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Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
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fügte er mit einem humorlosen Lächeln hinzu, »es dürfte wiederum nicht so viel sein, daß ein kräftiger Bursche wie du nicht in der Lage wäre, es zu tragen.«
»Ihr seid ja wahnsinnig«, sagte Andrej leise, aber aus tiefster Überzeugung.
»Keineswegs«, entgegnete Krusha gelassen. »Wie ich schon sagte: Wir gehen ein gewaltiges Risiko ein, indem wir dir helfen. Unser Leben ist verwirkt, wenn man uns zusammen mit euch aufgreift. Hohes Risiko, hoher Preis.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber es ist natürlich deine Entscheidung.«
»Aber laßt Euch nicht zu viel Zeit damit«, fügte Ják hinzu. Es waren die ersten Worte, die er sprach, seit sich Andrej an den Tisch gesetzt hatte. Er hatte eine leise, aber sehr klare Stimme, die so gar nicht zu seinem verwitterten Gesicht paßte. »Eure Leute sollen noch in dieser Nacht fortgebracht werden.«
»Wohin?« fragte Andrej.
Ják lächelte und schwieg.
»Also?« fragte Krusha. »Hast du dich entschieden?«
»Habe ich denn eine Wahl?« antwortete Andrej dumpf.
»Nein«, sagte Krusha unumwunden. »Du wirst alles Nötige erfahren, sobald wir im Besitz der Schatztruhe sind. Wir verlangen nichts Unmögliches. Ják arbeitet im Schloß, er wird dich hineinschmuggeln, sobald die Son
ne untergegangen ist. Und er wird dir auch den Weg zu den Gemächern des Herzogs zeigen. Alles, was du zu tun hast, ist, die Wachen auszuschalten und den Inhalt der Schatztruhe in zwei oder drei Lederbeutel umzufüllen, die du dann aus dem Fenster wirfst. Sergé und ich werden zur verabredeten Stunde draußen stehen, um sie aufzufangen.«
»Wir sind keine Diebe!« begehrte Frederic auf, aber Andrej brachte ihn mit einer unwilligen Geste zum Schweigen.
»Wenn es so einfach ist, warum tut ihr es dann nicht selbst?« fragte er.
»Niemand hat behauptet, daß es einfach wäre«, antwortete Krusha gelassen. »Außerdem: Warum ein unnötiges Risiko eingehen, wenn man die Arbeit anderen überlassen kann?«
Andrejs Gedanken rasten, schienen sich zugleich aber wie durch zähen Morast zu bewegen. Krushas Vorschlag gefiel ihm überhaupt nicht, und er roch zudem geradezu nach einer Falle. Aber wenn der Grauhaarige tatsächlich die Wahrheit gesagt hatte, blieb ihm gar keine andere Wahl.
»Und wer sagt mir, daß ich euch trauen kann?« fragte er, wobei er abwechselnd Krusha und Sergé anblickte.
»Niemand«, antwortete Krusha gelassen. »Aber wenn wir dich hätten verraten wollen, um in den Besitz des Kopfgeldes zu kommen, hätten wir das leichter haben können. Wie gesagt: Es ist deine Entscheidung. Die Gefangenen sollen eine Stunde nach Mitternacht weggebracht werden. Du hast also noch ein wenig Zeit, über unser Angebot nachzudenken.«
»Sagen wir, bis ich mein Bier ausgetrunken habe«, fügte Sergé hämisch hinzu. Krusha verdrehte unwillig die Augen, schwieg aber.
»Ihr habt den Schmerz über den Tod eurer Brüder anscheinend schnell überwunden«, bemerkte Andrej bitter.
»Keineswegs.« Krushas Blick wurde hart. »Einer der drei Mörder ist bereits tot, und auch die beiden anderen werden diese Stadt nicht lebend verlassen.
Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.«
»Und hättest du den Pfaffen nicht getötet, dann hätte ich es getan«, fügte Sergé hinzu. Er hob seinen Bierkrug, leerte ihn in einem einzigen Zug und knallte ihn so wuchtig auf die Tischplatte, daß ihnen einige der anderen Gäste stirnrunzelnde Blicke zuwarfen. »Also?«
Andrej sah den Grauhaarigen an. »Wie komme ich ins Schloß hinein?«

13
    Nach Einbruch der Dunkelheit sah das Schloß noch weniger wie ein Schloß aus, ja, es wirkte nicht einmal mehr wie eine Burg oder Festung; der gewaltige Umriß erinnerte Andrej eher an einen düsteren, von Dämonen bewohnten Berg, dessen Grate und Gipfel in unbestimmbarer Entfernung mit der Schwärze des Himmels verschmolzen und aus dessen Flanken ihn winzige, boshafte Teufelsaugen anstarrten.
    Nichts davon war mehr als eine optische Täuschung oder das, was seine überreizten Nerven in dieses Durcheinander aus Schatten und kantiger Dunkelheit hineininterpretierten; aber diese Erkenntnis änderte nichts daran, daß dem riesigen Bauwerk etwas Unheimliches und Drohendes anhaftete.
    Krushas Stimme unterbrach den morbiden Fluß seiner Gedanken und holte Andrej jäh in eine Wirklichkeit zurück, die allerdings auch nicht wesentlich angenehmer war. »Das Fenster dort oben.«
    Sein Begleiter deutete auf eines der erleuchteten Fenster in den Mauern der Türme.
»Das Schlafzimmer des Herzogs. Die

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