Holidays on Ice
der liebe Bruder Phil Becky, sich heute offenbar ein bisschen versp ätet, dachte ich, ich ergreife diese Gelegenheit und sage euch ein paar Worte, bevor er persönlich anrollt, um mit dem traditionellen Feiertagsgottesdienst zu beginnen.
Hier bin ich also, ihr Leut, an Stelle von Bruder Phil, und ich w ünsche euch Phil Vergnügen! (Pause, damit das Lachen verebben kann.) »Wer ist dieser Typ mit seinem maßgeschneiderten Anzug von der Savile Row?« fragt ihr euch. Diejenigen unter euch, die über wenig oder gar keine Bildung verfügen, kratzen sich jetzt zweifellos am Kopf und denken bei sich: »Den haben wir ja noch niiiie gesehen. Was treibt er bloß, dass seine Schuhe so sauber bleiben?«
Liebe Freunde, versteht mich bitte nicht falsch. Ich kritisiere eure Ausdrucksweise gar nicht. Nein, ich finde sie sogar ausgesprochen putzig. Als Volksgruppe habt ihr sogenannten Hinterw äldler durchaus sogar einen bemerkenswerten Beitrag in der Unterhaltungsindustrie geleistet, und ich stehe nicht an, euch dafür zu danken.
Wer also bin ich? F ür diejenigen unter euch, die mich nicht kennen, heiße ich Jim Timothy, und ich bin, wie ihr wahrscheinlich bereits an meiner vollständigen Garnitur gottgegebener Zähne gemerkt haben werdet, nicht aus dieser Gegend. Meine Brüder und Schwestern, ich bin nicht auf diese Kanzel gestiegen, um euch anzulügen. Tatsache ist, dass ich noch nie im Leben eine Predigt gehalten habe, nicht einmal den Fuß über die Schwelle einer Kirche gesetzt, seitdem ich meine dritte Frau geheiratet habe, ein blauäugiges Raubreptil aus der Wüste Gila namens Stephanie Concord. Da die meisten von euch entweder nicht Zeitung lesen oder nicht lesen können, sei es mir gestattet, euch darüber zu informieren, dass Stephanie Concord und ich nicht mehr die Spalten einer gewissen Presse füllen, ein Umstand, der mich regelmäßig auf Hände und Knie sinken und, wie ihr hier sagen würdet, »den Herrn preisen« lässt. Was mich bestürzt, was mich in all seiner Ungerechtigkeit zutiefst betroffen macht, ist, dass diesem menschenfressenden Drachen bei der Scheidung die Hälfte des gesamten Geldes zugesprochen wurde, das ich während unserer kurzen und unerfreulichen Verbindung verdient hatte. Ich will ja nicht protzen, aber durch diese außergerichtliche Klärung bekam sie einen schönen Batzen Kleingeld zugesprochen, da meine jährlichen Einkünfte sich auf ein Sümmchen belaufen, von dem euch der Kopf schwir ren w ürde. Ich arbeite nämlich für das Fernsehen. Nein, ich führe keine Reparaturen durch (ha ha), sondern ich bin das, was man einen Leitenden Produzenten nennt. Man könnte mich vielleicht als den Typ bezeichnen, der alles anschiebt.
Dank meinem hochentwickelten Humor verbrachte ich die ersten zehn Jahre meiner Karriere mit der Entwicklung von Situationskom ödien, oder, wie wir im Gewerbe das nennen, »Sit-Coms«. Ich war bei der Erschaffung von Serien wie »Acht Mann, ein Floß« maßgeblich beteiligt, bei »Die Fleishmans von nebenan«, bei »Komm in meine Grotte« und »Doof & Co.«, einer Serie, die euch wahrscheinlich vertraut ist, spielt sie doch unter lauter ignoranten Hinterwäldlern wie euch, was ich, wohlverstanden, in einem positiven Sinne meine. Laut dem ollen Webster bedeutet Ignoranz »Mangel an Wissen und Erfahrung«, und das, kann ich euch sagen, kann durchaus ein Segen sein. Es vergeht kein Tag, an dem ich mich nicht ein paar Augenblicke lang frage, ob manche von uns nicht doch ein bisschen schlauer sind, als ihnen wirklich zuträglich ist. Ihr, die ihr ein einfaches, kaum bemerkenswertes Leben führt, ahnt nichts von Drehplänen oder den himmelhohen Gagen, die sogenannte Entertainer verlangen, die selbst den Arabern noch ein paar Tipps zum Thema Terrorismus geben könnten. Ich dagegen verstehe nichts vom Schweinerotlauf, also sind wir wahrscheinlich quitt.
Man schafft es nicht mit Sit-Coms bis ganz nach oben, wenn man nichts von Menschen versteht, davon, was sie bewegt und am Laufen h ält. Ich rede nicht von der Produktionsassistentin, die s ämtliche Leitungen blockiert, um sich über ihre letzte Abtreibung auszuflennen. Ich spreche von richtigen Menschen mit wettergegerbten Gesichtern und einem ganz kleinen Bisschen Schmutz unter den Fingernägeln. Man muss sich an den kleinen Mann wenden, denn dadurch lernt ein Fernsehprogramm das Fliegen. Man kann alle Gags dieser Welt haben, aber ohne diesen kleinen Kern, diesen kleinen Kern, den ich einmal Verständnis nennen möchte,
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