Hollisch verliebt
echt fertiggemacht.“
Mich auch, dachte Mary Ann jetzt, aber ich kann es nicht ändern. Ich rette ihm damit das Leben. Eine rachsüchtige Elfe hatte ihrem Vater befohlen, in seinem Schlafzimmer zu bleiben und sich um nichts zu kümmern. Von diesem Fluch hatte Mary Ann ihn befreien können, aber mehr konnte sie nicht tun. Lieber sollte er traurig sein, als dass jemand ihn tötete, um an sie heranzukommen.
Sie musste sich auf andere Gedanken bringen. Wo war sie vorhin stehen geblieben? Ach ja. Tucker.
Warum zum Teufel hatte sie Aden, Riley und Victoria überredet, Tucker das Leben zu retten, nachdem eine Bande von Vampiren ihn als Appetithappen vorgesehen hatte? Wenn sie ihn gelassen hätten, wo er war, hätte er Aden kein Messer ins Herz rammen können.
Seltsamerweise hatte Tucker ihr die Tat gestanden, ohne dass sie ihn groß aushorchen musste. Er weinte sogar, als er ihr davon erzählte. Natürlich hatte sie ihm trotzdem nicht verziehen. Vielleicht, wenn der Schock nachließ. Aber vielleicht auch nicht.
„Was du Aden angetan hast, war grausam“, sagte sie leise.
Er wurde blass, ging aber trotzdem nicht. „Vlad hat mich dazu gezwungen. Das habe ich dir doch schon gesagt.“
„Und woher soll ich wissen, dass du nicht auch jetzt auf Vlads Befehl hier bist, mich beobachtest und alles weitergibst?“
„Weil ich es dir gesagt habe.“
„Und weil du ja so ehrlich und anständig bist.“
„Sarkasmus ist kein schöner Zug, Mary Ann. Hör mal, ich habe getan, was er wollte, dann bin ich weggelaufen. Seitdem habe ich ihn weder gesehen noch von ihm gehört.“
Dieser letzte Teil gab ihr zu denken. Sie wusste, das Tucker VladsStimme in seinem Kopf gehört hatte, als hätte der Vampir neben ihm gestanden und ihm ins Ohr geflüstert. Vielleicht sagte Tucker jetzt die Wahrheit. Aber vielleicht auch nicht.
Unterm Strich hieß das: Vlad konnte ihm jederzeit den Befehl einflüstern, sie nach Hause zu zerren, ihr wehzutun oder sie zu begraben, und Tucker würde ohne jedes Zögern gehorchen. Dieses Risiko wollte sie nicht eingehen.
Deshalb sagte sie: „Deine Gründe interessieren mich nicht, und auch nicht, dass du dich jetzt angeblich so dringend vor diesem Obervampir verstecken willst. Es ist doch so: Du hast Penny wehgetan, und du hast Aden verletzt. Du bist einfach eine Gefahr. Ich müsste doch blöd sein, wenn ich dir vertraue.“
„Du musst mir gar nicht vertrauen. Du kannst mich benutzen. Und zu meiner Verteidigung sage ich es noch mal: Aden lebt. Ich spüre, wie es mich zu ihm zieht.“
Mary Ann spürte es ebenfalls, und das war auch schon der einzige Grund, Tucker nicht an die Kehle zu gehen. Na gut, vielleicht nicht der einzige Grund. Sie neigte von Natur aus nicht zu Gewalt. Normalerweise.
Aden auch nicht, aber das Leben hatte ihn anders geprägt als sie. Während sie bei liebevollen Eltern aufwuchs, saß er in kalten, unpersönlichen psychiatrischen Anstalten fest, in denen ihm Ärzte ständig irgendwelche Pillen aufzwangen. Pillen, die Aden nicht wollte und die ihm nicht bekamen.
Die Ärzte hatten ihn für verrückt gehalten, keiner hatte sich die Mühe gemacht, nach der tieferen Wahrheit zu suchen. In Wahrheit funktionierte Aden nämlich wie ein Magnet für alles Übersinnliche. Er zog Wesen mit übernatürlichen Fähigkeiten und übernatürliche Kräfte an, und diese wurden in seiner Nähe noch stärker.
Mary Ann war das genaue Gegenteil. Sie stieß alles Übernatürliche ab und unterdrückte ungewöhnliche Fähigkeiten.
Genau deswegen wich Tucker ihr nicht mehr von der Seite. In ihrer Nähe ließen die finsteren Triebe seiner dämonischen Seite nämlich nach oder verschwanden sogar. Das mochte er. Deshalb war er mit ihr zusammen gewesen. Nicht weil er sich zu ihr hingezogen fühlte, sondern weil er normal sein wollte.
Nicht gerade ein Kompliment.
„Ich habe dir doch geholfen, oder?“, fragte er.
Sie wollte nicht zugeben, dass er ihr in den letzten Tagen tatsächlichgeholfen hatte. Er sollte einfach verschwinden.
„Riley hätte dich fast gefunden, und ich habe dich in einer Illusion versteckt. Er ist an dir vorbeigelaufen.“
Gar nicht darauf eingehen. Und denk bloß nicht an Riley! Wahrscheinlich war Riley … Ach je! Sie presste die Lippen fest zusammen und bliebt stumm.
Tucker seufzte. „Du bist echt stur.“
Obwohl sie es versuchte, konnte sie die Gedanken an Riley nicht vertreiben. Daran, wie er ihr in jener Nacht gefolgt war, als sie die Wahrheit über ihre Mutter
Weitere Kostenlose Bücher