Höllische Versuchung
Casanova-Allüren würde es drinnen aber bestimmt nur so vor vibrierenden Herzbetten und Discokugeln wimmeln.
»Was machst du eigentlich so, Raphael?«
»So dies und das«, murmelte er.
Als er damals anfing, mich anzugraben, hatte ich mal ein bisschen recherchiert, aber mehr als seinen Vornamen und dass er das einzige Kind von Tante B war, hatte ich nicht in Erfahrung bringen können. Er gehörte der Führungsschicht des Rudels an und von daher waren mir seine Akten nicht zugänglich. Um tiefer zu bohren, hätte ich schon einen Haftbefehl haben müssen.
Ich hatte mich indes ein wenig bei einigen Hyänenweibchen nach ihm umgehört. Er hieß Raphael Medrano. Dem Rudel gehörten mehrere Firmen und er leitete eine davon: Medrano Abbau. Wenn die Magie ein Gebäude zerstörte, zermalmte sie den Beton zu Staub, doch das Metallgerüst blieb in der Regel unversehrt. Dann kam ein Abrissunternehmen wie Raphaels, rettete, was noch zu retten war, und verscheuerte das Altmetall an den höchsten Bieter oder kaufte es selbst. Die Arbeit war ziemlich gefährlich, doch da die halbe Welt in Schutt und Asche lag, hatte Raphael einen recht krisensicheren Job.
Er nahm meine Tasche, schloss die Haustür auf und hielt sie mir und Boom Baby auf. Ich trat in ein geräumiges Wohnzimmer mit gewölbter Decke. Auf dem Holzboden lag ein schlichter beigefarbener Läufer, der farblich gut zu dem überdimensionalen Polstersofa passte, das von einem klobigen dunklen Holztisch sorgfältig bewacht schien. Zum Sofa ausgerichtet hing ein Flachbildfernseher an der Wand. Die andere Seite säumten massive Holzregale, die quadratischen Fächer mit CD s und Büchern gefüllt.
Die Wände waren hellbraun-grau gespritzt und wirkten wie Stein. Bilder gab es keine, stattdessen zierten Waffen die Wände: Messer und Schwerter in allen nur erdenklichen Formen und Größen. Alles wirkte sauber und ordentlich, ohne irgendwelchen Nippes oder Paradekissen. Ein sehr männliches Haus. Als wäre man in die Behausung eines mittelalterlichen Lords mit Putzfimmel getreten.
Raphael verriegelte die Tür. »Fühl dich hier ganz wie zu Hause. Nimm dir was zu essen, wenn du magst. Ich gehe erst mal duschen.«
Ich legte Boom Baby unters Fenster, um sie im Notfall griffbereit zu haben, und machte es mir dann auf dem Sofa bequem. Von oben drang das beruhigende Rauschen der Dusche: Raphael schrubbte sich. Er hatte auf dem Weg zum Orden geschlafen, also sollte er sich jetzt ohne Probleme verwandeln können. Der Gedanke an einen nackten Raphael in seiner menschlichen Gestalt erwies sich als erstaunlich hartnäckig.
Auf einmal war ich todmüde.
Ich rollte von der Couch und schleppte mich in die Küche. Mir von Raphael Essen servieren zu lassen, kam nicht in Frage, denn Gestaltwandler maßen Essen eine besondere Bedeutung zu. Ein Gestaltwandler auf Freiersfüßen würde versuchen, seine Gefährtin in spe zu füttern. So hatte sich Kate einmal die Finger verbrannt: Der Herr der Bestien von Atlanta hatte ihr Hühnersuppe eingeflößt. Kate aß sie, ohne sich etwas dabei zu denken. Das wiederum fand der Herr der Bestien ihrer Schilderung zufolge äußerst amüsant. Curran hatte einen eigentümlichen Sinn für Humor. Katzen. Seltsame Wesen.
Ich nahm den Telefonhörer in die Hand. Kein Signal. Die Magie war noch immer in vollem Schwange.
Zurück auf dem Sofa schloss ich für einen Moment die Augen.
Ein verlockender Fleischgeruch zog mir in die Nase. Ich schlug die Augen auf. Ein sauberer und überirdisch schöner Raphael stand in der Küche und präparierte ein Steak.
Mir lief das Wasser im Mund zusammen und ich wusste nicht genau, ob es nun an dem Steak oder an dem Mann lag. Wahrscheinlich an beidem. Ich war so hungrig. Und ich war so verrückt nach Raphael. Ich hätte nie herkommen sollen.
Raphael warf mir einen feurigen Blick aus seinen blauen Augen zu. Mein Herz setzte einen Schlag aus. »Ich koche was für dich«, sagte er. »Schockierend.«
»Du weißt, dass ich das von dir nicht annehmen kann«, sagte ich.
»Warum nicht?«
Ich schüttelte den Kopf.
Lässig ließ er das Messer durch die Finger gleiten. Geradezu unheimlich, wie der Mann mit dem Messer umgehen konnte. Ärger huschte über sein Gesicht. Er zögerte. »Hör zu, ich weiß, dass du vor Hunger beinahe umkommst. Wenn ich dir nichts kochen darf, kochst du dir dann wenigstens selbst was?«
Das war das erste Mal, dass ich ihn verärgert erlebte. Ich drückte mich vom Sofa hoch. »Klar.«
Als ich den Kühlschrank
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