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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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das jetzt also«, bemerkte sie und lehnte sich zurück. »Gewöhnliche Leute sitzen
    an einem Tisch und sprechen miteinander, und die Welt wird plötzlich
    zu einem anderen Ort. Die Schafe drehen sich um und jagen den Schä-
    fer.«
    Witwenmacher schenkte ihr keine Beachtung. »Heute abend findet bei
    Lady Selachi eine Soiree statt. Ich glaube, Nobbs ist dazu eingeladen
    worden. Viel eicht können wir ihn… kennenlernen.«

    Mumm redete sich ein, daß er nur feststel en wol te, welche Fortschritte
    das neue Wachhaus an der Kröselstraße machte. Die Unbesonnenheits-
    straße lag in unmittelbarer Nähe. Er wollte dort mal kurz vorbeischauen,
    inoffiziell. Es hatte keinen Sinn, extra jemanden damit zu beauftragen.
    Die Mordfäl e, Vetinari, Detritus’ Anti-Platte-Kampagne… Es gab be-
    reits mehr als genug zu tun.
    Er ging um die Ecke – und blieb abrupt stehen.
    Es hatte sich kaum etwas verändert, und diese Erkenntnis war wie ein
    Schock. Nach – zu vielen – Jahren hatten die Dinge einfach nicht das
    Recht, unverändert zu sein.
    Noch immer liefen Wäscheleinen zwischen den alten grauen Häusern
    hin und her. Uralte Farbe blätterte ab, wie billige Farbe, die man auf zu
    altes und halb verfaultes Holz gestrichen hatte, eben abblättert. Die Be-
    wohner der Unbesonnenheitsstraße waren zu arm, um sich ordentliche
    Farbe leisten zu können, und gleichzeitig zu stolz, Tünche zu benutzen.
    Der Ort erschien Mumm nur ein wenig kleiner als früher.
    Wann war er zum letztenmal hier gewesen? Er konnte sich nicht daran
    erinnern. Dieser Bereich der Stadt erstreckte sich hinter den Schatten –
    einem Viertel, das die Wache seinem eigenen Schrecken überließ.
    Doch im Gegensatz zu den Schatten war die Unbesonnenheitsstraße
    sauber. Es war die besondere, leere Sauberkeit von Leuten, die es sich
    nicht leisten können, Schmutz zu vergeuden. Hier wohnten Personen,
    die nicht nur arm waren, sondern die überhaupt nichts von ihrer Armut
    wußten. Wenn man sie danach fragte, antworteten sie vermutlich: »Man
    sol nicht klagen.« Oder: »Es gibt Leute, die viel schlimmer dran sind als wir.« Oder: »Wir sind immer zurechtgekommen und schulden niemandem etwas.«
    Mumm glaubte, die Stimme seiner Oma zu hören: »Niemand ist zu
    arm, um sich Seife zu kaufen.« Natürlich konnte man tatsächlich zu arm
    sein. Aber die Bewohner der Unbesonnenheitsstraße kauften trotzdem
    Seife. Wenn schon das Essen auf dem Tisch fehlte, sollte dieser wenig-
    stens sauber sein. In der Unbesonnenheitsstraße aßen die Leute haupt-
    sächlich ihren eigenen Stolz.
    Die Welt war in einem gräßlichen Zustand, fand Mumm. Obergefreiter
    Besuch meinte, die Sanftmütigen würden sie einst erben. Welche Sünden
    hatten die armen Teufel begangen, daß sie das verdienten?
    Die Bewohner der Unbesonnenheitsstraße würden beiseite treten, um
    die Sanftmütigen passieren zu lassen. Sie blieben in der Unbesonnen-
    heitsstraße, geistig wie körperlich, weil sie ahnten, daß es Regeln gab. Und sie gingen mit der vagen Furcht durchs Leben, diese Regeln nicht immer
    zu beachten.
    Es hieß, es gebe Gesetze für die Reichen und Gesetze für die Armen,
    aber das stimmte nicht. Es gab keine Gesetze für jene, die Gesetze schu-
    fen, auch nicht für die chronisch Gesetzlosen. Gesetze und Regeln gab
    es nur für diejenigen, die dumm genug waren, wie die Bewohner der
    Unbesonnenheitsstraße zu denken.
    Es war seltsam still dort. Normalerweise wimmelte es von Kindern,
    und Karren rumpelten zum Hafen. Doch heute wirkte al es… abgesperrt
    und eingeschlossen.
    Mitten auf der Straße bemerkte Mumm die Kreidezeichen eines Him-
    mel-und-Hölle-Spiels.
    Er spürte, wie ihm die Knie weich wurden. Es war noch immer da!
    Wann hatte er es zum letztenmal gesehen? Vor fünfundreißig Jahren?
    Vor vierzig? Vermutlich war es viele tausend Male neu gezeichnet wor-
    den.
    Damals war er darin sehr geschickt gewesen. Natürlich hatten sie nach
    den Ankh-Morpork-Spielregeln gespielt und nicht nach einem Stein ge-
    treten, sondern nach Waldemar Schlappi. Damals hatten sich fast alle
    Spiele darum gedreht, nach Waldemar Schlappi zu treten, ihn zu jagen
    oder auf ihm herumzuspringen – bis er einen seiner berühmten Wutan-
    fälle bekam und zum Angriff überging.
    Mumm hatte Waldemar in neun von zehn Fäl en zum gewünschten
    Feld befördert. Beim zehnten Versuch hatte ihm der Bursche ins Bein
    gebissen.
    Waldemar Schlappi ärgern und genug zu essen finden… diese beiden
    Aktivitäten

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