Höllental: Psychothriller
ist wirklich ein extremer Stalker und hat sie in den Tod getrieben. Das ist Mord. So jemand muss bestraft werden.«
»Klar, sehe ich genauso. Aber die Sache liegt vier Monate zurück. Niemand wird sich an den Mann erinnern.«
»Außer der Clique«, gab Tobias zu bedenken. »Kann sich von denen keiner an das Gesicht des Mannes erinnern?«
Roman zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Mara war nicht dabei und hat ihn nicht gesehen. Mit den anderen habe ich nicht gesprochen, aber ich denke, das wird Torben Sand noch tun.«
»Die Polizei hat ganz andere Möglichkeiten«, sagte Tobias. »Vielleicht kommt der Mann sogar von hier. Wäre doch möglich.«
»Möglich schon, aber unwahrscheinlich. Wie du weißt, ist im Juli Hochsaison. Da waren jede Menge Touristen im Ort. Der Typ kann sonst wo herstammen.«
»Wenn ich dieser Privatdetektiv wäre«, sagte Tobias und blickte dabei nachdenklich in seinen Kaffeebecher, »würde ich mir jeden einzelnen dieser komischen Clique um Laura Waider vornehmen. Und anfangen würde ich mit ihrem Freund … Wie heißt der noch gleich?«
»Richard Schröder.«
»Genau. Und der lässt seine Freundin einfach im Stich? So verhält sich doch kein normaler Mensch.«
Nach seinem Besuch bei Armin Zoltek war Ricky nach Hause gefahren. Den ganzen Vormittag hatte er vor Angst, entdeckt zu werden, geschwitzt wie ein Schwein und sich nach einer Dusche gesehnt. Danach ging es ihm schon etwas besser, sein Kopf war wieder klarer. Er hatte den Büroanzug gegen Jeans, Pullover, eine wattierte Weste und wasserdichte Schuhe ausgetauscht. Draußen an der Wertach erwarteten ihn Matsch und Schnee.
Während der Dusche hatte er sich entschieden, trotz allem hinauszufahren und die beschissenen Bilder zu machen. Nach außen hin musste er so tun, als sei alles in bester Ordnung. Gerade gegenüber seinem Vater durfte er sich keine Blöße geben. Ricky wollte ihm nicht einmal erzählen, dass seine ehemalige Freundin und nun auch noch sein bester Kumpel aus der Clique ums Leben gekommen waren.
Wie hatte das nur passieren können? War es ein normaler Verkehrsunfall gewesen oder doch mehr?
Auf der Fahrt hinaus aus der Stadt schaute Ricky immer wieder in den Rückspiegel. Ein paarmal sah er einen Wagen mit einer einzelnen Person darin, der ihm zu folgen schien. Irgendwann aber war er verschwunden.
Verflucht! Jetzt wurde er auch noch paranoid. Nur weil dieser bescheuerte Bernd Lindeke ihm und den anderen Angst gemacht hatte. Laura war selbst gesprungen, und Armin war bei einem Verkehrsunfall mit Fahrerflucht ums Leben gekommen. So etwas passierte tagtäglich.
Er durfte sich nicht verrückt machen lassen. Nur mit einem klaren Kopf würde er diese Sache einigermaßen heil überstehen. Dass er Esther verlieren würde, damit hatte Ricky sich bereits abgefunden. Er hatte keinen Einfluss darauf, was Bernd tat. Falls er noch mehr dieser Fotos hatte und sie Esther in den Briefkasten stecken würde, dann war Schluss. Das wäre zwar schade, weil er sie wirklich mochte, aber es gab noch genug andere Mädchen. Die Kleine aus der Bank, die er auf dem Spielplatz gevögelt hatte, war auch nicht verkehrt.
Um dieses Problem, so hatte Ricky beschlossen, würde er sich keine Gedanken mehr machen, da er es ohnehin nicht beeinflussen konnte. Die anderen schon. Aber nur, wenn er geschickt vorging.
Als er die Mühle an der Wertach, einem Nebenfluss des Lech, erreichte, hatte er einen Plan ausgearbeitet. Wenn er alles richtig machte und nichts Unvorhergesehenes dazwischenkam, würde es funktionieren.
Seine Laune war um einiges besser, als er aus dem Wagen stieg. Er hatte vor einer hölzernen Schranke gehalten. Mit Draht war ein verrostetes Metallschild daran befestigt. Betreten verboten. Die letzten fünfzig Meter über einen matschigen Feldweg musste er zu Fuß zurücklegen.
Bei der Mühle handelte es sich um ein baufälliges, aber unter Denkmalschutz stehendes Gebäude von 1883. Nachdem der Besitzer im Oktober verstorben war, hatte die Erbengemeinschaft Rickys Vater beauftragt, das schwer zu verkaufende Objekt auf den Markt zu bringen.
Der Weg war von Schnee und Regen aufgeweicht. Links davon rauschte die Wertach mit beängstigend starker Strömung. Die Mühle selbst war ein dreistöckiger Kasten aus dunklem Naturstein, dessen Dach eingestürzt war. Auf dem Hof lagen Balken und Trümmer des Giebels. Wo man die Wertach gestaut und mit Betonmauern zusammengepresst hatte, um die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen, fiel das Wasser
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