Hoffnung am Horizont (German Edition)
groß vor Überraschung, aber Hannah lächelte verhalten.
„Kein Problem, Madam. Taylor hier wird das gut machen, davon bin ich überzeugt.“ Die Aufrichtigkeit in Mr Colbys Stimme klang echt. Ein tiefes Lachen stieg aus seiner Brust auf. „Aber ich werde es vermissen, Ihnen nachts am Lagerfeuer meine Geschichten zu erzählen. Ich hätte viele zu bieten.“
„Daran zweifle ich keine Sekunde, und ich werde Ihre Erzählungen sicher auch vermissen.“ Sie hoffte, er spürte ihr ihre Dankbarkeit ab. „Und nochmals danke, Mr Colby, für das, was Sie vorhin gesagt haben: Dass mein Mann stolz auf mich wäre, weil ich diese Fahrt antrete. Ein größeres Kompliment hätten Sie mir nicht machen können, Sir.“
Colby ergriff ihre Hand, führte sie an seine Lippen und küsste sie leicht. Kein Mann, nicht einmal Jonathan, hatte das je bei ihr gemacht. Annabelle starrte ihn wortlos an. Warum gab es ihr das Gefühl, eine geachtete Dame zu sein, wenn ein Mann mit den Lippen leicht ihren Handrücken berührte? Egal, ob sie diese Geste verdiente oder nicht.
Mr Colby drückte sanft ihre Fingerspitzen und ließ sie dann los. Seine grauen Augen waren aufmerksam, und Annabelle fand wieder, dass Bertram Colby das freundlichste Auftreten hatte, das ihr je begegnet war.
„Ich glaube, Madam, dass die, die uns vorangehen, zurückschauen und sehen können, was aus ihren Lieben hier auf der Erde wird. Man sagt mir zwar immer wieder, dass das falsch ist, und dass die, die dieses Leben hinter sich haben, sich keine Gedanken mehr darüber machen, was hier geschieht. Aber mir gefiel immer die Vorstellung, dass sie uns gemeinsam anfeuern, wenn wir fallen oder eine schwere Zeit durchmachen. Falls das so sein sollte, dann tut Ihr Mann das jetzt bestimmt, Madam. Er feuert Sie an und ermutigt sie. Sie und Ihr Kind, das Sie erwarten.“
Sie hörte, wie Matthew scharf einatmete. Seine kühle Reaktion verdrängte die kurzzeitige Wärme, die sie bei Mr Colbys freundlichen Worten gespürt hatte. Matthew hatte es in letzter Zeit nicht leicht gehabt. Es war für ihn bestimmt schwer gewesen, auf diese Weise von Jonathans Tod zu erfahren. Und jetzt erfuhr er auf ähnliche Weise von Jonathans Kind. Sie hatten keine Gelegenheit mehr gehabt, über Jonathan zu sprechen, und Annabelle hatte ihre Schwangerschaft auch nicht absichtlich vor Matthew geheim gehalten. Aber sie war auch nicht sonderlich auf seine Reaktion erpicht gewesen.
Als Mr Colby ging, war es, als wäre die Veranda auf die Hälfte ihrer Größe zusammengeschrumpft.
Niemand sprach ein Wort.
Annabelle sah Mr Colby nach, wie er in Richtung Stadt ging, obwohl sie wusste, dass Patrick und Hannah warteten. Sie atmete tief ein.
Bisher hatte sie Matthews Gedanken gut deuten können, doch jetzt kam Annabelle keinen Schritt weiter, als sie ihn anschaute. Seine Augen waren dunkel, ausdruckslos und einschüchternd. Ganz anders als Jonathans vertrauensvoller, ehrlicher Blick.
Annabelle nahm sich vor, nicht als Erste nachzugeben. Diese Lektion hatte sie schon in sehr jungem Alter lernen müssen. Einschüchterung war etwas, mit dem eine Frau in ihrem früheren Beruf schnell umgehen können musste, sonst hielt sie nicht lange durch.
Ihr Puls raste zwar auf Hochtouren, aber sie beherrschte es meisterhaft, einen gleichgültigen Blick aufzusetzen, trotz des Schmerzes, der in ihrer Brust wütete. „Bevor Mr Colby unseren Blicken entschwindet, sollte ich Sie vielleicht noch einmal fragen, Mr Taylor, ob Sie immer noch an dieser Stelle interessiert sind.“
Verschiedene Gefühle zogen wie Wolken über Matthews Gesicht, aber sie sah ihm an, dass er etwas sagen wollte. Er warf einen kurzen Blick auf Patrick und Hannah, als fiele ihm erst in diesem Moment wieder ein, dass sie noch da waren, dann sah er sie wieder an.
Die Muskeln um seinen Mund waren angespannt. „Woher wissen Sie, dass es sein Kind ist?“
Annabelles erster Impuls war es, scharf zu reagieren. Dann betrachtete sie die Sache aus seiner Perspektive und nickte. „Das ist unter den gegebenen Umständen eine berechtigte Frage. Ich weiß, dass das Baby von Jonathan ist, weil ich seit Juni letzten Jahres mit keinem anderen Mann mehr zusammen war.“
Matthew nickte langsam, aber seine ganze Haltung beschimpfte sie als Lügnerin.
„Ich nehme an, Mr Taylor, dass Sie rechnen können?“
„Oh, ich kann sehr gut rechnen, Madam. Aber ich weiß auch, wie Frauen wie Sie arbeiten, und deshalb passt das alles für mich einfach nicht zusammen. Warum
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