Höllental: Psychothriller
Eine großzügige Eckbadewanne mit Sprudeldüsen füllte ein Drittel des Raumes. Sie konnte mittels eines durchsichtigen Vorhangs zur Dusche umfunktioniert werden. Der Vorhang war zugezogen, und einen Moment lang versuchte Torben sich vorzustellen, wie Lauras Körper dahinter ausgesehen haben mochte. Zwischen Wanne und Toilette befand sich ein deckenhoher Spiegel mit indirekter Beleuchtung. Ein violetter Bademantel hing daneben. Torben befühlte das Material. Seide. Auch er duftete nach ihrem Parfum. Im Spiegelschrank über dem Waschbecken fanden sich die üblichen Utensilien.
Torben verließ das übersichtliche und deshalb schnell zu durchsuchende Bad.
Er ging ins Wohnzimmer und machte auch dort Licht. In der Mitte des großen Raumes blieb er stehen. Die Wände und die Decke waren weiß gestrichen, der Fußboden bestand aus dunkelbraunem Holzparkett. Unter der Decke schwebte eine Holzplatte in der gleichen Optik, in welche eine große Anzahl kleiner Spots eingearbeitet war, die den Raum in weiches Licht tauchten, die Ecken aber im Schatten ließen. Eine lederne Garnitur in Rot beanspruchte den meisten Platz. Sie wirkte neu und teuer. Davor ein Glastisch in Nierenform. An der einen Wand ein Plasmabildschirm, an der anderen ein niedriges Sideboard in ebenfalls dunkler Farbe. Darüber hing ein großes Bild; abstrakte, bunte Kunst mit geometrischen Formen, die ihm nichts sagte.
Auf dem Nierenglastisch befand sich ein Laptop der Marke HP. In seinem glänzend schwarzen Klavierlackkleid passte er hervorragend zum Interieur. Außerdem wirkte er, als sei er bewusst dort hingelegt worden.
Torben setzte sich auf die lederne Couch, klappte den Deckel des Laptops hoch und schaltete ihn ein. Während er wartete, dass der Computer hochfuhr, fiel ihm auf, dass sich auf dem hochglänzenden Klavierlack kein einziger Fingerabdruck befand. Sollte Laura ihren PC abgewischt haben, bevor sie sich auf den Weg gemacht hatte, um zu sterben?
Wie zu erwarten war das System durch ein Passwort geschützt. Torben gab die Namen der Eltern ein, Lauras eigenen Namen, dann den Straßennamen, aber so dumm war die Kleine nicht gewesen. Auch Bergsteigen und Höllentalklamm waren falsch. Torben dachte nach. Einer spontanen Idee folgend tippte er Mara Landau ein. Fehlanzeige.
Er schaltete den Laptop aus und klappte ihn zu. Das war Zeitverschwendung. Er würde ihn mitnehmen. Zu Hause hatte er verschiedene Crackerprogramme, die sich damit beschäftigen konnten.
Die wenigen Schubladen des Sideboards enthielten nichts von Interesse. Persönliche Unterlagen, Kontoauszüge, Versicherungsunterlagen, einige DVDs und Musik-CDs. Torben drehte sich im Kreis und seufzte. Man sah der Wohnung an, dass Laura nicht lange darin gelebt hatte. Sie wirkte zu karg, alles war aufgeräumt, nirgendwo hatte sich alter Mist angesammelt, von dem man sich aus sentimentalen Gründen nicht trennen mochte. Das Wohnzimmer vermittelte den Eindruck, als würde man sich in der Ausstellung eines Möbelhauses befinden.
Vielleicht bot ja das Schlafzimmer etwas Interessantes.
Torben ging hinüber und öffnete die Tür.
Das Schlafzimmer entsprach dem Rest der Wohnung. Klare Linien und Formen, kein Gedöns, keine Staubfänger. Satinbettwäsche, die allerdings ungebügelt in Falten lag. Neben dem Bett keine Nachtschränkchen, sondern auf beiden Seiten frei an der Wand schwebende Borde. Das Bett war ebenso aus dunklem Holz wie die zweiflügelige Tür in der gegenüberliegenden Wand.
Torben öffnete die beiden Flügel und stand vor einen großzügigen Wandschrank. Mit dem Öffnen der Türen flammten an der Decke automatisch acht Halogenspots auf.
Wie bei einer jungen Frau mit gesundem finanziellem Hintergrund zu erwarten war der Schrank angefüllt mit Kleidung und Schuhen. Rechts, links und geradeaus zogen sich in Schulterhöhe Stangen dahin, die lückenlos mit auf Bügeln hängender Kleidung bestückt waren. Darunter Schuhregale, nicht ganz so durchgängig gefüllt.
Etwas stach Torben sofort ins Auge.
Gerade voraus klaffte eine Lücke zwischen den Kleidungsstücken. Torben trat vor und schob sie noch weiter nach rechts und links auseinander.
»Schau mal einer an«, sagte er dann.
Dahinter gab es weitere vier Regalbretter. Sie waren übereinander montiert.
Auf dem obersten Regalbrett befand sich ein kleiner Aufstellrahmen mit einem Foto darin. Torben nahm ihn herunter. Es handelte sich um eine Aufnahme von Laura Waider im knappen Bikini. Sie lag in Modelpose auf dem Bauch am Strand
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