Hokus Pokus Zuckerkuss
nicht zur anderen Seite, denn das noch schlimmere Fresko auf der Wand gegenüber zeigt einen Ritter auf einem weißen Pferd. Chaz wohnt im Knight’s Inn. Da gibt es rautenförmige Fensterscheiben, und ein Turm soll
den Eindruck erwecken, das Gebäude wäre ein Schloss. Als ich wissen wollte, warum er von allen Ann-Arbor-Hotels ausgerechnet das Knight’s Inn gewählt habe, sagte er: »Lizzie, mein Zimmer liegt in einem Turm. Wie kannst du so was fragen?«
»Und Shakespeare«, fügt er jetzt hinzu. »Ebenfalls ein Ehebrecher. Also werden wir uns in der Hölle nicht langweilen.«
»Da ich Luke nicht geheiratet habe, bin ich keine Ehebrecherin. Wir sind nur verlobt. Und wir haben uns eine Auszeit genehmigt.«
»Habt ihr die Regeln eurer Auszeit festgelegt? Gehört hemmungsloser Sex mit dem besten Freund deines Verlobten dazu?«
»Hör auf! Du hast meine momentane emotionale Schwäche ausgenutzt.«
» Ich? « Als er zu lachen anfängt, wippt mein Kopf auf seinen Bauchmuskeln. »Du bist vor deinem Elternhaus über mich hergefallen. Eigentlich wollte ich nur mein Beileid bekunden. Und ehe ich wusste, wie mir geschah, war deine Zunge in meinem Mund und deine Hand in meiner Hose. Vor lauter Schreck hätte ich beinahe 911 angerufen und die Bullen auf eine enthemmte Triebtäterin hingewiesen, die frei herumläuft.«
»Mal im Ernst. Was machen wir jetzt?«
»Da fallen mir mehrere Möglichkeiten ein.« Chaz lüftet das Laken, das uns bedeckt, und späht darunter.
»Auf keinen Fall darf animalische Lust unsere Freundschaft gefährden.«
»Ich möchte gar nicht mit dir befreundet sein«, entgegnet er ungeniert. »Diese Freundschaft wollte ich schon in der letzten Silvesternacht beenden. Erinnerst du dich? Aber du musstest ja unbedingt alles vermasseln und dich mit einem anderen verloben. Während ich ahnungslos schlief, wie ich betonen sollte.«
Seufzend rolle ich von ihm herunter, lege mich auf den Rücken und starre die Zimmerdecke an, die aus diesem ekligen Zeug mit funkelnden Punkten besteht. Die Lampe gleicht einer antiken Laterne, und es würde mich nicht überraschen, wenn eine Kamera darin versteckt wäre, die alles gefilmt hat, was in den letzten zwei Stunden auf dem Bett passiert ist. Irgendwie hege ich den Verdacht, das Knight’s Inn würde zu diesen speziellen Hotels zählen.
Also der perfekte Schauplatz für meine unmoralische Affäre mit dem Ex meiner besten Freundin und dem besten Freund meines Verlobten …
»Du glaubst ja gar nicht an die Ehe«, jammere ich die versteckte Kamera an. Falls sie tatsächlich existiert.
»Wenn ich daran glaubte, würde ich dich sicher nicht heiraten. Denn du würdest dich hinter meinem Rücken an meinen besten Freund ranmachen, während ich in Frankreich wäre. Noch dazu kurz vor dem Begräbnis deiner Großmutter. Deshalb wärst du die schlimmste Ehefrau aller Zeiten.«
Ich beuge mich hinüber, um ihn zu ohrfeigen.
Da wirft er sich blitzschnell auf mich und hält unter dem Laken meine Arme fest. »Lizzie …« Ausnahmsweise
schaut er ernst und eindringlich in meine Augen. »Mach dir keine Vorwürfe. Mit Luke und dir ist es längst vorbei, und du hättest seinen Heiratsantrag gar nicht annehmen dürfen. Das habe ich dir schon an jenem Morgen in deinem Apartment gesagt. Hättest du auf mich gehört, wäre allen Beteiligten eine ganze Menge Herzschmerz erspart geblieben. Vor allem mir. Und dir selbst.«
»Glaubst du, das weiß ich nicht? Aber du hast dich am Neujahrsmorgen nicht gerade wie Prince Charming benommen. Hättest du mir gesagt, dass du mich liebst …«
»Erstens – wenn ich mich recht entsinne, hast du mir keine Gelegenheit dazu gegeben. Als ich aufgewacht bin, warst du mit einem anderen verlobt. Und zweitens – ich habe dir meine Liebe erklärt. Du hast es für einen Witz gehalten und mich abblitzen lassen.«
Ich blinzle. Dann fauche ich ihn an: »Ach, meinst du diese unsägliche Szene in der Sports Bar? Da bist du doch so widerwärtig gewesen. Natürlich dachte ich, es wäre ein schlechter Scherz.«
Gekränkt runzelt er die Stirn. »Meine Seele habe ich dir offenbart. Und das fandest du widerwärtig? Nett von dir …«
»Glaub mir, du warst unmöglich. Wie konntest du erwarten, ich würde dein Gerede ernst nehmen?«
»Ich war zutiefst verletzt. Denn die Frau, die ich liebte, hatte sich mit einem anderen verlobt. Die Frau, von der ich dachte, sie würde mich ebenfalls lieben … Lüg nicht! Bei Jill Higgins’ Hochzeitsfeier
sagtest du, wir würden
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