Hoffnung am Horizont (German Edition)
sicherer. Er bliebe eher für den Rest seines Lebens enthaltsam, bevor er eine Frau wie sie anrührte.
Ein warmer Juniwind bewegte Hannahs Spitzenvorhänge und erfüllte die Küche mit dem süßen Geruch von Geißblatt und Lavendel.
Nur was wir für Gott tun, hat Bestand.
Annabelle atmete seufzend die unterschiedlichen Dürfte ein und ließ diesen Satz, der in ihre Erinnerung eingebrannt war, auf sich wirken. Für den Rest ihres Lebens sollte er sie bei ihren Entscheidungen leiten und die guten von den schlechten Gedanken trennen, so wie die Goldsucher in ihrem Sichertrog den Goldstaub vom Schlamm trennten. Aber woher wusste sie, ob das, was ihr Herz ihr sagte, richtig war oder nicht? Sie hatte die ganze letzte Stunde über diese Frage nachgedacht. Gab es ein bestimmtes Gebet, das ihr sofortige Bestätigung bringen würde?
Jonathan hatte immer bei all seinen Entscheidungen gebetet, manchmal laut, manchmal leise. Sie wünschte sich jetzt, sie hätte damals besser aufgepasst. Er hatte oft gebetet, wenn sie ins Bett gegangen waren, und sie war manchmal beim beruhigenden Klang seiner rauen Stimme eingeschlafen, die in der Dunkelheit neben ihr mit Gott gesprochen hatte. Sie würde viel dafür geben, wenn sie wieder unter dieser Decke des Gebets liegen könnte.
„Soll ich es ihnen sagen?“
Sie drehte sich zu Patrick herum und schüttelte den Kopf. „Nein. Ich denke, das sollte ich selbst tun.“
Sie sah den Respekt in seinen Augen, als er nickte und ihr dann den Vortritt auf die Veranda ließ.
Sie schob die Mückengittertür auf und sah, dass Hannah und Mr Colby beieinandersaßen und sich unterhielten. Besser gesagt, Mr Colby bestritt die Unterhaltung und erzählte Hannah eine weitere Anekdote von seinen vielen Reisen. Annabelle schaute Hannah augenzwinkernd an. Hannahs Blick wanderte wieder zu Mr Colby zurück. Sie nickte und konzentrierte sich auf ihren Gast. Annabelle sah, wie Hannahs Mundwinkel sich langsam zu einem Lächeln verzogen, und obwohl der Blick ihrer Freundin auf Mr Colby gerichtet blieb, wusste Annabelle genau, dass dieses Lächeln ihr galt.
Matthew Taylor stand neben ihnen, hatte sich aber bis auf seine körperliche Anwesenheit völlig zurückgezogen. Er hatte die Hände in seine Jeanstaschen gesteckt, die Schultern stolz aufgerichtet, und konzentrierte seinen Blick auf die Berggipfel im Westen. Er schien eine unsichtbare Mauer um sich herum aufgebaut zu haben und rührte sich nicht einmal, als die Tür quietschend aufging.
„Meine Herren.“ Annabelle schwieg einen Moment, starrte Matthews breiten Rücken an und fragte sich erneut, ob sie die richtige Entscheidung traf und ob Jonathan etwas anderes gewollt hätte. Sie wartete, bis Mr Colby von der Schaukel aufstand und Matthew sich umdrehte.
Matthew nahm die Hände aus den Taschen und sah sie vorsichtig an. Seine Augen wanderten zu ihren, dann wieder weg und dann wieder zu ihr zurück. Diese unbewusste Bewegung verriet ihr seine Aufrichtigkeit. Erinnerungen an Jonathans Erzählungen über ihre gemeinsame Kindheit stiegen in ihr auf und sie sah in Matthew plötzlich den vernachlässigten, misshandelten Jungen, der immer noch tief in ihm steckte. Zu ihrer eigenen Überraschung erwärmte sich ihr Herz für ihn.
Matthew schien diese Stelle unbedingt zu wollen, und das ergab einfach keinen logischen Sinn. Er empfand ihr gegenüber ganz gewiss keine Loyalität, auch wenn sie die Witwe seines Bruders war. Vielleicht wollte er den Job nur wegen des Geldes. Mit seinen unbewusst geballten Fäusten und zusammengebissenen Zähnen strahlte er etwas Verzweifeltes aus.
„Ich möchte Ihnen beiden noch einmal sagen“, fuhr sie fort und versuchte, ihre Gedanken zu sammeln, „wie dankbar ich Ihnen bin, dass Sie sich für diese Stelle beworben haben. Ich bin von Ihren Erfahrungen beeindruckt und habe nicht die geringsten Zweifel, dass jeder von Ihnen meinen Schutz und mein Wohlergehen auf dieser Fahrt garantieren könnte.“
Sie trat einen Schritt auf Bertram Colby zu und sah, wie Matthew langsam den Kopf hängen ließ. Sie beobachtete aus dem Augenwinkel, wie er einen halben Schritt zurücktrat. „Mr Colby, Ihre Geschichten sind faszinierend und haben in mir den Wunsch verstärkt, mein neues Zuhause in Idaho bald zu sehen. Ich danke Ihnen nochmals für Ihre Bereitschaft, mich zu begleiten, aber … ich habe beschlossen, Mr Taylor als Scout für diese Reise einzustellen.“
Annabelle sah, wie Matthews Kopf in die Höhe schoss. Patricks Augen wurden
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