Höllental: Psychothriller
vergewaltigt.«
»Beweise?«
»Hautpartikel unter den Nägeln. Sie hat sich gewehrt. Sperma in der Vagina. DNA ist nicht zuzuordnen.«
»Und der Täter?«
»War nicht zu ermitteln. Wir haben keine Zeugen gefunden, die irgendwas gesehen haben. Außer den DNA -Spuren haben wir praktisch nichts. Ach ja, die Aussage ihres Begleiters.«
»Ihres Begleiters?«
»Sie war nicht allein auf dem Revier. Ihr Freund begleitete sie. Er hat sie in ihrer Wohnung gefunden. Der Täter ist dort aber nicht eingebrochen. Er hat sie überrumpelt, als sie die Tür öffnete.«
»Wer war denn ihr Begleiter?«
»Ein Richard Schröder. Dessen Vater ist ebenfalls eine große Nummer hier. Immobilien und so.«
»Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken.«
»Und dann schleichen Sie sich von hinten an … Verdammt!«
Maras Herz jagte wie verrückt. Sie bückte sich, hob den Schlüsselbund auf und drehte sich zu dem Mann um. »Ich hatte Sie total vergessen.«
Vor ihr stand Torben Sand, und er sah in der Dunkelheit aus wie ein gedungener Ganove. Große, kräftige Statur, eine schwarze Wollmütze auf dem massigen Schädel, tiefliegende Augen unter kräftigen Brauen. Ein breites, teigig wirkendes Gesicht, das nicht so recht zum Rest des Körpers passen wollte.
Kein Wunder, dass sie sich so erschreckt hatte.
»Hören Sie«, begann Torben Sand. »Es tut mir leid, das war nicht meine Absicht. Ich warte schon eine Weile und musste dringend mal in die Büsche. Sie verstehen … für kleine Jungs.«
Er lächelte entschuldigend und sah dabei wirklich aus wie ein kleiner Junge.
Mara beruhigte sich. »Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen.«
»Würden Sie trotzdem noch mit mir reden?«
Sie nickte. »Gut, kommen Sie mit rauf. Es ist aber nicht aufgeräumt.«
Er lächelte sie an. »Ein Zustand, den ich in meiner Wohnung als normal betrachte.«
»Trinken Sie einen Tee mit? Ich brauche jetzt unbedingt einen«, sagte Mara, als sie im Flur standen und die Jacken auszogen.
»Geht auch Kaffee? Stark und schwarz?«
Mara kochte Kaffee für den Privatdetektiv und grünen Tee für sich. M it zwei großen Tassen ging sie ins Wohnzimmer hinüber, wo Torben Sand im Sessel sitzend wartete. Er strahlte große Ruhe und Gelassenheit aus, eine Eigenschaft, die sie bei Männern bewunderte und mochte. Roman war genauso.
Der Privatdetektiv hatte die Mütze abgenommen. Sein Schädel war kahl geschoren und glänzte im Licht der Deckenlampen. Ein dünner, sauber geschnittener Bart zog sich vom Kinn bis über die Oberlippe. Sobald er lachte, entblößte er eine Reihe weißer Zähne in perfekter Anordnung.
»Wissen Sie Bescheid über Lauras Vater?«, fragte Mara.
Torben Sand runzelte die Stirn. »Worüber sollte ich denn Bescheid wissen?«
»Lauras Vater ist tot. Ein Herzinfarkt.«
Der Privatdetektiv sah sie einen Moment schweigend an. »Woher wissen Sie das?
»Ich war dort. Ich wollte mit Lauras Mutter sprechen.«
»Und, haben Sie mit ihr gesprochen?«
»Nein. Der Leichenwagen stand vor dem Haus. Ich konnte nicht. Ich bin abgehauen.«
Torben Sand presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und schüttelte den Kopf. »Das ändert natürlich alles. Frau Waider weiß nichts davon, dass ihr Mann mich engagiert hat. Er wollte sie nicht noch zusätzlich beunruhigen. Streng genommen habe ich jetzt keinen Auftrag mehr.«
»Das war es dann für Sie? Sie hören auf?«
Sand seufzte. »Ich müsste zuerst mal mit Frau Waider sprechen. Vielleicht möchte sie ja, dass ich weitermache.«
»Und wenn ich Sie darum bitte?«, sagte Mara.
Er rückte auf dem Sessel nach vorn und lächelte. »Liegt Ihnen so viel daran, die Wahrheit zu erfahren?«
Mara nickte. »Ich will wissen, was passiert ist. Laura war sicher nicht der psychisch stabilste Mensch, aber ich hätte ihr nie und nimmer so etwas zugetraut.«
»Sie kannten Laura sehr gut, oder?«
»Wir waren beste Freundinnen. Bis auf die letzten Monate. Da hat sie sich von allen zurückgezogen. Sogar von mir. Auch deshalb ist es mir so wichtig, die Wahrheit zu erfahren. Es ist so verdammt schwer, mit all den Fragen allein zurückzubleiben.«
Mara hörte den Vorwurf, der darin mitschwang. Er war an Lauras Adresse gerichtet. Sie schämte sich dafür, aber genauso fühlte sie gerade. Es war egoistisch gewesen von Laura, sie so zurückzulassen.
»Wie war Lauras Beziehung zu ihren Eltern?«, fragte Torben Sand.
»Ihr Vater war ein ziemlicher Despot. Als Laura erwachsen wurde und begann, ihr eigenes Leben zu
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