Hollisch verliebt
waren zu früh gestoben und hatten viel bedauert. Das wollte er nicht auch erleben. Allerdings waren sie bei einem Überfall von Elfen getötet worden und nicht wegen eines kleinen Menschenmädchens draufgegangen, das sie in den Wahnsinn trieb.
Diese Elfen litten wirklich an einem Gotteskomplex – ständig metzelten sie andere übernatürliche Wesen nieder, angeblich um ihre Menschen zu beschützen. In Wahrheit wollten sie einfach nur die mächtigsten Wesen weit und breit sein.
In etwa wie Vlad, der Riley aufgezogen hatte. Und dem Riley immer gedient hatte – bis Aden die Macht übernahm. Von diesem Moment an war Riley ihm gefolgt, und auch als er herausgefunden hatte, dass Vlad noch lebte, hatte er Aden nicht verraten. Die Gefolgschaft hatte sich schon gefestigt.
Aber Aden, wie er nun war … Er hatte sich verändert, und das gefiel Riley gar nicht. Er konnte nicht genau sagen, was es war. Trotzdem würde er seinen neuen König nicht verraten. Wenn er Mary Ann erst einmal in Sicherheit gebracht und ihr Schutz verschafft hatte, würde erAden helfen, zu seinem alten Selbst zurückzufinden. Irgendwie.
Der Geruch nach Magie wurde stärker, und Riley lief langsamer. Sein scharfer Blick durchdrang Farben und Schatten. Auf der anderen Straßenseite entdeckte er zwei verräterische Auren. Eine schimmerte in einem metallischen Goldton, die anderen braungolden. Magie.
Lehrer und Schüler.
Mit zuckenden Ohren lauschte er auf die Gespräche in seiner Nähe und sogar in mehreren Kilometern Entfernung, horchte auch in Häuser hinein. Er blendete alles uninteressante Gerede aus und konzentrierte sich.
„… müssen jetzt zuschlagen, solange sie keinen Schutz hat.“
Diese Stimme kannte er. Marie. Eine Hexe und die Anführerin des Hexenzirkels, der nach Crossroads gekommen war.
„Ich weiß. Aber das ist bei ihren Schutzzeichen nicht so einfach.“ Auch diese Stimme kannte er. Jennifer, eine zweite Hexe. Die Schülerin. „Wir müssen den Angriff nur gut planen. Die Schutzzeichen dürfen sie nicht retten.“
Mary Ann hatte sich mit Zeichen vor tödlichen Verletzungen und Gedankenkontrolle geschützt. Womit konnten die Hexen das umgehen? Kannten sie einen Trick, um Anns Geist zu schaden? Wie sollte das möglich sein?
Riley fragte sich, wie viele Hexen noch in der Nähe waren. Hatten sie Mary Ann schon gesehen? Zu einem Angriff war es offenbar noch nicht gekommen. Um mehr herauszufinden, schlich er näher.
„Um den Jungen müssen wir uns auch kümmern“, sagte Marie und seufzte.
Um welchen Jungen? Ihn? Oder jemand anderen? Eifersucht flackerte in ihm auf.
„Er hat doch nichts getan“, wandte Jennifer ein.
„Das ist egal. Er ist mächtig. Er wird uns Ärger machen“, entgegnete Marie.
Mit „mächtig“ konnte sowohl Aden als auch Riley gemeint sein. Aber durch das „Hat doch nichts getan“ schieden sie beide aus. Rileys Eifersucht schwoll von einem Flackern zu einer Feuersbrunst an.
Marie fuhr fort: „Wir können nicht riskieren, dass er uns verfolgt. Er könnte uns gefährlich werden. Vor allem wenn er dem anderen helfen will, dem neuen König. Und weil dieser Aden Tyson in sich trägt …“
„Ich weiß.“ Jennifer klang hörbar ängstlich.
Tyson? Eine von Adens Seelen?
Riley nahm sich vor, Aden davon zu erzählen. Vielleicht würde der Name bei einer der Seelen eine Erinnerung wachrufen. Vor der Eingangstür des heruntergekommenen Wohnhauses blieb Aden stehen. Die Hexen befanden sich im Haus, ihre Auren sickerten regelrecht durch die Steinwände. Am liebsten wäre Riley ins Haus gestürmt und hätte sie mit seinen Zähnen zerfetzt. Für jede Drohung gegen Mary Ann sollten sie bezahlen. Das mussten sie lernen. Aber er trug keine Schutzzeichen, auf seiner Wolfshaut hielten sie nicht. Die Hexen hätten ihn mit tausend verschiedenen Flüchen belegen können, mit Tod, Verletzungen, Schmerzen, und er hätte nichts dagegen tun können.
Deshalb griffen Wölfe niemals Hexen an, wenn kein Vampir sie begleitete.
Er knurrte leise. Er ging Kämpfen nicht gern aus dem Weg, aber dieses Mal tat er es. Zurück in den Schatten vor dem Haus, entdeckte er das Motel auf der gegenüberliegenden Straßenseite – und die vier Auren darin. Unter ihr Glitzern mischte sich ein Wirbel bunter Farben.
Elfen.
Sie waren also auch hier. Er bekam ein ungutes Gefühl. Mit zuckenden Ohren konzentrierte er sich auf ihr Gespräch und lauschte.
„… sie vor den Hexen erwischen“, sagte gerade jemand. Eine weibliche Elfe.
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