Holidays on Ice
Klingen gebracht, und ich war stolz darauf, dazu beigetragen zu haben.
W ährend die Miniserien, die auf einem Roman basieren, schon kein geringes Interesse erregen, sind es doch diese direkt aus dem Leben gegriffenen Dramen, die ein größeres Publikum anziehen können. Warum? Ich führe das auf vier einfache Worte zurück, die wir bei der Promotion in Print-Medien oder im Fernsehen verwenden. Vier Worte: »Nach einer wahren Begebenheit«. Nicht im Kopf irgendeiner Tippse entstanden, sondern wahr. Manche sagen, die Wahrheit sei schräger als mancher Roman, und ich habe dann immer den Eindruck, dass sie ein paar Stunden mit einer meiner Ex-Frauen verbracht haben! (Gelächter abwarten.) Aber im Ernst, nichts rührt Herz und Geist mehr an als die temporeiche Dramatisierung einer Begebenheit aus dem richtigen Leben. Zufällig bringt so was auch dem Kriminellen mit Köpfchen oder dem untröstlichen Opfer ein hübsches Sümmchen ein, das mehr Kaufkraft hat als ein tränenfeuchtes Kopfkissen! Aus diesem Grunde bekommen wir jeden Tag Hunderte, manchmal Tausende von Briefen, die uns Menschen schreiben, die ihre wahren Geschichten verkaufen wollen. Allein schon unser Sender hat einen ganzen Keller voll begabter Akademiker, deren Job darin besteht, dass sie auf ihrem Hintern sitzen und diese getippten und handschriftlichen Klagegesänge auswerten. Wir kriegen so viele Einsendungen, dass sie die Umschl äge schon gar nicht mehr öffnen, wenn als Absender nicht eins unserer berüchtigteren Staatsoder Bundesgefängnisse genannt ist. Damit will ich nicht sagen, dass die anderen Geschichten auf ihre Weise nicht auch unwiderstehlich sind, aber wir finden, dass diese vagen Berichte von Selbstzweifel und üblichem Ehebruch bei den Öffentlich-Rechtlichen besser aufgehoben sind, welche sich dadurch einen Ruf erworben haben, dass sie die Bedürfnisse eines weniger anspruchsvollen Publikums befriedigen.
»Ja, Mr. Timothy«, höre ich euch sagen, »das ist ja alles hochinteressant, aber was hat es mit Weihnachten zu tun, und wo zum Goldenen Handschuh ist Bruder Phil Becky?« Darauf komme ich noch.
Wie ich bereits erkl ärte, haben wir unsere Dramen und unsere Miniserien, aber außerdem haben wir auch noch — immer ein Auge auf dem Kalender! — unsere jahreszeitlichen Specials. Ihr habt sie bestimmt schon gesehen oder von ihnen gehört: »Heiligabend in Kambodscha von und mit Vince Flatwood« oder »Weihnachts-Rap mit DJ Feinripp samt Gerippe«. Ich könnte immer so fortfahren. Dann gibt es die schön abgehangenen Zeichentrick-Klassiker, die wir so lange ausstrahlen werden, wie die Spielwarenhersteller es für nötig halten, Werbung für das neueste Videospiel oder eine lebensechte Puppe zu treiben, die A-A aus essbaren Feigen macht. Ich sage gar nichts gegen diese Formate, denn sie füllen alle ihre Nische. Aber hin und wieder — und es ist selten — alle Jubeljahre mal stoßen wir auf die Vermählung der Miniserie, die das Leben schrieb, mit dem jahreszeitlichen Special, und das ist es dann, was wir in der Fernsehindustrie gern als »Kunst« bezeichnen.
Unsere Zuschauer haben letzte Ostern Kunst gesehen, als sie den Zweiteiler »Wer hängt denn da an meinem Kreuz?« sahen, und sie haben wieder Kunst gesehen, als sie »Vielliebchen für den Präsi« sahen, in dem der hartgesottene Anführer einer Jugendbande das Auto eines niederländischen Touristenpärchens entführt, damit er über Thanksgiving auf der Truthahnfarm seines Großvaters sein kann. Beide Sendungen haben für die schonungslose Schilderung des typischen amerikanischen Lebens den Emmy bekommen. Beide zeigten etwas, was die üblichen Beiträge — »Beinchen oder Brüstchen?« oder »Auch der Weihnachtsmann braucht Hilfe« — nicht zeigen können oder wollen. Das Gebilde, das wir Kunst nennen, ist etwas so Besonderes wie der Tag, den wir Weihnachten nennen, und ihr Leut würdet nicht hier sitzen, wenn ihr mit mir nicht einer Meinung wärt. Denn Weihnachten feiert man nicht mit einem bedeutungslosen arbeitsfreien Tag zum Gedenken an diesen Afro-Amerikaner oder jenen Typ, der ein paar Schiffe auftrieb und dann aus Versehen Amerika entdeckte. Weihnachten hat mit Geben und Nehmen zu tun, mit Teilen. Wir nehmen, was wir haben, und wir verteilen es unter die Menschen, die in unserem Leben wichtig sind, sei das nun ein Familienmitglied oder irgendein Gagschreiber aus der zweiten Reihe, den wir beim Julklapp gezogen haben. Der Witz ist, dass wir geben und nehmen. Das ist die
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