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Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Titel: Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Levison
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gibt’s keinen passenden Eintrag. Damit brauchen wir uns gar nicht mehr zu befassen …«
    »Jetzt aber mal halblang, Sie Scheißkerl – auf wessen Seite sind Sie eigentlich?«
    »Ich arbeite seit drei Monaten an Ihrem Fall, und ich weiß wirklich nicht, wie ich die Geschworenen davon überzeugen soll, an Ihrer Schuld zu zweifeln«, sagt er händeringend.
    Ich seufze und stütze meinen Kopf auf den Händen ab. Mein Anwalt ist nicht nur der Meinung, dass ich schuldig bin, der Mann hat eine andere Möglichkeit überhaupt nie in Erwägung gezogen. Er hört nicht zu, und er bemüht sich nicht. Er hat nie versucht, sich vorzustellen, wie es mir hier geht, eingesperrt und Tag für Tag nichts anderes zu tun, als durch mein Zellenfenster dem Überwachungswagen zuzuschauen, mich so viel mit Robert zu unterhalten, dass ich Angst bekomme, so zu werden wie er, und darauf zu warten, dass die Welt endlich wieder zur Vernunft kommt. Ich bin mir sicher, dass er sich wünschte, ich wäre an meinem Blinddarmdurchbruch gestorben; um wie viel einfacher das sein Leben gemacht hätte.
    »Ich will einen anderen Anwalt«, erkläre ich in ruhigem Ton. »Sie … Sie machen das nicht gut.«
    Ich erwarte, dass ihn das verletzt, dass er sich verteidigen wird, aber er zuckt nur mit den Achseln. »Glauben Sie mir, wenn das möglich wäre, wäre es längst passiert«, sagt er. »Ich bin Vater einer zwölfjährigen Tochter.«
    »Was zum Teufel soll denn das nun wieder bedeuten?« Kaum bin ich aufgesprungen und habe mich vor ihn hingestellt, wird die Tür geöffnet, und im nächsten Augenblick steht der Wärter neben mir. Meine Beine sind gefesselt, und ich bin ohne Gleichgewichtssinn – was bleibt mir übrig, als mich rumschubsen zu lassen?
    »HINSETZEN!«, brüllt mich der Beamte an. Ich folge nicht, bleib einfach stehen und blicke ihn herausfordernd an, da legt er mir beide Hände auf die Schultern und drückte mich zurück auf den Stuhl. Ich spüre noch immer die Kraft seiner gewaltigen Hände, die am liebsten noch ärger mit mir verfahren wären, als hätten sie ihren eigenen Willen. »Bei Ihnen alles okay?«, fragt er meinen Anwalt.
    »Alles klar«, sagt er zum Wärter, und ich bemerke die Angst in seinen Augen. Der Kerl fürchtet sich vor mir. Der wünscht sich mehr als jeder andere, dass ich eingesperrt bleibe. Der will den Prozess nicht aus Faulheit verhindern, sondern weil er mich für ein Monster hält. Ich blicke ihn an und spüre, dass sich in meinen Augenwinkeln Tränen angesammelt haben. Mir egal. Die Tränen rinnen über meine Wangen, und ich versuche gar nicht, sie wegzuwischen, während er über Prozesstermine zu faseln beginnt. Als er mir schließlich den Termin nennt, habe ich tatsächlich zu schluchzen begonnen, was er ignoriert. Er zieht ein Blatt Papier hervor und reicht es mir rüber.
    »Sie müssen hier unterschreiben«, sagt er.
    Ich versuche zu lesen, kann aber wegen der Tränen kaum etwas erkennen. Es würde mich nicht wundern, wenn er mir mit Unterstützung und auf Anraten der Polizei ein Geständnis vorgelegt hätte, also starre ich mit leerem Blick auf das Blatt Papier, als ob ich es läse. Eine Träne tropft auf das Blatt. Am oberen Rand erkenne ich jetzt das Logo der Immobilienfirma, der das Gebäude gehört, in dem ich mal gewohnt habe.
    »Das ist von Ihrem Vermieter«, sagt er und verstaut gleichzeitig seine Unterlagen in seiner Aktentasche. »Sie haben seit vier Monaten keine Miete bezahlt, also hat man Sie delogiert. Mit Ihrer Unterschrift erklären Sie sich einverstanden, dass der Vermieter zur Abdeckung der Mietschulden Ihre Sachen verkaufen darf.«
    Ich starre das Papier an, überwältigt von einem Gefühl vollkommener Hilflosigkeit. Die nehmen mir mein gesamtes Eigentum weg. In meiner Vorstellung sehe ich gelangweilte Tagelöhner meine Sachen durchsuchen, wie sie mein Besteck, meine Zahnbürste und meine Bücher zum Mist werfen, darüber streiten, wer meine volle Schachtel Waschmittel abbekommt, meinen Feldstecher, meine CDs. Auch wenn ich freigesprochen werden sollte, werde ich mittellos auf der Straße stehen. Ich gebe ihm das Papier zurück.
    »Die sollen mich mal«, sage ich.
    Er nimmt mir das Blatt aus der Hand, legt es in seine Tasche und zuckt mit den Achseln. »Wie Sie wollen. Ist ja nur eine Formalität.«
    »Was passiert, wenn ich nicht unterschreibe?«
    »Dann müssen die Sie klagen. Wenn der Prozess durch die Instanzen geht, sind Sie finanziell ruiniert.« Er steht auf und nickt dem

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