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Hoerig

Hoerig

Titel: Hoerig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arcan
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beide in Begleitung.
    Du mit Annie, um die du dich nicht gekümmert hast, ich mit Adam, den du gut kanntest: ein blonder DJ, der damals sehr en vogue war, ein aufsteigender Stern unter den DJs der Gruppe Orion, für mich ein Gelegenheits-fick. Adam studierte Annie, er suchte in ihrem Gesicht nach Spuren der Verzweiflung darüber, daß du ihr keine Beachtung schenktest, so wie man mich studierte, wenn ein Abend zu Ende ging, ohne daß du das Wort an mich gerichtet hattest. Die Party an diesem Abend hat mich nicht interessiert, sicher hast du mich für arrogant gehalten, alle halten mich für arrogant, auch wenn ich mich nur langweile und meine Gedanken abschweifen. Und an einem Abend, wo alle Ecstasy genommen haben, wird Langeweile oft mit mangelndem Gemeinschaftsgefühl verwechselt.
    Adam hat das Gespräch begonnen. Er hat vom Techno-festival in Lissabon erzählt, zu dem er eingeladen war, und du hast stolz davon berichtet, daß der Euro den amerikanischen Dollar überflügelt habe. Schon da war alles klar zwischen uns, ich wußte um deine Herkunft, weil du Flagge gezeigt hattest als Europäer im Gegensatz zu den Amerikanern, ich hatte deine Kornmandostimme vernommen, und ein paar Worte hatten genügt, mein Leben in deines hineinzuziehen. Heute bin ich sicher, daß du mich mit deiner Stimme herumgekriegt hast, alle Männer, die ich liebte, hatten in ihrer Stimme etwas wie ein gezücktes Schwert, ich wurde auch immer verlassen von allen Männern, die ich liebte, denn wenn sie nicht reden, werden Krieger zu Mördern.
    An diesem Abend war ich mit dem Herzen nicht bei dem Fest, wie man so sagt, wenn man meint, daß das Glück der anderen einem aufs Herz drückt, dabei war es eigentlich mein Fest, ich wurde Schlag Mitternacht neunundzwanzig Jahre alt; der Geburtstag war mir egal, neunundzwanzig sind noch keine dreißig, außerdem wußte keiner etwas davon, ich habe es erst sehr viel später gesagt, da war es schon früher Morgen. Obwohl es mir nicht sehr gefiel, wollte ich nicht mehr gehen, ich hatte deine Stimme gehört, für mich war es längst zu spät. Manchmal blickte ich Annie verstohlen an und war von der kindlichen Schönheit ihres Gesichts fasziniert; sie war höchstens achtzehn, und wenn sie ein Escort-Girl gewesen wäre, hätte sie an diesem Abend Furore gemacht. Auch sie beobachtete mich und hielt mich mit meinen zehn Jahren mehr wahrscheinlich für überlegen.
    Sie wußte nicht recht, was sie da sollte, in diesem Vierer-Gespräch, das sich bald auf dich und mich polarisierte, und zerdrückte eine wunderbar kitschige, rote Pailletten-Handtasche an ihrer Brust. Die Tasche war wie eine Verbindung zwischen uns, weil ich zum Ausgehen auch solche Taschen trage, anscheinend waren wir einander ähnlich, was die Accessoires betraf.
    Nach Annie wandte Adam sich Isabelle zu, seiner Ex, wahrscheinlich weil sie ihn links liegen ließ und viel zu eng mit einem andern tanzte, dessen Blick sie mit einer Schnute, die zum Kuß einlud, erwiderte. Isabelle war wie Nadine, nur sadistischer, sie beschimpfte jeden öffentlich, statt ihn wie Nadine mit Komplimenten zu überhäufen, und ihre Bosheit trug noch zu ihrer Verführungsmacht bei. Sagen wir, Adam war auch nicht anders als wir, er gehorchte bloß seinem inneren Muster und verlor dadurch immer den Boden unter den Füßen, an diesem Abend vergaß er darüber ganz seine Aura als DJ und all die Muschis in der Warteschlange seiner Groupies. Adam war wie ich, wie du, er suchte beim anderen Geschlecht nach seiner Zerstörung. Wir beobachteten, wie er Isabelle beobachtete, und du hast dich die ganze Zeit gewundert, daß ich gar nicht eifersüchtig war, ich täuschte dich durch meine Ruhe, die du wahrscheinlich meiner Arroganz zuschriebst, du hieltest mich für unberührbar, und das reizte dich sexuell.
    Du hast zu mir gesagt, deiner Ex gegenüber, die du an solchen Abenden manchmal träfest, seist du auch so, ohne genau zu sagen, was »so« war. Ich hätte sofort die Kurve kratzen sollen, als du von ihr anfingst, doch der Hochmut in deinen großen Reden forderte mich heraus, dir Paroli zu bieten und deine Schönheit zu bedenken, die um so größer war, als ich Männer im allgemeinen nicht schön finde. Diese männliche Schönheit suchte nach Worten, um mich an sich zu ziehen, und du hast viel geredet, eigentlich viel zuviel, um mich zu verführen. Du hast von deiner Leichtfertigkeit gesprochen, die darin bestehe, Frauen zu lieben, die noch leichtfertiger seien als du, du hast von

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