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Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asa Anderberg Strollo
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Visby der schönste Ort auf Erden ist.
    »Wir waren zusammen dort.«
    Jonna macht große Augen, und Alex fährt stolz fort: »Ja, ehrlich, ich war mit Minken bei seinen Eltern, als wir frisch verliebt waren.«
    Minken nickt, und plötzlich entsteht so ein Moment, von dem man sich wünscht, dass er nie vorübergeht. Alex und Minken sehen sich an und lächeln etwas schief über eine gemeinsame Erinnerung, und Jonna wird ganz warm ums Herz. Später wird es eben dieser Moment im Betonraum sein, von dem sie sich wünscht, dass sie ihn als den letzten und einzigen in Erinnerung hätte.
    »Wie spät ist es?«
    Alex antwortet, und Minken zieht den Reißverschluss seiner Jacke zu, schlägt die Kapuze hoch und geht.
    *
    Danach verliert das Dasein alle Struktur.
    Es fängt damit an, dass Jonna und Alex mit der U-Bahn zum Slussen fahren und dann zum Skanstull, um wie geplant in der Abstellkammer bei Elina zu schlafen. Jonna fühlt sich so leicht und gut, natürlich wegen Minken, aber auch, weil sie Alex einen sicheren Schlafplatz bieten kann, für den die Freundin sich nicht prostituieren muss.
    Sie hakt sich bei Alex unter, und gemeinsam grölen sie »Stille Nacht, heilige Nacht«, so laut und falsch sie nur können, auf den Treppen hinauf zum Ringen, wo die Straße wie ausgestorben daliegt. Dann singen sie »Hej Tomtegubbar«, während sie am Kiosk vorbeikommen, der auch geschlossen ist – diesmal würdigt Jonna die Aushänger keines Blickes – und dann gehen sie Arm in Arm die letzten Meter zu der Ecke mit dem Eingang.
    »Was ist denn das?«
    Schon von Weitem sehen sie, dass die Tür zum Müllraum offen steht. Schweigend gehen die Mädchen weiter darauf zu, bis sie in der Türöffnung die Rücken von zwei Männern sehen, die dort drinnen stehen. Den einen kennt Jonna nicht, aber der andere könnte der mit der Golfkappe sein, was hat Elina noch über ihn gesagt? Der Vorstand der Wohnbauvereinigung? Was machen die denn um ein Uhr nachts im Müllraum? Die arme Elina, die jetzt gestört wird! Jonna steckt den Kopf durch die Türöffnung und fährt zusammen – die Tür zu Elinas Raum steht auch offen! Plötzlich wollen die Beine sie nicht mehr tragen, Alex muss sie halten, als sie wankt und beinahe umkippt.
    Es ist überhaupt nichts mehr da.
    Die Matratze und die Decke. Sämtliche Kuscheltiere von Elina. Die Schachteln, die sie geklaut haben, die Lichterkette an der Decke. Jonnas Notizbuch, die Schultasche, der Bleistifttroll von Papa.
    Alles weg.
    »Bist du sicher, dass es hier war?«
    Alex umklammert Jonnas Arm so fest, dass es wehtut, und sie flüstert, aber ihre Stimme ist belegt. Sie hat schon kapiert, dass es hier war.
    Aber jetzt ist nichts mehr da.
    Jetzt ist gar nichts mehr da, nichts von dem, was Elinas Rückzugsraum war, ihr Zuhause.
    Die Plastikkapsel.
    Jonna zuckt zusammen, als ihr die einfällt, und sie fängt an, derart stark zu zittern, dass Alex sie kaum mehr aufrecht halten kann. Sie stützt sich an einem großen Plastikcontainer ab, auf dem »Selbergs« steht, sechs, sieben, acht Buchsta ben, ihr Körper zuckt seltsam. Der Container quillt über von zerknülltem Weihnachtspapier in Rot, Gold und Grün, mit Herzen, Weihnachtsmännern und Schlitten. Sie schaut schnell woandershin, starrt stattdessen auf die Kratzer auf Elinas Tür, die darauf hinweisen, dass das Schloss mit Gewalt aufgebrochen worden ist.
    Wo sind all die Sachen? Und wo ist Elina?
    Da bewegen sich die Rücken der Männer plötzlich, jetzt wenden sie sich um und starren verwirrt zwei zerzauste Teenager an, die da an einem Abend zwischen den Jahren wie Gespenster im kalten Licht der Leuchtstoffröhren im Müllraum stehen. Es wird seltsam still, zwei, drei Sekunden, aber dann besinnt sich der mit der Golfkappe, räuspert sich forsch und fragt: »Sucht ihr was Bestimmtes?«
    Sie rennen weg. Zur Eingangstür, wo sie alle Türcodes drücken, die ihnen einfallen, Beschwörungen flüstern und eis kalte Fingerspitzen auf einen Knopf nach dem anderen Knopf pressen. Und wie durch ein Wunder kommen sie schließlich in dieses Treppenhaus. Rennen vier Treppen hoch und klingeln tausendmal an der Tür mit einem Weihnachtskranz aus Wacholderreisig und silberfarbenen Tannenzapfen. »Frohes Fest« steht immer noch auf der roten Schleife, aber auch diesmal öffnet keine ehemalige Lehrerin die Tür, sie rufen und schreien »Maggan!« in den Briefschlitz, doch in der Wohnung ist es dunkel und still. Keiner zu Hause.
    Also rennen sie eine Treppe tiefer, und es ist

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