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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ergaben ein schlichtes, einfaches Leben. Man wurde kaum
    von Fragen geplagt, auf die man keine Antworten wußte – abgesehen
    von der, wie man die Eiterwunden am Bein behandeln sol te.
    Sir Samuel blickte sich auf der stillen, leeren Straße um, und sein rech-
    ter Fuß fand einen Kiesel im Rinnstein. Verstohlen schob er ihn zu den
    Kreidelinien rüber, rückte die Jacke zurecht, hüpfte und sprang, drehte
    sich um, hüpfte erneut…
    Was rief man während der einzelnen Sprünge? »Salz, Senf, Essig, Pfef-
    fer?« Nein. Viel eicht »Waldemar Schlappi ist ein Dummkopf«? Diese
    Sache ging ihm jetzt bestimmt nicht mehr aus dem Kopf.
    Eine Tür öffnete sich, und Mumm verharrte mit erhobenem Bein.
    Zwei in Schwarz gekleidete Gestalten traten langsam und unbeholfen
    über die Schwelle.
    Sie trugen einen Sarg.
    Der natürliche Ernst dieser Situation litt ein wenig unter dem Um-
    stand, daß es den beiden vorderen Sargträgern al es andere als leicht fiel, ihre Last durch die schmale Tür zu bugsieren, ohne dabei eingezwängt
    zu werden. Ihre beiden Kol egen am hinteren Ende des Sargs hatten
    ähnliche Schwierigkeiten.
    Mumm faßte sich wieder, stellte den erhobenen Fuß aufs Pflaster zu-
    rück und nahm respektvoll den Helm ab.
    Ein zweiter Sarg kam zum Vorschein. Er war viel kleiner als der erste
    und wurde von zwei Personen getragen, obwohl eine genügt hätte.
    Trauergäste folgten den Särgen.
    Mumm griff in die Tasche und suchte nach dem Zettel, den er von De-
    tritus bekommen hatte. Die Szene vor ihm entbehrte nicht einer gewis-
    sen Komik. Sie erinnerte ihn an die Kutsche im Zirkus, aus der zwölf
    Clowns ausstiegen. Die hiesigen Häuser hatten nur wenige Zimmer, aber
    dafür wohnten viele Personen in ihnen.
    Er fand den Zettel. Unbesonnenheitsstraße Nummer siebenundzwan-
    zig, erster Stock hinten.
    Die Adresse stimmte. Mumm war rechtzeitig für eine Beerdigung ein-
    getroffen. Für zwei Beerdigungen.

    »Heute scheint ein ziemlich schlechter Tag für Golems zu sein«, meinte
    Angua. Eine tönerne Hand lag im Rinnstein. »Das ist nun schon der
    dritte, dessen Scherben auf der Straße liegen.«
    Weiter vorn krachte es, und ein Zwerg flog mehr oder weniger hori-
    zontal durch ein Fenster. Funken stoben von seinem Helm, als er auf die
    Straße pral te. Doch die kleine Gestalt sprang sofort wieder auf und
    stürmte durch eine nahe Tür.
    Einige Sekunden später schoß der Zwerg erneut durchs Fenster.
    Hauptmann Karotte fing ihn und stellt ihn auf die Beine.
    »Hallo, Herr Erzschmeißer! Ist alles in Ordnung mit dir? Was geht hier
    vor?«
    »Der verdammte Gimlet! Du sol test ihn sofort verhaften, Hauptmann
    Karotte!«
    »Warum denn? Was hat er getan?«
    »Er hat Leute vergiftet, jawohl!«
    Karotte warf Angua einen kurzen Blick zu und sah dann wieder
    Erzschmeißer an. »Vergiftet?« wiederholte er. »Das ist ein sehr ernster
    Vorwurf.«
    »Und ob! Ich habe mir die ganze Nacht um die Ohren geschlagen,
    ebenso Frau Erzschmeißer! Ich dachte mir nicht viel dabei, bis ich heute
    morgen hierher kam und andere Leute traf, die sich beschwerten…«
    Er versuchte, sich aus Karottes Griff zu befreien. »Weißt du was?« fuhr
    er fort. »Weißt du was? Wir haben in seinem Kühlraum nachgesehen, und was haben wir dort gefunden? Was haben wir dort gefunden? Weißt du, was Gimlet als Fleisch verkauft?«
    »Sag’s mir«, erwiderte Karotte.
    »Schweine- und Rindfleisch!«
    »Meine Güte.«
    »Und Lamm!«
    »Ts, ts.«
    »Nur ganz wenig Rattenfleisch!«
    Angesichts dieser gastronomischen Durchtriebenheit schüttelte Karot-
    te den Kopf.
    »Und Snori Glodssohnsonkelssohn hat gestern abend Rattenüberra-
    schung bestel t, und er meint, er habe Hühnerknochen darin gefunden!«
    Karotte ließ den Zwerg los. »Bleib hier«, sagte er zu Angua, zog den
    Kopf ein und betrat Gimlets Feinkostbude »Gesundes Schlemmen«.
    Eine Axt flog ihm entgegen. Er fing sie wie beiläufig und warf sie bei-
    seite.
    »Au!«
    Unmittelbar vor der Theke herrschte besonders großes Durcheinander.
    Die Auseinandersetzung war längst über das Stadium hinaus, in dem der
    Grund dafür noch eine Rol e spielte. Hier stritten sich Zwerge, was be-
    deutete, daß es jetzt um so wichtige Fragen ging wie die, wer vor drei-
    hundert Jahren wessen Großvater um sein Bergwerk betrogen hatte und
    wessen Axt nun an welchem Hals ruhte.
    Karottes Gegenwart bewirkte, daß der Kampf al mählich nachließ und
    die Teilnehmer versuchten, möglichst unschuldig zu wirken. Die

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