Hollisch verliebt
Caleb?“
Könnte sein , lautete die grummelige Antwort.
So etwas hatten die Seelen seit Jahren nicht mehr probiert. Wahrscheinlich weil sie die Kontrolle nicht ohne seine Erlaubnis übernehmen konnten. Zumindest bis jetzt. Dieses Zerren an seinem Arm war stärker gewesen als alles, was sie früher getan hatten. Er war sich nicht sicher, was das bedeutete.
„Mach das nicht noch mal“, schimpfte er.
Ist ja gut!
Victoria, die zwischen seinen gespreizten Beinen stand, erstarrte. „Ich wollte nicht … Ich habe nur … Du hast mir doch gesagt, dass ich sie abschneiden soll!“
Betreten entschuldigte er sich: „Tut mir leid. Dich habe ich nicht gemeint.“
„Ach so. Gut. Ich hatte schon Angst.“ Sie machte sich wieder an die Arbeit.
Ihr Geruch traf ihn so heftig wie ein Hieb mit einem Baseballschläger. Die Seelen waren vergessen, als Aden das Wasser im Mund zusammenlief und sich sein Magen verkrampfte. Seit Victorias Bruder die angreifenden Vampire verstümmelt und getötet hatte, stand er kurz vor dem Verdursten. Er hatte es nur mit Mühe aus dem Thronsaal geschafft, ohne sich auf den Boden zu werfen und dieses köstlich aussehende Blut aufzulecken.
Lediglich zwei Dinge hatten ihn aufgehalten: sein Verlangen nach Victorias Blut – und zwar nur nach Victorias Blut –, das mit jeder Minute stärker wurde, und das Wissen, dass sein Gegner bei dem großen Kampf jede Schwäche gegen ihn verwenden würde. Und der Kampf würde auf jeden Fall stattfinden, wie er Victoria schon versprochen hatte.
Elijah hatte zwar verschiedene Versionen für den Ausgang gesehen, aber in keiner Fassung hatte sich der Kampf ganz vermeiden lassen.
Mehrmals hatte Aden sich sterben sehen, als ein Schwert voller je la nune ihm den Kopf vom Körper trennte. Danach könnte Victoria ihn nicht mehr retten. Aber dann hatte er gedacht: Ich ducke mich nicht, ich weiche zur Seite aus. Sofort hatte sich die Vision verändert. In der neuen Fassung hatte er gesehen, wie Sorin das Schwert schwang, aber nicht traf, weil Aden zur Seite gesprungen war und nun selbst angriff.
In diesem Moment war ihm klar geworden, dass seine Zukunft noch offen war. Er konnte sie verändern. Und er konnte möglicherweise gewinnen, aber das würde seinen Preis fordern. Nach seinem Sieg würde es mit Victoria bergab gehen. Vielleicht würde sie mit ansehen müssen, wie Aden neben der Leiche ihres Bruders stand und sich von den Vampiren feiern ließ, während sie weinte.
Das wollte er nicht für sie. Er wollte sie nicht traurig oder wütend machen oder sie gar dazu bringen, ihn aus tiefster Seele zu hassen. Also musste er sich eine Lösung einfallen lassen.
„Wusstest du, dass du kleine schwarze Pünktchen auf der Kopfhaut hast?“, fragte sie.
„Sommersprossen?“
„Wahrscheinlich. Sieht süß aus.“
Süß war besser als abstoßend , aber nicht viel besser. „Danke.“
„Gerne.“ Leise summend beendete sie ihr Werk. „So, geschafft.“ Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre kühlen Hände und musterte ihn. „Du bist …“ Es verschlug ihr den Atem.
„Was?“ War es so schlimm?
Ich sag’s ja nicht gerne , warf Caleb ein, aber ich hab’s dir doch gesagt, verdammt!
Während Victoria nur tonlos den Mund öffnete und schloss, stand Aden langsam auf. Nach und nach tauchte sein Spiegelbild über dem Waschbecken auf. Er hatte mit einer Vollkatastrophe gerechnet, aber es sah gar nicht schlimm aus. Seine Haare waren noch etwa fünf Zentimeter lang und standen in Strähnen nach oben. Durch das Dunkelblond, seine natürliche Haarfarbe, wirkte seine Haut stärker gebräunt als vorher. Und seine Augen, früher schwarz und vor Kurzem noch violett, strahlten goldbraun.
Oh , seufzte Caleb. Na, nicht schlecht. Es geschehen noch Zeichen und Wunder.
„Gefällt es dir nicht?“, fragte Aden.
„Ob es mir gefällt?“ Sie fuhr ihm mit einer zitternden Hand durch die kurzen Haare. „Ich bin begeistert. Und ich verstehe endlich, warum Mädchen auf böse Jungs stehen.“
Also sehe ich aus wie ein böser Junge, dachte er und streckte sich ihrer Berührung entgegen.
Küss sie , stachelte Caleb ihn an. Jetzt, sofort! Bevor die Stimmung kippt.
Ausnahmsweise hat der Perverse recht , sagte Julian. Knutsch sie, bis sie nicht mehr kann.
Ja.
Bevor Aden recht wusste, was er tat, hatte er ihre Taille umschlungen und zog sie näher. Automatisch fiel sein Blick auf ihren Hals, auf den hämmernden Puls. Plötzlich ertönte in seinem Kopf ein hoher Schrei, wie er ihn schon
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