Hohle Köpfe
der Sache sofort auf den Grund.« Karotte sah sich verzweifelt um. »Zuerst muß ich das Tablett irgendwo abstellen…«
»Nein, noch nicht«, sagte Mumm. »Ich bin schon einmal an diesem Punkt gewesen. Man rennt nicht gleich los und ruft ›Gebt mir ein Handtuch!‹, nur weil man eine Idee hat. Suchen wir weiter. Der Löffel. Woraus besteht er?«
»Gute Frage. Ich überprüfe das Besteck.«
»Na bitte.
Jetzt
kommen wir weiter. Was trinkt Lord Vetinari?«
»Abgekochtes Wasser, Herr Kommandeur. Wir haben es kontrolliert, die Gläser auch.«
»Gut. Nun, wir haben das Tablett, und du stellst es in den Speiseaufzug. Was geschieht dann?«
»Die Männer in der Küche ziehen an den Seilen, und nach einer Weile erreicht das Tablett den sechsten Stock.«
»Ohne einen Zwischenstop?«
Karotte runzelte verwirrt die Stirn.
»Sechs Stockwerke«, sagte Mumm. »Ein Schacht. Und darin ein Kasten, der nach oben gezogen und wieder heruntergelassen werden kann. Vermutlich gibt’s in jeder Etage eine Klappe, oder?«
»Manche Etagen werden heute kaum noch benutzt…«
»Noch besser für unseren Attentäter. Er steht einfach da und wartet, bis das Tablett vorbeikommt. Wir können nicht mit
Gewißheit
sagen, ob die Mahlzeit, die oben ankommt, genauso beschaffen ist wie jene, die unten dem Aufzug anvertraut worden ist.«
»Ausgezeichnet, Herr Kommandeur!«
»Ich bin ziemlich sicher, daß es nachts passiert«, fuhr Mumm fort. »Abends geht es ihm recht gut, und morgens ist er dem Tode näher als dem Leben. Wann wird das Abendessen geschickt?«
»Derzeit gegen sechs Uhr, Herr Kommandeur«, erwiderte Karotte. »Dann ist es bereits dunkel. Anschließend schreibt Lord Vetinari noch ein wenig.«
»Na schön. Wir haben eine Menge zu tun. Komm.«
Der Patrizier saß im Bett und las, als Mumm hereinkam.
»Ah, Mumm«, sagte er.
»Bald kommt dein Essen«, meinte der Kommandeur. »Ich möchte noch einmal betonen, daß wir unsere Aufgabe wesentlich leichter erfüllen könnten, wenn du dich in einem Quartier außerhalb des Palastes unterbringen lassen würdest.«
»Ja, daran zweifle ich nicht«, erwiderte Lord Vetinari.
Im Speiseaufzug rasselte es. Mumm durchquerte das Zimmer und öffnete die Klappe.
Ein Zwerg hockte in dem Kasten. Zwischen seinen Zähnen steckte ein Messer, in jeder Hand hielt er eine Axt. Das Gesicht drückte grimmige Konzentration aus.
»Meine Güte«, kommentierte Vetinari. »Ich hoffe, ihr habt wenigstens an den Senf gedacht.«
»Irgendwelche Probleme, Obergefreiter?« fragte Mumm.
»Keine besonderen Vorkommnisse«, brachte der Zwerg undeutlich hervor und nahm das Messer aus dem Mund. »Auf dem Weg nach oben ist überhaupt nichts passiert. Mir sind viele andere Klappen aufgefallen, und die meisten schienen unbenutzt zu sein. Ich habe sie trotzdem zugenagelt, wie von Hauptmann Karotte angeordnet.«
»Gut. Runter mit dir.«
Mumm schloß die Klappe. Es rasselte wieder, als der Kasten seine Reise zum Erdgeschoß begann.
»Du denkst an alles, Mumm.«
»Das hoffe ich, Herr.«
Kurz darauf kehrte der Kasten mit einem Tablett zurück. Mumm griff danach.
»Nun, was gibt es heute abend?« fragte der Patrizier.
»Eine klatschianische Spezial ohne Sardellen.« Mumm hob den Deckel. »Wir haben sie aus Rons Pizzabude um die Ecke. Ich glaube, niemand kann alle Speisen in der Stadt vergiften. Und das Besteck ist von mir.«
»Du hast den wachen Verstand eines wahren Polizisten, Mumm.«
»Danke, Herr.«
»Ach? War das ein Kompliment?« Der Patrizier stach die Gabel mit der Neugier eines Entdeckers, der ein unbekanntes Land erforscht, mehrmals in den Teig.
»Ist das hier schon einmal gegessen worden, Mumm?«
»Nein, Herr. So werden die Zutaten für eine klatschianische Spezial zerhackt.«
»Oh. Ich
verstehe.
Und ich dachte schon, die Vorkoster hätten ihren Diensteifer ein wenig übertrieben. Meine Güte. Bestimmt steht mir ein einzigartiges kulinarisches Erlebnis bevor.«
»Offenbar geht es dir besser«, entgegnete der Kommandeur steif.
»Danke, Mumm.«
Als Mumm gegangen war, aß Lord Vetinari die Pizza, zumindest die Teile davon, die er identifizieren konnte. Anschließend stellte er das Tablett beiseite und blies die Kerze auf dem Nachtschränkchen aus. Eine Zeitlang saß er im Dunkeln, tastete dann unter dem Kissen, bis seine Finger ein kleines scharfes Messer und eine Schachtel Streichhölzer berührten.
Vetinari dankte der Vorsehung für Mumm. Seine verzweifelte, glühende und vor
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