Höllental: Psychothriller
Bergwacht als vermisst gemeldet wurde. Aber nur zwei Stunden später wurde dieser Notruf zurückgenommen, weil Ihre Tochter wieder aufgetaucht war. Hat Laura Ihnen davon erzählt?«
»Nein … nein, ich verstehe nicht. Laura war vermisst? Im Sommer?«
»Ja, genau. Und es tut mir leid, Sie jetzt damit belästigen zu müssen, aber da ist noch etwas. Laura hat am 10.08. dieses Jahres in Augsburg eine Vergewaltigung angezeigt. Hat sie darüber auch nicht mit Ihnen gesprochen?«
»Was!?«
Die Stimme kippte, das konnte Leitenbacher deutlich hören. Er wusste, es war riskant und wenig einfühlsam, was er gerade tat, aber er brauchte Antworten. Wenn er bis morgen gewartet hätte, hätte es die Frau genauso hart getroffen. Und warum sollten nicht mal die Reichen leiden?
»Hat denn der Privatdetektiv, den Ihr Mann engagiert hat, nichts davon erwähnt?«
»Privatdetektiv?«, fragte Petra Waider. »Was für ein Privatdetektiv?«
»Ein Herr Torben Sand. Ich habe Informationen darüber, dass Ihr Mann ihn engagiert hat, um die Hintergründe von Lauras Tod herauszufinden. Hat Ihr Mann nicht mit Ihnen darüber gesprochen?«
Daraufhin schwieg Petra Waider einen Moment. »Mein Mann und ich … Wir haben darüber gesprochen«, sagte sie schließlich. »Er sagte, er würde es herausfinden, und wenn es das Letzte ist, was er tut. Ich weiß nicht … Vielleicht hat er jemanden beauftragt. Aber ich glaube nicht. Das hätte er mir doch gesagt.«
Vergangenheit
Augsburg
D ie Treppenhausbeleuchtung springt an. Unten fällt die Tür zu. Ich höre Schritte die Stufen heraufkommen. Sofort weiß ich, dass es mein Mädchen ist. Ich kenne den Klang und Rhythmus ihrer Schritte genau. Außerdem steigt ihr Duft durchs Treppenhaus. Es ist Poison , jenes Parfum, das sie in dem Laden für mich aufgetragen hat. Es ist eine große Liebeserklärung an mich.
Plötzlich eine Stimme, ein anderer Geruch, ein zweites Paar Schritte.
Sie ist nicht allein.
Ich war bereits aufgestanden, bleibe nun abrupt stehen und ziehe mich leise wieder zurück in die Dunkelheit.
Still verfluche ich mich, dieses Risiko eingegangen zu sein. Normalerweise hätte ich es auch nicht getan, aber die Zeit drängt, sie schicken mich wieder weg, und ich muss mich doch von meinem Mädchen verabschieden.
Die Schritte kommen das Treppenhaus herauf. Mein Mädchen wechselt ein paar leise Worte mit einem Begleiter, die ich nicht verstehen kann, aber die Tonlage verrät mir, dass die zweite Person männlich ist. Ich ziehe mich noch eine Stufe höher zurück. Hier oben ist es dunkel, denn natürlich habe ich die Glühbirne aus der Lampe entfernt. Über Lauras Wohnung befindet sich nur noch der Dachboden, von oben werde ich also nicht überrascht.
Ich atme flach, versuche unsichtbar zu sein und doch gleichzeitig zu sehen.
Dann tauchen die beiden in meinem Blickfeld auf.
Zuerst mein Mädchen. Heute trägt sie eine wollene Strickmütze, unter der ihr Haar verschwindet. Einzelne Strähnen lugen hervor, und ich sehe, dass sie ihr Haar gefärbt hat. Es schimmert rötlich!
Warum? Warum nur?
Der Mann drängt sich an ihr vorbei. Er hat einen Schlüssel in der Hand. Wie selbstverständlich schließt er damit die Tür auf, und die beiden verschwinden in der Wohnung.
Ich stehe auf, meine Beine zittern, meine Fäuste schließen sich krampfartig. Ich bin unglaublich wütend, so kenne ich mich gar nicht. Ich stolpere die paar Stufen hinab und trete vor die Wohnungstür. Hier und jetzt werde ich klare Verhältnisse schaffen und diesen Mistkerl ein für alle Mal aus Lauras Leben streichen.
Mein Daumen schwebt über dem Klingelknopf.
Plötzlich Lärm im Treppenhaus. Die Haustür geht auf, schlägt wieder zu, jemand kommt die Treppen herauf. Verfluchter Mist! Ich stecke meine Hände in die Taschen, senke den Kopf und stapfe die Stufen hinunter. Die Wut in mir wird immer größer, und ich hoffe, dass mich die entgegenkommende Person nicht anspricht, denn dann kann ich für nichts garantieren. Meine Finger krampfen sich in den Stoff meiner Jacke.
Ohne hochzusehen, gehe ich an jemandem vorbei. Kein Wort, kein Gruß, kein Zögern.
Schon bin ich auf der Straße, beginne zu laufen, den Bürgersteig hinunter bis an die Kreuzung, einfach rüber, das Hupen der Idioten ignorierend, immer schneller …
Warum, warum, warum?, hämmert es durch meinen Kopf.
Warum lässt sie sich wieder mit ihm ein? Ich hatte sie doch schon gerettet. Wie soll ich sie beschützen, wenn sie sich hinter meinem
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