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Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Titel: Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Levison
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der Wagen meiner Ex, die habe den heiß geliebt, also würde ich ihn extra billig verkaufen, um sie zu ärgern. Der Mann hat mir das aber nicht abgekauft. Der hat bloß meine Papiere angestarrt, wollte meinen Führerschein sehen und den ganzen Scheiß. Ich erzähle ihm, ich habe meinen Führerschein verloren, zeige ihm aber die Kreditkarte des von mir getöteten Mannes. Was soll ich sagen, irgendwie hat der gerochen, dass da was faul war.«
    »Warum hast du ihn nicht umgelegt?«
    Er denkt eine Weile nach. »Weißt du, ich wünschte, das hätte ich getan, ist mir aber gar nicht in den Sinn gekommen. Ich war einfach nicht bereit, jemanden zu töten. Mir ging es nur darum, das Auto zu verkaufen. Ich hab ja auch sonst nicht aus einem Impuls heraus getötet oder so. Hatte nicht mal eine Waffe bei mir. Und eigentlich war ich immer ziemlich gut darin gewesen, mich aus einem Schlamassel herauszureden. Aber dieser Typ war so wie diese alten Farmer aus dem Osten von Texas, du weißt schon, die nicht viel reden, bloß dasitzen, vor sich hin starren und alles um sich herum aufsaugen. Es gibt einfach Leute, die du nicht bescheißen kannst, so viel Charme bringst du nie im Leben auf.« Er lacht.
    Während der restlichen Ausgangszeit unterhält mich Robert mit Beschreibungen seiner Verbrechen. Er suchte über Stellenanzeigen in den Zeitungen Büromitarbeiter. Auf die Idee war er Jahre zuvor gekommen, als er in der Personalabteilung einer großen Versicherungsgesellschaft angestellt war und feststellte, wie viel persönliche Informationen die Menschen in ihren Bewerbungsschreiben preisgaben. Nachdem er entlassen wurde, kam er auf die Idee, er könne mehr verdienen, wenn er zum Schein eine Bürostelle anbot und die Bewerber dann um die Ecke brachte, nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie alleinstehend und gut bei Kasse waren.
    »Perfekt waren Leute, die gerade nach Texas gezogen waren«, sagt er schmunzelnd. »Von denen hatten die meisten ein wenig Cash am Konto. Wer umzieht, legt für gewöhnlich etwas Knete zur Seite. Gar nichts anfangen konnte ich hingegen mit Bewerbern, die ihr Konto bereits bis aufs Maximum überzogen hatten und mit dem Bus zum Einstellungsgespräch kamen. Ich meine, was zum Teufel soll ich mit sowas anfangen? Zum Beispiel die eine Lady, alleinerziehende Mutter, die drauf und dran war, ihre Wohnung zu verlieren. Die hat permanent angerufen und mich um den Job angefleht. Als dann später in allen Zeitungen über mich berichtet wurde, war sie wahrscheinlich heilfroh, dass ich sie nicht einstellen wollte.« Er kichert. »Dumme Kuh.«
    Robert ist ja wirklich charmant. Während er einige seiner Opfer beschreibt, stelle ich mir vor, wie ich einen Job als Bürogehilfe suche und ganz freudig erregt über das hohe Gehalt bin, das da versprochen wird. Ich sehe mich, wie ich mich, möglichst seriös gekleidet, zum Vorstellungsgespräch aufmache. Dann die typische Situation beim ersten Treffen mit einem zukünftigen Arbeitgeber – der Handschlag, das Lächeln, diese Gewissheit, dass du einen guten Eindruck hinterlässt. Und die Freude beim Nachhausefahren, in dem Bewusstsein, dass alle mit der Arbeitslosigkeit verbundenen Ängste und Belastungen endlich vorbei sind.
    »In ihrer ersten Arbeitswoche, wenn ich ihnen so ein bescheuertes Datenbankprogramm beibrachte, fingen sie immer damit an«, sagt er reumütig.
    »Womit?«
    »Mich Bob zu nennen.« Er starrt vor sich hin, ehe er plötzlich mit erhöhter Intensität weiterspricht. »Ich habe mich immer als Robert vorgestellt. Habe immer mit ROBERT unterschrieben. Zu keinem Zeitpunkt habe ich je angedeutet, dass ich anders als Robert heißen könnte. Doch nach ein paar Tagen hat absolut jeder …« Er schüttelt seinen Kopf eingedenk des traurigen und doch unausweichlichen Verlaufs der Ereignisse. »Ich meine, was zum Teufel hätte ich denn tun sollen?«
    Er lehnt sich gegen die Tribünenstufe zurück, und erneut ändert sich sein Ausdruck, diesmal von zorniger Intensität zu ernsthafter Sorge. »Hey«, fragt er, sich in der Sonne räkelnd. »Kann ich dich mal was fragen?«
    »Ja bitte?«
    »Gab’s im Krankenhaus scharfe Schwestern? Mann, an manchen Tagen hab ich ganz arg Lust auf Mösen.«
     
    Ich bin zunehmend unfähig, die Tage voneinander zu unterscheiden. Ich frage mich, ob ich im Begriff bin, verrückt zu werden. Würde ich es überhaupt bemerken? Ich bin der normalste Typ, den ich kenne, doch der einzige Mensch, mit dem ich näheren Kontakt habe, ist ein

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