Holly greift nach den Sternen
wenn es halb so groß wäre und das Wohnzimmer lila gestrichen«, sagte Holly, dann fiel ihr etwas sehr Wichtiges ein. »Weißt du, ich hab immer gedacht, die Frau, die Phoebe gespielt hat, war viel zu jung für ihr wirkliches Alter.«
»Genau!« George presste die Hände aufs Herz, und sie hatten diese Verbindung, diesen besonderen Augenblick, der so lange dauerte, wie sie brauchten, um porentief reinigende Gesichtsmasken aufzutragen und sich aufs Sofa zu lümmeln und nacheinander die Episoden von den Notting Hillbillys anzuschauen.
Es war eine ziemlich verwirrende Serie über eine Gruppe von Teenies mit Treuhandfonds (»sie nennen sich hier ›Treuers‹, Holly, das musst du wissen«), die jede Menge vorehelichen Sex hatten und massenhaft verbotene Drogen rauchten, soweit Holly das beurteilen konnte.
»Wer ist das noch mal? Ist er mit der älteren Frau zusammen oder ist das seine Mutter?«, fragte sie George, während sie dezent ein Krümelchen Popcorn aus ihrem hinteren Backenzahn pulte. Es war vielleicht fettfrei und kalorienreduziert, aber es hinterließ einen unangenehmen Nachgeschmack, den aller Chai-Tee der Welt nicht wegspülen konnte.
»Hab ich dir doch erklärt. Sie ist seine Stieftante, aber sie hatten ein Verhältnis, und jetzt hat er gerade rausgekriegt, dass sie seine Halbschwester ist«, leierte George, was Holly nur noch mehr verwirrte. »Aber egal. Jetzt komm ich gleich rein. Da bin ich. Ich steh in der Küche und schau mich um, bin total entsetzt und sage: ›Hey, kann mir jemand’n Zehner borgen?‹ Wie findest du mich, Holly? Ich glaube, ich war etwas zu spät, aber mein englischer Akzent ist doch super, was?«
Holly unterdrückte ein Gähnen. »Du hörst dich an wie die Queen.«
Man hörte einen Schlüssel im Schloss und sie blickte ungeduldig hoch.
Sie wurde gerettet. Endlich.
Candy stürzte durch die Wohnungstür herein, hinter ihr jede Menge Leute. Sie hatte einen Gastauftritt bei MTV gehabt, und es sah ganz danach aus, als hätte sie die Hälfte des Publikums mit hierher geschleift.
»Oh, Holly, du bist da.« Candy hörte sich nicht sehr begeistert an, aber dann zuckte sie die Schultern und lächelte. »Ich geb’ne Party und alle sind eingeladen. Sogar du!«
Holly beschloss, den kleinen Giftpfeil vorbeischwirren zu lassen. Wenigstens hatte sie die Gesichtsmaske bereits abgewaschen und sich dezent geschminkt. Außerdem waren ihre Kaschmirhose und das dazugehörende Kapuzenshirt um Klassen besser als die hässlichen Nylonjogginganzüge, die Irina bevorzugte.
George winkte Candy fröhlich zu und stellte - dem Himmel sei Dank! - den DVD-Player aus. »Hallo, du Hinreißende. Was ist heute neu und anders?«
»Das ist mein absolut liebster Typ von der ganzen Welt!«, rief Candy aus, rannte zu ihm und umarmte ihn heftig. »Hört mal alle her: Das ist George, mein neuer bester Freund, und Holly - die wohnt hier.«
»Alle« waren vier Jungs in engen schwarzen Jeans, engen schwarzen Lederjacken und schwarzen Sonnenbrillen. Alles an ihnen schrie nach einem Klecks Farbe. Außerdem waren da noch zwei winzige Japanerinnen, die in den gleichen getüpfelten Outfits herumliefen, und ganz hinten kam Reed, den Arm um ein verstrubbeltes, langgliedriges Mädchen gelegt, ein ganz anderes verstrubbeltes, langgliedriges Mädchen als neulich Abend.
»Wer ist das?«, zischte George aufgeregt in Hollys Ohr. »Ich glaub nämlich, ich hab mich eben verliebt.«
Holly fand George viel besser, wenn er ihr angeblicher Lover war und nicht ihr neuester bester Freund.
»Das ist Reed«, murmelte sie. »Candys Halbbruder und ein Modelvernascher.«
»Er kann mich jederzeit vernaschen, wenn er will«, hauchte George.
Holly hielt das keine Sekunde länger aus. »Ich muss mit Candy reden«, sagte sie und stieß mit voller Absicht ihr Knie gegen seine Schulter, als sie vom Sofa kletterte.
Candy war mit zwei verstrubbelten, schmalhüftigen Jungs in der Küche, die sie bewundernd anstarrten, während sie Drinks in dem Mixer mixte, in dem Laura sonst die Schokomilchshakes machte. Holly hoffte für Candy, dass die großzügigen Tequila-Beigaben nicht die Schneidemesser rosten ließen.
Candy sah hoch und lächelte unsicher, als könnte sie sich nicht mehr erinnern, wer Holly war.
»Oh, hey, möchtest du’ne Margarita? Und weißt du, wie man diesen Mixer in Gang setzt?«
Candy konnte sie beleidigen. Und sie konnte sie stündlich kritisieren, aber das hier war einfach zu viel. »Seh ich vielleicht aus wie eine, die
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