Hoffnung am Horizont (German Edition)
diesem Bordell freizukaufen. Sie haben das zugelassen, obwohl Sie die ganze Zeit wussten, dass Sie sich nichts aus ihm machen. Aber er wusste es auch. Oder haben Sie diesen Teil unseres Gesprächs nicht gehört? In der Nacht in dieser Hütte? Johnny hat mir damals gesagt, dass Sie ihn nicht lieben, also bitte tun Sie nicht so, als hätten Sie etwas anderes für ihn empfunden. Was das angeht, so wusste selbst er die Wahrheit!“
Matthew Taylor war ein gutes Stück größer als sie und gab eine imposante Figur ab, besonders wenn er wütend war. Er ballte mehrmals die Fäuste und öffnete sie wieder. Annabelle bezweifelte, dass ihm bewusst war, was er da tat, aber sie fürchtete seine Fäuste nicht. Sie hatte bereits erkannt, dass sie von ihm nichts zu befürchten hatte, denn sie hatte einen Blick für Männer, die ihre Fäuste gegen Frauen einsetzten.
Verschiedene Gedanken schossen ihr durch den Kopf.
Sie hatte Männer, deren Blicke ähnlich verächtlich gewesen waren, in ihre Schranken verwiesen, und das hatte ihr Genugtuung bereitet. Normalerweise kam diese Verachtung erst, wenn die Männer bekommen hatten, was sie wollten, sich wieder anzogen und die scheinbare Ehrbarkeit, die sie vor der Tür gelassen hatten, wieder anlegten. Oder wenn sie Annabelle später in der Stadt sahen. Anstelle ihrer früheren Wollust war dann Verachtung getreten und sie taten so, als gäben sie ihr die Schuld für das, was geschehen war.
Jonathan hatte gesagt, dass die Person, die sie früher gewesen war, tot und begraben und letzten Sommer in der schnellen Strömung des Fountain Creek weggespült worden war. Aber während sie hier stand, mit Matthews Anschuldigungen konfrontiert wurde und ihr eine schneidende Bemerkung auf der Zunge lag, war sie sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob das stimmte.
Matthews Missbilligung traf sie tief und es drängte sie, die scharf geschliffene Klinge bitterer Worte gegen ihn zu richten. Sie wusste auch, wie sie das angehen musste. Matthew wollte über die Wahrheit sprechen? Sie hatte nichts dagegen!
„Ich habe an jenem Abend in der Hütte vieles gehört, Mr Taylor. Einiges davon war … sehr persönlich .“ Sie genoss es, zu beobachten, wie seine honigbraunen Augen etwas von ihrem Selbstvertrauen verloren. „Dinge, die ich lieber nicht gehört hätte.“
Seine Kiefermuskulatur spannte sich an und sein Kopf nahm eine herausfordernde Haltung ein.
„Ich finde es komisch, dass ein Mann wie Sie, der offensichtlich so viel über Menschen und besonders über Frauen wie mich weiß, es irgendwie geschafft haben kann …“
Die Worte blieben ihr im Halse stecken. Etwas, das Bertram Colby gesagt hatte, ging ihr durch den Kopf und sie konnte die grausamen Worte nicht über die Lippen bringen. Es beschämte sie, wenn sie daran dachte, dass Jonathan ihr jetzt zuhören oder ihre Gedanken lesen könnte und wüsste, was sie vorhatte. Besonders wenn sie sich daran erinnerte, wie freundlich Jonathan zu ihr gewesen war und wie sehr er seinen Bruder geliebt hatte.
Matthew verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Nehmen Sie kein Blatt vor den Mund, Miss Grayson.“ In einer Geste, die ihr inzwischen an ihm vertraut war, zog er eine Braue hoch und bedachte sie mit einem schiefen Lächeln. „Und nehmen Sie bitte keine Rücksicht auf mich.“
In einer anderen Situation hätte sie es genossen, dass er genau die Worte benutzte, die sie vor wenigen Momenten zu ihm gesagt hatte. Aber in diesem Fall nicht.
Sie bemühte sich, eine andere Antwort zu finden, eine Antwort, die der Herausforderung in seinem Blick gewachsen wäre. „Ich wollte sagen, Mr Taylor, dass ich es komisch finde, wie ein Mann, der meint, er hätte so viel Ahnung von Menschen und verstünde ihre Motive, seinen eigenen Bruder nicht verstehen konnte.“ Jonathans Gesicht tauchte vor ihrem geistigen Auge auf, während sie zusah, wie Matthews Lächeln verblasste. Etwas tief in ihrem Inneren öffnete sich, und die nächsten Worte kamen fast wie von selbst über ihre Lippen. „Sie stehen hier und tun so, als hätten Sie sich so viel aus Ihrem Bruder gemacht, während ich doch mit eigenen Augen gesehen habe, wie Sie Jonathan bewusst aus Ihrem Leben aussperrten. Wie Sie diese verletzenden Dinge zu ihm gesagt haben und dann einfach gegangen sind, nachdem Sie sich so viele Jahre nicht gesehen hatten. Sie haben nicht einmal Lebewohl gesagt. Ich frage mich … ob Sie auch nur die leiseste Ahnung haben,
Weitere Kostenlose Bücher