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Hörig (German Edition)

Hörig (German Edition)

Titel: Hörig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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ziemlich sicher war, hinter der offenen Tür zu stehen. Dann erst drehte sie mit dem Daumen das Rädchen. Die winzige Flamme beleuchtete ein Stück der Tür. Sie hatte sich nicht verschätzt, stand tatsächlich dahinter. Und es waren nicht einmal zwanzig Minuten vergangen, seit sie das Licht ausgemacht hatte.
    Sie ließ die kleine Flamme wieder erlöschen und wartete ein paar Sekunden, bis ihre Augen sich erneut auf die Schwärze eingestellt hatten, obwohl das völlig sinnlos war. Nicht einmal ein Kauz hätte sich auf diese Finsternis einstellen können.
    Dann schob sie sich zurück zum Stuhl, ließ sich wieder wie in Zeitlupe darauf nieder, um das ihrer Meinung nach verräterische Geräusch entweichender Luft zu dämpfen. Als sie endlich saß, spürte sie die Müdigkeit wie einen Schwamm im Kopf und Blei in sämtlichen Gliedern. Die Campingliege mit der Polsterauflage wirkte mit einem Mal verlockend. Aber sie widerstand der Versuchung, saß lieber aufrecht, als hätte sie einen Besenstiel anstelle einer Wirbelsäule, und lauschte.
    Von Zeit zu Zeit ließ sie das Feuerzeug aufschnappen, nur ganz kurz, um einen Blick auf das Zifferblatt ihrer Uhr zu werfen. Allmählich bekam sie ein Gefühl für die Minuten, fünf, zehn, fünfzehn, dann war eine halbe Stunde um.
    Es war schon so lange still im Haus. Im Geist schlich sie nach oben und öffnete die Haustür für die draußen wartenden Polizisten, ließ alle herein, zeigte stumm auf das Wohnzimmer, dann zur Treppe. Und tief im Innern wusste sie, dass niemand vor dem Haus auf den Einsatzbefehl wartete. Sie glaubte es nicht, wollte es nicht glauben. Aber es war wohl so. Ed hatte ihre Nachricht nicht verstanden. Aber Ed würde schon noch darauf kommen, was ihr «Es tut mir leid» bedeutete, ganz ohne Zweifel. Sie musste nur durchhalten, durfte die Nerven nicht verlieren.
    Gestern um diese Zeit, dachte sie, um sich abzulenken und zu beruhigen. Sie sah sich in ihrem eigenen Bett liegen, neben Ed. Nein, gestern um die Zeit war er noch Eddi gewesen.
    Wer hatte ihre Botschaft gelesen, Ed oder Eddi? Eddi konnte das nicht interpretieren, ihn würde der lapidare Satz am Rand eines alten Zeitungsfetzens nur wütend machen. Eddi würde annehmen, dass Heiko Schramm zurückgekommen war und sie nichts Eiligeres zu tun hatte, als sich in Rasputins Arme zu werfen. Eddi war eben nur ein Mann, verheiratet mit einer wesentlich jüngeren Frau und eifersüchtig auf deren erste große Liebe, weil er ihr die als Ed nur so mühsam und zeitaufwendig hatte ausreden können.
    Eddi, dachte sie beschwörend, ich bitte dich, schau noch einmal hin! Siehst du nicht, was da steht?
Es tut mir leid, Ed!
Du weißt, was das bedeutet, Ed! Du musst es wissen. Du musst dich doch erinnern, wie ich zusammengebrochen bin, mir an dem kleinen Beistelltisch die Stirn aufgeschlagen und gewimmert habe, dass ich nie wieder
dahin
gehen, nie wieder bei Retling arbeiten kann. Du hast mich im Arm gehalten, Ed. Es war das erste Mal, dass wir beide uns so nahe waren. Das kannst du nicht vergessen haben.

    Das Ehepaar Winzen wohnte in einem Hochhaus in Porz und lag noch nicht im Bett. Über die Gegensprechanlage meldete sich überraschend schnell eine Männerstimme. Dorothea hatte beim Verlassen des Autos klargemacht, dass sie nicht daran dachte, die Verhandlungen zu übernehmen. Also beugte Edmund sich vor, nannte seinen Namen und gab sich noch einmal als psychologischer Sachverständiger aus, was ja nicht völlig aus der Luft gegriffen war. Er sprach von Dringlichkeit, bat um Einlass, und prompt summte der elektrische Türöffner. «Fünfter Stock», sagte die Männerstimme noch.
    Der Mann stand wartend in der offenen Wohnungstür, als sie aus dem Lift stiegen. Ein großer, kräftiger, aber biederer Typ in einem verwaschenen Freizeitanzug, raue Hände. Edmund tippte auf einen Handwerker.
    «Worum geht’s denn?», fragte er.
    «Können wir das drinnen besprechen?», bat Edmund.
    Ohne viel Federlesen oder weitere Nachfragen trat der Mann von der Tür zurück und ließ sie herein. Bodenloser Leichtsinn, fand Edmund.
    Eine bescheidene Wohnung. Drei Zimmer, Küche, Bad, ein schmaler Flur, die Einrichtung stammte überwiegend von IKEA . Nichts deutete auf Wohlstand hin, nirgendwo gab es Anzeichen dafür, dass Gerda Winzen einen Anteil vom Erlös der Beute bekommen oder diesen sogar komplett eingesackt hatte.
    Die Frau, auf die Edmund seine Hoffnung setzte, saß auf der Couch im Wohnzimmer, in das der Mann sie führte. Der

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