Holly greift nach den Sternen
kaum kennt, und hofft, dass er sich bei Tageslicht nicht mehr daran erinnert.
»Ich brauch nur ein bisschen Glück«, sagte Holly zu sich selbst. »Das kann doch nicht so schwierig sein.«
»Ist es aber«, entgegnete Reed und streckte sich der Länge nach auf dem Sofa aus. Er sah jetzt etwas zerzaust aus, nicht mehr so dunkel und bedrohlich. »Zum Beispiel wird mein Bemühen um Filmförderung gerade zu meinem eigenen neunten Kreis der Hölle, verstehst du?«
Kreise? Holly wollte ihm schon Mut zureden, doch sie ließ es lieber.
»Ich würde dich danach fragen, aber du denkst dann sicher bloß, ich würde dich wegen einer Rolle anbaggern.«
»Ja, wahrscheinlich.« Reed gab ein ersticktes Lachen von sich. »Vielleicht ein andermal. Oh Mann, ich hasse diese frühen Morgenstunden, wenn man denkt, man wäre der einzig wache Mensch auf der Welt.«
»In Japan und Australien sind Menschen wach und wahrscheinlich auch in Afrika.« Holly kuschelte sich tiefer in die Decke, weil es kühler wurde. Sie hatte Schwierigkeiten, die Augen offen zu halten und sich zu konzentrieren. »Ich bin gern betrunken. Dann steht mein Verstand still und ich mach mir ein paar Stunden lang keine Sorgen mehr.«
»Du musst weniger trinken. Viel weniger. Und du musst deinen Karriereplan noch mal überarbeiten, denn was du im Moment tust, hilft dir nicht weiter, glaub mir.«
Und das Verrückte war, dass sie ihm in diesem Augenblick glaubte. Als wäre Reed trotz seiner Arroganz und den Modelmiezen irgendwie ganz okay.
Er stand auf und ließ die Schultern kreisen. »Ich sollte mal los.« Er sah auf seine Uhr. »In drei Stunden hab ich einen Termin.«
»Dann nehm ich das Sofa. Obwohl ich eigentlich George aus meinem Bett schmeißen und ihn auf das Sofa verfrachten sollte.«
Aber das war ihr zu anstrengend, denn das Sofa war in Reichweite. Deshalb krabbelte sie über die Armlehne des Sessels und ließ sich in die warme Mulde fallen, die Reed in den Sofapolstern hinterlassen hatte.
Reed war nur noch eine schattenhafte Silhouette. Er nahm seine Brieftasche und sein Handy vom Tisch und schob beides in seine Taschen.
Holly war schon fast eingeschlafen, als seine warmen Lippen flüchtig ihre Stirn berührten. Eine Sekunde lang dachte sie, sie würde träumen, bis sie ihn leise sagen hörte: »Du bist eigentlich ganz in Ordnung. Wer hätte das gedacht?«
Aber das hatte sie bestimmt geträumt, denn als sie die Augen öffnete, war sie allein mit dem Echo der zuschlagenden Haustür.
11
H olly hörte jedoch nicht wegen ihres frühmorgendlichen Tête-à-Tête mit Reed mit dem Trinken auf. Obwohl sie es schrecklich fand, wie verächtlich er sie behandelt hatte. Sie hörte damit auf, weil sie keine Fußnote auf den Seiten des »Who’s who der Filmstars« werden wollte: ein Kinderstar, der zur Alkoholikerin geworden war. Außerdem bekam man von den Katern eine trockene Haut.
Dabei half ihr, dass die anderen Mädchen ihr vorlebten, weshalb harte Arbeit sich auszahlte. Candy und Irina sammelten Bonusflugmeilen mit Modeljobs in weit entfernten Locations, was außerdem bedeutete, dass keine von ihnen ihr alkoholische Getränke aufdrängen konnte. Und Laura hatte eine neue Arbeitsmoral, die vor allem darin bestand, dass sie tonnenweise Haferflocken aß, mit Yoga ihren Babyspeck bekämpfte und ohne Bezahlung arbeitete. Es war richtig süß, wie sie sich begeistert für null Mäuse den süßen, neuerdings straffen Po aufriss, aber bezüglich Karrierepläne war das eine ausgezeichnete Lektion darin, wie man es nicht tun sollte.
George war nicht glücklich, als sie plötzlich nur noch Zitronensaft und Mineralwasser trank. »Es hat viel mehr Spaß gemacht, als du noch gesündigt hast«, beklagte er sich bitterlich, nur weil Holly stocknüchtern in einem Londoner Nachtklub saß. Offensichtlich gab es in London mehr Nachtklubs als irgendwo sonst auf dem Planeten. »Du warst noch nicht so besessen von der Erlangung der Weltherrschaft.«
Holly lächelte nur und hoffte, es wäre ein rätselhaftes Lächeln, und sagte ihm, er solle sie küssen und so tun, als meine er es auch, weil sie gerade einen Fotografen hinter einer bizarren Beleuchtungsinstallation rumlungern sah.
Aber er war echt genervt. »Wenn ich dich nur eine Minute allein lasse, kriegst du gleich diesen angesäuerten Blick.«
»Was für einen angesäuerten Blick?« Holly schmollte, und George zeigte mit dem Finger auf ihr Gesicht, das von ihrem neuen Abstinenzlerprogramm profitierte. Einerseits davon
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