Holidays on Ice
und ihre Stimme war so hoch und gnadenlos wie eine Autosicherung. Die beiden standen vor meiner Tür, kreischten auf Vietnamesisch drauflos, und ich stand dabei, verängstigt und verwirrt.
Bis zum heutigen Tage bin ich ver ängstigt und verwirrt. Sehr sogar. Es ist beängstigend, dass ein voll ausgewachsener Bastard (ich verwende das Wort im technischen Sinne) die Meere überqueren und es sich in meinem Haus gemütlich machen kann, und das alles mit dem Segen unserer Regierung. Vor zweiundzwanzig Jahren konnte Onkel Sam die Vietnamesen nicht ausstehen. Jetzt verkleidet er sie als Prostituierte und setzt sie uns ins Haus!!!! Aus dem Nirgendwo ist diese junge Frau so machtvoll und unerklärlich wie die Schweinepest in unser Leben getreten, und es scheint nichts zu geben, was wir dagegen unternehmen können. Aus dem Nirgendwo klopft diese Tretmine an unsere Tür, und von uns erwartet man, dass wir sie als unser Kind anerkennen!!!!???????
Clifford sagt gern, die Dunbar-Kinder h ätten das Aussehen von der Mutter und den Verstand vom Vater geerbt. Das stimmt: Kevin, Jackelyn sehen alle so gut wie nur m öglich aus! Und schlau? Naja, schlau genug, genauso schlau wie ihr Vater, ausgenommen unser ältester Sohn Kevin. Nachdem er in der Moody High School mit Auszeichnung bestanden hatte, ist Kevin jetzt im dritten Jahr auf dem Feeny State College, mit Chemotechnik als Wahlfach. Bisher hat er jedes Semester »sehr gut« gekriegt, und offenbar gibt es nichts, was ihn aufhalten kann!!! Noch anderthalb Jahre hat er vor sich, und jetzt bekommt er bereits massenhaft Stellenangebote!
Wir lieben dich, Kevin!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Manchmal machen wir ganz gern den Scherz, dass, als Gott den Dunbar-Kindern Verstand gegeben hat, Er Kevin ganz vorne in der Schlange sah, und zur Belohnung konnte Kevin gleich den ganzen Sack behalten!!! Was den anderen Kindern an Verstand fehlt, machen sie aber offenbar auf die eine oder andere Weise wieder wett. Sie haben Qualit äten und eine Persönlichkeit und machen sich ihr Bild von der Welt, ganz im Gegensatz zu Que Sanh, die zu glauben scheint, sie kann sich nur mit ihrem Aussehen durchs Leben mogeln!! Sie hat nicht mal den Ehrgeiz, den Gott einem Sperling geschenkt hat! Vor sechs Wochen tauchte sie in diesem Haus auf und beherrschte nur die Vokabeln »Daddy«, »glänzt« und »fünf Dollar jetzt«.
Was f ür ein Wortschatz!!!!!!!!!
Während ein einigerma ßen aktiver Mensch sich vielleicht mal dahinterklemmt und ernsthaft die Sprache des Landes, das ihm seit neustem Gastrecht gewährt, erlernt, schien Que Sanh es damit überhaupt nicht eilig zu haben. Wenn man ihr eine simple Frage stellte, wie z. B.: »Warum gehst du nicht dahin zurück, wo du hergekommen bist?« berührte sie meine Hand und verfiel in krampfartigen vietnamesischen Kokolores —, als wäre ich der Außenseiter, von dem man erwarten kann, dass er ihre Sprache erlernt! Mehrmals besuchte uns dieser Lonnie Tipit, dieser »Dolmetscher«, dieser »Mann«, der Que Sanh bei ihrem ersten Besuch begleitet hatte. Mr. Tipit schien den Eindruck zu haben, dass die Tür der Dunbars ihm immer offen steht, sei es nun Tag oder Nacht. Er schaute einfach vorbei (meistens während der Abendbrotzeit), und zwischen zwei Portionen meiner guten Hausmannskost (vielen herzlichen Dank) pflegte er seine »Freundin« Que Sanh in aller Ruhe »auszuhorchen«. »Ich glaube nicht, dass sie genug Kontakt mit dem Leben ringsum bekommt«, sagte er. »Warum nehmt ihr sie nicht mit in die Stadt, zu kirchlichen Veranstaltungen und Volksfesten?« Na, er konnte so was leicht sagen! Das habe ich ihm auch gesagt, ich habe gesagt: »Nehmen Sie mal ein Mädchen, das obenrum nur BH mit Nackenband anhat, in den Konfirmationsunterricht mit. Nehmen Sie sie doch mit zu Kunst & Krempel zum Jahresausklang, wenn sie jeden Gegenstand klaut, der glänzt und ihr ins Auge sticht. Ich habe meine Lektion bereits gelernt.« Dann konferierte er mit Que Sanh auf Vietnamesisch, und wenn er lauschte, sah er mich so starr an, als wäre ich eine Hexe, von der er mal in Büchern gelesen hatte, die er aber ohne brodelnden Kessel und Besen nicht erkannte. Oh, ich kannte diesen Blick!
Lonnie Tipit ging so weit, uns vorzuschlagen, wir sollten ihn als Que Sanhs Englischlehrer einstellen, und zwar zu, stellt Euch das mal vor, siebzehn Dollar die Stunde!!!!!!!!!! Siebzehn Dollar pro Stunde, damit sie Lispeln und Zwitschern lernen kann und Mit-den-H änden-Flattern wie zwei kleine Vögel? NEIN,
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