Höllental: Psychothriller
Aufständischen in Afghanistan entführt und gefoltert wurde.«
»Kann ich verstehen, und ich komme auch gleich drauf. Was kannst du mir über Sand erzählen?«
Hogan zuckte mit den Schultern und drehte den Becher in seinen großen Händen. »Ich kenne ihn nicht persönlich, weiß also auch nur, was Dritte mir angetragen haben. War ein guter Soldat, Special Forces, ein ausgebildeter Killer. Die Jungs sind schon hart im Nehmen, aber irgendwas hat Sand aus der Bahn geworfen. Bevor er zu diesem Einsatz nach Afghanistan ging, war er schon für einen Monat hier in der Lodge, um einen Lagerkoller auszukurieren. Vor ein paar Jahren hätte man solche Jungs gar nicht mehr in den Einsatz geschickt, aber die Personaldecke ist dünn geworden, also nehmen sie beinahe jeden.«
»Hatte er denn psychische Probleme?«, fragte Leitenbacher.
»Das weiß ich nicht, aber man kann davon ausgehen. Ich habe zu diesen Informationen keinen Zugang mehr, aber meine Erfahrung sagt mir, dass er angeknackst gewesen sein muss, sonst hätten sie ihn nicht hierhergebracht. Tja, und dann geht er in den nächsten Einsatz und hat ein Riesenpech. Ich meine, in der öffentlichen Wahrnehmung sieht es vielleicht so aus, als würden unsere Jungs dort unten dauernd entführt, in Wahrheit trifft es aber nur ein paar wenige.«
»Wie lange war er in den Händen der Taliban?«
»Tja, da hat er dann wieder Glück gehabt. Die Special Forces waren mächtig sauer, weil die Aufständischen zwei ihrer Kameraden töteten. Sie haben also alles drangesetzt, Sand wiederzufinden. Und das haben sie. Er war nur zwei Tage in deren Gewalt. Unsere Jungs haben das Nest ausgehoben und alle eliminiert. Sand kam als Held da raus, zumindest für die Medien. Wie es in ihm drin aussieht, will ich lieber gar nicht wissen.«
»Er wurde gefoltert, oder?«
»Soweit ich gehört habe, ja. Wie schlimm es war, weiß ich nicht. Auf jeden Fall ist er seit Ende November wieder hier in Garmisch.«
»Ist er noch bei der Armee?«
»Ich denke schon. Ich habe aber gehört, dass er seinen Abschied nehmen will. Halb freiwillig, halb unter Druck. Ist wohl besser so. Ich glaube nicht, dass er für solche Einsätze noch geeignet ist. Aber jetzt verrat mir doch endlich, warum du dich für den Jungen interessierst. Eine Kneipe wird er doch nicht auseinandergenommen habe, oder?«
»Nein. Und ich weiß auch nicht, ob mein Interesse berechtigt ist. Ist eine verzwickte Geschichte. Sag mal, wann war Sand das erste Mal hier auf Urlaub?«
»Kann ich nicht genau sagen. Muss so Mitte des Jahres gewesen sein.«
»Könntest du ein aktuelles Foto für mich auftreiben?«
»Nur wenn du meine Neugierde befriedigst.«
Also erzählte Leitenbacher seinem alten Freund Hogan von einem Privatdetektiv namens Torben Sand.
Mara Landau knallte hart auf den Dielenboden. Torben Sand hatte sie einfach fallen lassen. Sie stieß sich Rücken und Ellenbogen, biss aber die Zähne zusammen, um nicht zu jammern. Mara wusste nicht, wo sie sich befand. Nach einer schier endlosen Fahrt, während derer sie beinahe erfroren wäre, war sie heilfroh, endlich Wärme spüren zu dürfen.
Vor ein paar Minuten hatte Sand den Kofferraumdeckel geöffnet. Er hatte ihr mit einem übel riechenden Tuch einen Knebel angelegt und sie herausgezerrt. Dann hatte er sie unterm Arm getragen, als wöge sie nichts. Mara hatte nichts weiter als unberührten Schnee und den Eingang zu einem Haus gesehen. Sand hatte eine Glasscheibe eingedrückt und war in das Haus eingebrochen.
Mara hatte keine Ahnung, wo Sand sie hingebracht hatte.
Sie hörte, wie die Haust ür geschlossen und eine andere Tür geöffnet wurde. Schwere Schritte dröhnten auf Holzdielen. In ihrem Rücken spürte Mara die durchdringende Wärme eines Ofens. Es roch nach Holz und Harz. Die Schritte entfernten sich von ihr, stiegen bald eine Treppe ins Obergeschoss hinauf.
Mara drehte sich auf den Rücken, rutschte ein Stück zur Seite und lehnte sich gegen eine Wand. Ihr Blick fiel durch eine offen stehende Tür in eine Küche. Sie selbst lag auf dem Flur. Gegenüber an der Wand hingen an einigen Haken Jacken. Männerjacken. Auf dem Rücken einer Jacke war der Schriftzug »Bergwacht« aufgenäht.
Plötzlich wusste Mara, wo sie war.
Das musste Romans Haus sein.
Torben Sand war auf der Suche nach seinem Medaillon. Vor der Abfahrt in Augsburg hatte er sie noch danach gefragt.
Aber Roman war anscheinend nicht zu Hause. Mara wusste nicht, ob sie darüber froh sein sollte. Hätte Roman ihr
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