heiligtum der Laura Waider, in dem sie aufbewahrte, was ihr wichtig war … gewesen war.
Was für eine absonderliche Ausstellung. Diese Sache würde interessanter werden, als er zunächst vermutet hatte.
Einmal mehr stellte sich heraus, dass die eigenen Eltern ihr Kind nicht wirklich gekannt hatten.
Der kurze Lauf fühlte sich kalt an zwischen ihren Lippen. Er schmeckte nach Waffenöl und ganz leicht nach Schießpulver, zumindest glaubte sie, dass es der Geschmack von Schießpulver war. Sie wusste, die Waffe war ein paarmal abgefeuert worden, aber das lag schon länger zurück.
Sie wunderte sich darüber, wie scharf ihre Sinne in diesem Moment waren. Scharf und fokussiert auf den tödlichen Gegenstand in ihrem Mund, der dort nicht hingehörte. Den Griff nach oben zur Decke gerichtet, den Lauf in einem schrägen Winkel gegen den Gaumen, hielt sie die Waffe fest umklammert, hatte aber keinen Finger am Abzug – noch nicht. Auf diese Art, das hatte sie in einem Krimi gelesen, würde die Kugel durch den Hirnstamm schnellen, dort verheerenden Schaden anrichten und am Hinterkopf wieder austreten. Auf diese Art war das Risiko zu überleben gleich null.
Petra Waider hatte immer ihre eigene Vorstellung von der menschlichen Seele gehabt. Nicht das Gehirn speicherte die prägenden Fußabdrücke des Lebens, sondern die Seele, und die befand sich in den geheimen, nicht zu erforschenden Leerräumen zwischen den Neuronen des Gehirns. Dort hatte sie an jedem Befehl, jedem Eindruck und Gefühl Anteil, nichts entging ihr, und alles wurde auf ewig festgehalten. Mit jedem Tag wurde ihr Wissen mehr, und würden die Menschen sich nicht so beschränken, nicht so eintönig und gleichförmig leben, sondern darauf aus sein, jeden Tag neue Erfahrungen zu sammeln, statt alte zu wiederholen, so könnten sie Genialität erreichen.
Eine winzige Bewegung mit dem vordersten Glied ihres Zeigefingers würde all das zerstören. Die Seele war wie unsichtbarer Rauch, der ohne die begrenzende Hülle des Kopfes
Weitere Kostenlose Bücher