Hohle Köpfe
zusammenbal ten. »Äh… die letzten
Nahrungsmittel, die du gesto… die du mitgenommen hast…«, sagte er.
»Was war das?«
»Etwas Mandelsüßspeise und ein wenig, nun, eine Art Marmelade aus
Fleisch…«
»Pastete?«
»Ja. Ich konnte sie gut gebrauchen…«
Mumm nickte. Nährstoffreiche, weiche Nahrung. Gut geeignet für ein
kränkliches Kleinkind oder eine Alte, die keine Zähne mehr hatte.
Mumm befand sich jetzt auf der Kuppe des Hügels, unter dunklen,
drohenden Wolken. Er beschloß, den Blitzableiter zu heben, die Frage
zu stellen…
Allerdings die falsche, wie sich herausstellte.
»Woran ist Frau Leicht gestorben?« fragte er.
»Laß es mich so ausdrücken«, sagte Grinsi. »Wenn man diese Ratten
nicht mit Arsen, sondern mit Blei vergiftet hätte, könnte man ihre Nasen
anspitzen und sie als Stifte benutzen.«
Die Zwergin ließ das Becherglas sinken.
»Bist du sicher?« fragte Karotte.
»Ja.«
»Der Kleine Irre Arthur würde doch keine Ratten vergiften. Erst recht
keine, die später auf irgendeinem Teller landen.«
»Ich habe gehört, daß er nicht viel von Zwergen hält«, warf Angua ein.
»Ja, aber Geschäft ist Geschäft. Niemand, der geschäftlich viel mit Zwergen zu tun hat, mag sie. Und Arthur beliefert praktisch al e Zwergen-Restaurants in der Stadt.«
»Viel eicht haben die Biester Arsen gefressen, bevor er sie gefangen
hat«, spekulierte Angua. »Immerhin benutzen es die Leute als Ratten-
gift…«
»Ja«, sagte Karotte langsam. »Ja, das stimmt.«
»Du vermutest doch nicht etwa, daß sich Vetinari ab und zu ein Ratten-ragout gönnt, oder?« fragte Angua.
»Ich habe gehört, daß er Ratten als Spione einsetzt«, erwiderte Karotte.
»Deshalb kann ich mir kaum vorstel en, daß er sie gelegentlich verspeist.
Wie dem auch sei: Es wäre interessant festzustellen, wo der Kleine Irre
Arthur seine Ratten fängt, oder?«
»Kommandeur Mumm hat ausdrücklich betont, daß er sich um den Fal
Vetinari kümmert«, sagte Angua.
»Wir wollen doch nur herausfinden, warum Gimlets Ratten vol er Ar-
sen stecken«, meinte Karotte unschuldig. »Außerdem habe ich daran
gedacht, Feldwebel Colon mit diesen speziel en Ermittlungen zu beauf-
tragen.«
»Aber, ich meine… der Kleine Irre Arthur?« Angua wirkte skeptisch.
»Er ist verrückt.«
»Fred sol Nobby mitnehmen. Ich gebe ihm gleich Bescheid. Äh…
Grinsi?«
»Ja, Hauptmann?«
»Du versuchst… äh… du versuchst dauernd, dein Gesicht vor mir zu
verbergen… Oh. Hat dich jemand geschlagen?«
»Nein, Herr Hauptmann!«
»Aber deine Lider haben sich verfärbt, und deine Lippen…«
»Es ist alles in bester Ordnung«, sagte Grinsi verzweifelt.
»Oh, gut, wenn du meinst. Ich, äh…, ich… gehe jetzt zu Feldwebel
Colon…«
Karotte ging, begleitet von Verlegenheit.
Damit wären wir Frauen unter uns, dachte Angua. Beziehungsweise
zwei Frauen und ein Werwolf.
»Ich glaube, das mit dem Lidschatten klappt nicht«, sagte Angua.
»Mit dem Lippenstift ist soweit alles in Ordnung, aber der Lidschat-
ten… da habe ich meine Zweifel.«
»Ich schätze, ich brauche mehr Übung.«
»Und du möchtest wirklich den Bart stehenlassen?«
»Sol ich mich etwa… rasieren?« Grinsi wich zurück.
»Schon gut, schon gut. Was ist mit dem Eisenhelm?«
»Er gehörte meiner Großmutter! Er ist zwergisch !«
»Oh, gut. Gut. Immerhin hast du einen guten Anfang gemacht.«
»Äh… was hältst du… hiervon?« Grinsi reichte der Kol egin einen
Zettel.
Anguas Blick fiel auf eine Liste von Namen. Die meisten waren durch-
gestrichen.
Grinsi Kleinpo
Grete
Gretchen
Gretel
Lucinda Kleinpo
Lustig
Ceraldine
Gertrude
Gertie
»Nun, äh, was meinst du dazu?« fragte Grinsi nervös.
»›Lucinda‹?« las Angua und hob die Brauen.
»Der Klang dieses Namens hat mir schon immer gefal en.«
»›Gertie‹ ist nicht schlecht«, sagte Angua. »Hört sich fast wie dein ge-
genwärtiger Vorname an. Und so, wie die Leute in dieser Stadt buchsta-
bieren, wird nur dann jemand den Unterschied bemerken, wenn du aus-
drücklich darauf hinweist.«
Grinsis Schultern sanken ein wenig nach unten, als ihre Anspannung
nachließ. Wenn man beschlossen hat, der Welt seine wahre Identität
zuzurufen, ist es sehr angenehm zu erfahren, daß man auch flüstern
kann.
Gertie, dachte Angua. Was fällt einem bei diesem Namen ein? Stiefel,
ein Eisenhelm und ein kleines besorgtes Gesicht mit Bart?
Jetzt schon.
Irgendwo unter Ankh-Morpork
Weitere Kostenlose Bücher