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Hörig (German Edition)

Hörig (German Edition)

Titel: Hörig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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gegenüber rumoren. Wie lange brauchte er denn, um nach Eiern zu suchen? Alwine Retling hatte ihre Vorräte übersichtlich gelagert. Er lauerte darauf, dass sie aus dem Waschraum kam, da war sie sicher. Aber anfassen würde er sie nicht, das würde er nicht wagen.
    Wenn sie Eier will, kriegt sie welche!
Offenbar war Heiko sehr daran gelegen, sie bei Laune zu halten. Nun ja, er brauchte sie – sie vermutlich mehr als den Fettwanst. Sie drückte die Wasserspülung der Toilette, wusch sich noch gründlich die Hände, dann schloss sie wieder auf und trat in den Gang hinaus.
    Der Dicke hantierte im Vorratsraum mit Konservendosen und tat so, als würde er die Etiketten lesen. Er drehte sich zu ihr um und grinste. Immer das gleiche fettige, schmierige Grinsen.
    «Patrizia», sagte er, ließ ihren Namen genüsslich über die Zunge rollen. «Das dauert noch ’n Moment mit der Suppe. Der Chef kocht selbst, aber mit Eiern können wir leider nicht dienen. Dürfen es auch Würstchen sein? Die gibt’s hier.»
    Als sie ein Nicken andeutete, leckte er sich über die Lippen. «Dachte ich mir. Eins oder zwei?» Er schien gar nicht damit zu rechnen, dass er Antwort bekam, die gab er sich gleich selbst. «Zwei in die Suppe und eins zum Nachtisch, einverstanden? Umgekehrt wär’s mir entschieden lieber, aber mit seinen Sachen ist der Chef sehr eigen.»
    Wenn dieses ekelhafte Grinsen nicht gewesen wäre, hätte sie ihm darauf eine passende Antwort gegeben. Aber seine Miene trieb einen Keil zwischen ihre Stimmbänder. Gleichzeitig sagte Ed in ihrem Hinterkopf: «Keine Antwort ist oft die beste Antwort. Eine bestimmte Sorte Leute muss man mit Verachtung strafen, um sie in die Schranken zu weisen.»
    «Wirst dich allerdings mit dem Nachtisch gedulden müssen», sagte der Dicke. «Der Chef mag’s feierlich. Heute wird das nix mehr mit dem Nümmerchen.» Er kam näher, beugte sich verschwörerisch vor und dämpfte auch noch die Stimme, als ob er ihr ein Geheimnis anvertraue: «Also, mal ganz unter uns, manchmal ist er nicht ganz dicht.» Dabei bewegte er eine Hand vor seiner Stirn, als wolle er dort eine lockere Schraube festdrehen. «So was Leckeres wie dich lässt man doch nicht unnötig warten.»
    Straf ihn mit Verachtung, hämmerte es in ihrem Hirn. Sie ließ ihn einfach stehen, betrat die Werkstatt, ging gleich zur Esse und griff für den Fall, dass er ihr folgte, nach dem Brenner und dem Feuerzeug. Aber der Dicke belästigte sie nicht weiter, er stieg die Treppe hinauf.
    Ob Heiko den Koffer sicherheitshalber erst nach Einbruch der Dunkelheit holen wollte? An diese Möglichkeit hatte sie noch nicht gedacht, aber es lag nahe. Ein Mann mit Koffer fiel eher auf als ein Fußgänger ohne Gepäck. Und er ging wahrscheinlich davon aus, dass sie ihr Waschzeug und die Zahnbürste erst brauchte, bevor sie sich zum Schlafen hinlegte.
    Ob sie es wagen sollte, ihn doch noch mal nach dem Koffer zu fragen? Lieber nicht, wenn er ihn öffnete und feststellte, dass sie weder Duschgel noch Deo, nur eine Zahnbürste und eine Pistole eingepackt hatte … Jetzt hing alles von Ed ab.

    Geraume Zeit saßen Edmund und Dorothea im Wohnzimmer, sprachen über den Tagungskoffer, Unterwäsche aus Angora, ein Paar nachtblaue High Heels und Kanada. Meist sprach Edmund. Dorothea schwieg, hörte zu und ließ nicht erkennen, was sie dachte. Und Edmund hatte das Gefühl, dass er sich im Kreis drehte. Er hasste sich dafür. Aber alles, was er an Elan hatte aufbringen können, war anscheinend in seine Auseinandersetzung mit einem ungläubigen und unwilligen Kriminalhauptkommissar geflossen.
    «Schramm kann ihr nicht auf Schritt und Tritt durchs Haus gefolgt sein», stellte Dorothea nach einer Weile fest. «Wenn er neben ihr gestanden hätte, hätte sie auch Sommersachen eingepackt. Wenigstens ein oder zwei T-Shirts und ihre Tagescreme. Aber die Erkenntnis hilft uns nicht weiter, oder bist du anderer Meinung?»
    Als Edmund schwieg, fuhr sie fort: «Ich will dich nicht kritisieren, Eddi, aber du hast Patty immer in dem Glauben gelassen, dass du jeden Handgriff deuten kannst. Dir wäre kein Zacken aus der Krone gebrochen, wenn du einmal zugegeben hättest, dass du auch nur ein Mensch bist. Jetzt sitzen wir hier und zerbrechen uns die Köpfe über die Bedeutung von zwei Garnituren Unterwäsche. Was für ein Blödsinn.»
    Dorothea griff nach ihrer Tasche, holte ein Zigarettenetui und ein Feuerzeug heraus. Bevor sie sich eine Zigarette anzündete, erhob sie sich und ging in

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