Höllental: Psychothriller
leben, kam er damit nicht zurecht. Sie ging nicht den Weg, den er für sie vorgesehen hatte … Sie wissen schon, die väterliche Firma übernehmen und so. Das war nicht Lauras Ding. Sie wollte raus in die Welt, was sehen, was erleben.«
»Aber dieser Streit hat sie nicht in den Tod getrieben, oder?«
Mara zuckte mit den Schultern. »Sie hat schon sehr darunter gelitten, auch wenn sie es nicht gezeigt hat. Sie hat vor allem ihre Mutter vermisst. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das der Grund war. Der Streit mit ihrem Vater ging ja schon ein paar Jahre. In der letzten Zeit hat er sich auch nicht mehr in ihr Leben eingemischt. Laura hatte sich sogar entschieden, das Betriebswirtschaftsstudium, das sie nur ihrem Vater zuliebe aufgenommen hatte, abzubrechen. Sie wollte sich endlich für Kunst einschreiben.«
»Wussten ihre Eltern davon?«
Mara nickte. »Sie hat es ihrer Mutter erzählt. Finanziell war sie ja noch von ihren Eltern abhängig.«
»Roman Jäger hat mir am Telefon erzählt, dass es am 25.07. einen bedeutsamen Vorfall in der Höllentalklamm gegeben habe. Sie und Ihre Freunde seien daran beteiligt gewesen. Er wollte Ihnen aber nicht vorgreifen und hat nichts weiter verraten. Können Sie mir erzählen, was damals vorgefallen ist?«
Mara sah ihn an. »Wenn ich es Ihnen erzähle, machen Sie dann weiter?«
»Kommt darauf an. Könnte dieser Vorfall in der Klamm etwas mit Lauras Tod zu tun haben?«
Jetzt konnte Mara ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. »Ich glaube, damals hat alles angefangen.«
Sie wischte ihre Tränen ab, setzte sich aufrecht hin und erzählte.
Torben Sand saß schweigend da und hörte zu. Er unterbrach sie nicht. Als sie fertig war, seufzte er und fuhr sich mit der Hand über die Glatze. Dann stand er auf, ging durch den Raum, blickte lange aus dem Fenster, kam zurück und sah Mara an.
»Ich muss Ihnen unbedingt etwas zeigen. Würden Sie mich zu Lauras Wohnung begleiten?«
»Was? Jetzt? Warum?«
»Ich brauche Ihre Hilfe in dieser Sache. Wenn Sie es sehen, werden Sie mich verstehen. Vertrauen Sie mir.«
»Aber wie wollen Sie in die Wohnung hineinkommen?«
»Lauras Vater hat mir einen Schlüssel gegeben. Ich bin schon dort gewesen und habe etwas Merkwürdiges entdeckt. Ich verstehe es nur nicht. Aber Sie vielleicht. Laura war Ihre beste Freundin.«
»Ich … ich weiß nicht.«
»Sie wollen doch die Wahrheit erfahren, oder?«
Mara nickte. »Doch, sicher … Okay, ich komme mit. Ich möchte mich nur kurz umziehen.« Sie trug noch immer ihren Trainingsanzug.
»Schön. Ich warte vor der Tür.«
Torben Sand ging hinaus. Mara ging ins Schlafzimmer hinüber, zog den Trainingsanzug aus, warf ihn aufs Bett und zog Jeans und einen dicken Pullover an. Sie war aufgeregt. Die Aussicht, Lauras Wohnung zu betreten, ließ ihr Herz schnell und dumpf pochen. Als sie ihre gefütterten Stiefel anzog, klingelte ihr Handy.
Es war Roman.
»Ist Sand da?«, fragte er.
»Ja, er wartet vor der Tür. Ich ziehe mich grade um. Wir fahren zu Lauras Wohnung.«
»Warum das?«
»Er sagt, er hat dort etwas entdeckt, versteht es aber nicht. Ich soll es mir anschauen.«
»Klingt vernünftig. Schaffst du das?«
Mara nickte, obwohl Roman sie nicht sehen konnte. Sie tat es für sich selbst. Ja, sie würde es schaffen. Wenn es nötig war, schaffte sie alles. »Ich denke schon.«
»Okay. Ruf mich an, wenn ihr da seid. Ich muss unbedingt wissen, was Sand gefunden hat.«
Sie verabschiedeten sich voneinander, und Mara verließ ihre Wohnung.
Torben Sand stand im Hausflur. Die schwarze Mütze hatte er wieder über die Glatze gezogen.
»Bereit?«, fragte er.
»Waider«, meldete sich eine alte, zerbrechliche Frauenstimme.
»Frau Waider, hier ist Oberkommissar Leitenbacher. Sie erinnern sich?«
»Natürlich.«
»Frau Waider, es tut mir leid, dass ich Sie so spät noch störe. Ich habe vom Tod Ihres Mannes erfahren und möchte Ihnen mein Beileid aussprechen.«
»Deswegen rufen Sie an?«
»Nein, eigentlich nicht. Ich ermittle im Todesfall Ihrer Tochter Laura, und in diesem Zusammenhang stellen sich mir einige Fragen.«
»Sie ermitteln?« Die Stimme der Frau klang plötzlich etwas wacher. »Dann sind Sie nicht mehr der Meinung, es sei Selbstmord gewesen?«
Hoffnung schwang in den Worten mit.
»Sie ist gesprungen, niemand hat Ihre Tochter gestoßen, das steht fest. Es gibt aber trotzdem einige Ungereimtheiten. Ich habe herausgefunden, dass Ihre Tochter am 25.07. dieses Jahres hier bei uns bei der
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