HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK
ich den Tod finde, musst du Emma vor Forster beschützen. Gib mir dein Wort darauf.“
Kit grinste. „Gern, Hugo, aber das ist nicht nötig. Er hat Pistolen gewählt.“
Hugo presste die Lippen zusammen. Das konnte nicht sein.
„Warum siehst du so überrascht aus?“, fragte Kit. „Du bist doch selbst davon ausgegangen. Der Kerl hat nicht die Courage für einen langen Kampf. Um ehrlich zu sein, ich bin nicht sicher, ob er genug Mut für irgendeine Art von Kampf besitzt. Natürlich haben wir ihn nicht angetroffen, seine Sekundanten indes schienen wegen irgendetwas außerordentlich beunruhigt.“
„Das ist jetzt nicht wichtig. Sag mir, was ihr vereinbart habt.“
„Morgen früh, fünf Uhr“, antwortete Kit. „Nun muss ich mich darum kümmern, dass ein Arzt dabei ist. Das werde ich gleich erledigen.“
„Gut.“ Hugo nickte knapp. „Ich muss ebenfalls gehen, ich bin spät dran.“ Er nahm die Hand seines Bruders und drückte sie fest. „Und ich danke dir.“
Es kostete viel Zeit, eine Droschke zu finden, und es dauerte, bis diese sich den Weg durch den Londoner Verkehr gebahnt hatte. Die ganze Stadt schien an diesem Sonntagmorgen auf den Beinen zu sein.
Als er ankam, waren Emma und ihre Tante bereits fort.
Ungeduldig hastete Hugo zur Kirche, doch der Gottesdienst hatte bereits begonnen. Er musste warten und sich zu ihr gesellen, wenn sie herauskam, als sei das die normalste Sache der Welt.
Er hatte das Gefühl, Stunden damit zu verbringen, die St. George Street auf und ab zu laufen. Es blieb ihnen nur wenig Zeit, und die sollten sie zusammen verbringen.
Endlich traten die Kirchgänger aus dem Eingang. Die meisten blieben stehen, um ein paar Worte mit dem Vikar zu wechseln. Wo war Emma? Er suchte die Menge nach ihrer zierlichen blonden Gestalt ab, indes vergeblich. Er überquerte die Straße und stieg die Stufen hinauf, bahnte sich seinen Weg durch die plaudernden Gläubigen. Dann entdeckte er Emma und ihre Tante, halb versteckt zwischen zwei dicklichen Damen.
Emmas Miene hellte sich bei seinem Anblick auf. Sie lächelte ihm zu, ein wunderbares, herzliches Lächeln, wie sie es ihm nie zuvor geschenkt hatte. Gewiss wollte sie ihm damit bedeuten, dass sie ihm verziehen hatte – und vielleicht noch mehr?
Hugo streckte seine Hand nach ihr aus. Sie kam wortlos zu ihm und lächelte weiter, während er ihre behandschuhten Finger in seine Armbeuge legte und sie sacht drückte. Er blickte hinunter in ihr strahlendes Gesicht. Es gab nichts zu sagen. Es genügte, sie zu spüren, zu sehen, wie sie zu ihm aufblickte mit diesem sanften Glanz in ihren azurblauen Augen.
„Sie kommen spät, Major.“
Diese unmögliche Tante! Für einen Moment war ihm gewesen, als stände er mit Emma allein auf den Stufen, aber das war eine Illusion. Die Wirklichkeit trat zwischen sie – in Gestalt von Mrs. Warenne.
„Guten Morgen, Madam.“ Hugo verbeugte sich rasch, sodass sie ihm nicht ihre Hand darbieten konnte. Er wollte seine Gemahlin nicht einmal für eine Sekunde loslassen. „Ich fürchte, ich bin aufgehalten worden. Bitte verzeihen Sie.“
Mrs. Warenne nickte und beschrieb dann außerordentlich detailliert den Segen des Gottesdienstes, den er verpasst hatte.
Hugo holte tief Luft, während er gegen das Bedürfnis ankämpfte, die Dame zu erwürgen. Er wollte – er musste mit seiner Gemahlin allein sein, doch ihre Tante schien entschlossen, das zu verhindern. Gerade begann sie, Pläne für den Rest des Tages zu schmieden. Besaß sie denn überhaupt kein Feingefühl?
Wohl nicht.
„Ah, da ist ja endlich die Kutsche“, verkündete sie schließlich. „Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, da es für heute Abend keine Einladungen gibt, dachte ich, wir könnten ganz formlos dinieren und anschließend etwas Musik hören. Emma könnte für uns singen. Sie hat eine so schöne Stimme. Wissen Sie, Major, dass sie praktisch gar keinen Unterricht hatte, ehe sie mit sechzehn Jahren zu mir kam? Ein Versäumnis meines Bruders, was ich ihm sehr deutlich zu verstehen gegeben habe. Indes habe ich das schnell geändert. Man musste ganz einfach die allerbesten Lehrer in London ausfindig machen, und da kannte ich mich aus.“
Hugo fühlte einen leichten Druck auf seinem Arm. Er blickte zu seiner Gemahlin hinunter. Sie lächelte nun wieder höflich, wie es die Situation erforderte, während sie ihrer unverbesserlichen Tante lauschte, ihr Gesicht hingegen sprach Bände. Er entdeckte darin unterdrücktes Lachen, Resignation – und
Weitere Kostenlose Bücher