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Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)

Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition)

Titel: Hola Chicas!: Auf dem Laufsteg meines Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge González
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Stadt: die Menschen, das hanseatische Flair, den Hafen, die Alster, die vielen Bäume und die Sauberkeit. Egal wohin ich auch ging, sah ich Grün und Wasser. Ich war in einer Metropole und hatte gleichzeitig das Gefühl, in der Natur zu sein. Der Binnensee, die Segelboote – das alles fand ich so toll. Und die vielen Brücken. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Hamburg die Stadt mit den meisten Brücken in Europa ist – es gibt sogar mehr als in Venedig. Es beeindruckte mich schwer, dass die Leute mit dem Ruderboot am Steg anlegten und einen Café trinken gingen.
    Esta es mi ciudad , das ist meine Stadt, meine Perle, entschied ich spontan. In Zukunft wollte ich in Hamburg leben. Deshalb bewarb ich mich als Verkäufer in einer Designerboutique. Ich bekam den Job, brach meine Zelte in Frankfurt ab und zog ein paar Tage später los, um mir eine Zukunft in Hamburg aufzubauen.
    Bei meinem ersten Aufenthalt als »Tourist« hatte sich das Wetter von seiner schönsten Seite gezeigt. Als ich dann in Hamburg lebte, zeigte die Stadt auch andere Seiten und andere Farben. Vor allem sämtliche Schattierungen von Grau. In der ersten Zeit konnte ich überhaupt nicht verstehen, warum die Leute trotz strömenden Regens, trotz Wind und Kälte an der Alster spazieren gingen. Das wollte mir einfach nicht in den Kopf.
    So ging es mir schon mal, als ich als Jugendlicher auf Kuba Touristen sah, blonde Menschen mit einer wunderschönen hellen Haut ( I love it ), die sich bei vierzig Grad in der Sonne verbrennen ließen. Die spinnen doch, dachte ich damals, denn bei uns galt helle Haut als Schönheitsideal. Meine Schwester ging als junge Frau fast nie in die Sonne, weil sie nicht braun werden wollte. Sie verließ tagsüber nie das Haus ohne ihren Sonnenschirm. Und sie hatte tatsächlich einen helleren Teint als viele deutsche Chicas.
    In Hamburg hörte ich die Leute, die draußen in der Kälte spazieren gingen, oft über das Wetter schimpfen. Sie hatten deshalb sogar schlechte Laune. Warum, dachte ich, das ändert ja nichts. Ich wollte nicht schimpfen, sondern beschloss, meine Haltung zum Wetter zu ändern. Denn Haltung ist ja mein Spezialgebiet. Schlechtes Wetter existiert für mich ganz einfach nicht mehr. Regnerische Tage sind für mich nicht grau und ohne Sonne, sondern »silbern«. Das ist wieder so eine Art Selbstschutz. Egal wie schlimm das Wetter sein mag, ich kann den Tag schön finden, wenn ich mir sage: Das ist ein Silbertag. Silber glänzt, es ist schön und wertvoll. Wenn ich morgens aufstehe, schaue ich aus dem Fenster in den Regen und freue mich: »Aaaah, heute ist wieder ein Silbertag, da ziehe ich etwas Rotes an. Das passt gut zu Silber.«
    Die Arbeit in der Designerboutique war das Fundament für meine Zukunft, für meinen deutschen Traum. Ich war so glücklich, in Hamburg einen Job gefunden zu haben und Geld zu verdienen. Und ich konnte meine Leidenschaft fürs Styling ausleben, durfte ganz nah bei meinen besten Freunden, den High Heels, arbeiten und hatte mit vielen verschiedenen Chicas zu tun, denn die meisten meiner Kunden waren Frauen. Ich konnte sie beraten, stylen, bewundern und sie mit piropos überhäufen. Mein Arbeitsplatz wurde zu einer bekannten Tauschbörse für Komplimente.
    Der Samstag war ein bevorzugter Shoppingtag, weil die meisten Kunden Zeit hatten, in Ruhe zu bummeln. Viele Chicas kamen nicht allein wie unter der Woche, sondern mit ihren Männern. Hatten sie ein paar Tage vorher etwas Hübsches entdeckt, sagten sie mir: »Ich komme am Samstag mit meinem Mann.« Also ließ ich die Sachen reservieren. Und wenn sie dann wiederkamen, machten sie eine Modenschau für ihre Begleiter. Und ich war ihr Stylist und sein Betreuer: Ich brachte dem wartenden Mann etwas zu trinken und zeigte ihm ein paar Sachen, die ihn interessieren könnten, während die Frauen sich in der Kabine umzogen. Ich wollte dazu beitragen, dass die Männer ihnen Komplimente machten. Denn es ist ja typisch Mann, dass sie meistens nicht wirklich hinschauen, sondern bloß »Ja ja« sagen. Und dann schnell, schnell bezahlen und raus aus dem Laden. Deshalb heizte ich den wartenden Männern etwas ein. Sobald die Chica aus der Umkleide kam, sagte ich: »Oh, schau mal, wie toll sie aussieht.«
    »Ja ja«, murmelten die meisten nur.
    »Aber sie macht das für dich, Chico.«
    Der eine oder andere ließ sich dann doch zu einem Kompliment hinreißen – und sofort umarmte ihn seine Frau und bedankte sich überschwänglich.
    Manchmal habe ich

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