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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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sitzen müssen. Eivind Torsvik hielt eine Brille in der Hand, und Hanne
    fragte sich, wie er die wohl zum Halten brachte.
    »Hallo«, sagte er vorsichtig. »Guten Tag.«
    »Guten Tag«, erwiderte Hanne und kam sich idiotisch vor, als sie sich an
    ihrem Reißverschluß zu schaffen machte und verzweifelt nach einem
    Gesprächsthema suchte. »Hallo.«
    Plötzlich streckte Eivind Torsvik die flache Hand aus. »Es sieht nach Regen
    aus«, sagte er mit schrägem Lächeln. »Möchten Sie hereinkommen?«
    Hanne staunte darüber, daß er sie so einfach hereinbat,
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    und ging ins Haus. Dort begriff sie, warum Eivind Torsvik das ganze Jahr hier
    verbringen konnte. Der Flur führte in eine riesige, blau gestrichene Küche,
    und Hanne sah mehrere Türen, die vermutlich zu Schlafzimmern führten. Ei-
    vind Torsvik bedeutete ihr, ihm über eine zweistufige Treppe in einen Raum
    zu folgen, in dem vor einem nach Süden schauenden Aussichtsfenster ein
    geräumiger Arbeitsplatz eingerichtet war. Am anderen Ende sah sie eine Sitz-
    gruppe und eine schwarze Stereoanlage.
    »Setzen Sie sich«, sagte Eivind Torsvik und zeigte auf einen Sessel. »Kann ich
    Ihnen etwas anbieten?«
    »Nein, danke«, murmelte Hanne, ihr brach jetzt unter dem Lederanzug der
    Schweiß aus, es war ungewöhnlich heiß im Zimmer. »Oder... vielleicht einen
    Schluck Wasser.«
    Eivind Torsvik brachte eine Halbliterflasche Mineralwasser und ein Glas mit
    Eiswürfeln. Er öffnete die Flasche, reichte ihr das Glas und schenkte ein. Das
    Wasser schäumte und spritzte auf Hannes Hand.
    »Tut mir leid«, sagte er munter. »Aber es ist ja nur Wasser.«
    Sie setzten sich in die Sessel, schauten einander aber nicht an. Hanne fand das
    Verhalten des Mannes sehr seltsam, bis ihr aufging, daß es für Eivind Torsvik
    sicher noch viel schwerer sein mußte, sie zu verstehen. Noch hatte sie kein
    Wort darüber gesagt, warum sie eigentlich hier war.
    »Ich arbeite bei der Polizei«, sagte sie endlich und trank einen Schluck
    Wasser.
    Der Mann schwieg, aber sie konnte einen Ausdruck leiser Sorge oder vielleicht
    eher erstaunter Neugier über sein kindliches Gesicht huschen sehen.
    »Aber es geht hier nicht um Sie.«
    Sie trank noch einen Schluck und fragte sich, ob es zu frech sei, den Anzug
    abzulegen.
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    »Ich war gerade in der Gegend unterwegs, und da habe ich Ihren Namen auf
    dem Briefkasten gesehen und gedacht . . . «
    Sie spürte, daß aus ihrem Zwerchfell ein peinliches und unpassendes Lachen
    hochstieg. Wieder versteckte sie ihr Gesicht im Glas. Was wollte sie hier?
    Warum war sie etwas gefolgt, das nicht einmal als erklärlicher Impuls
    bezeichnet werden konnte, sondern nur als alberne Folge einer schlum-
    mernden Neugier, die sie beim Anblick des Namens auf dem Briefkasten nicht
    hatte bezwingen können? Sie war derzeit zwar nicht ganz sie selbst, aber wenn
    sie früher aus einer Augenblickslaune heraus Menschen aufgesucht hatte,
    dann immer, weil diese eine vage, wenn auch nicht direkte, Verbindung zu
    einem aktuellen Fall hatten. Eivind Torsviks Name war in einem Dokument
    aufgetaucht und wieder verschwunden. Es bestand absolut kein Grund zu der
    Annahme, der Mann könne auch nur die geringste Ahnung von den
    Umständen haben, die zu dem brutalen Mord an Doris Flo Halvorsrud geführt
    hatten. Hanne lachte laut auf und bekam Mineralwasser in die Nase.
    »Verzeihung«, keuchte sie und wischte sich mit dem Handrücken ab. »Sie
    müssen mich ja für total verrückt halten.«
    »Nein«, sagte Eivind Torsvik ernst. »Ein wenig komisch vielleicht, aber
    durchaus nicht total verrückt. Wer sind Sie eigentlich?«
    »Tut mir leid«, sagte Hanne und hustete. »Ich heiße Hanne Wilhelmsen. Ich
    bin Hauptkommissarin im Polizeidistrikt Oslo. Ich arbeite gerade an einem
    Fall, bei dem eine Frau ermordet worden ist. Wir dachten, ihr Ehemann. . . «
    »Sigurd Halvorsrud«, Eivind Torsvik nickte. »Ich habe im Internet darüber
    gelesen.«
    Er warf einen Blick auf den Computer auf der anderen Seite des Zimmers.
    Dann lächelte er breit und faltete die
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    Hände vor seinem Bauch. Seine Finger waren lang und elegant, und Hanne
    ertappte sich bei der Frage, wie dieser Mann zu einem bestialischen Mord
    fähig gewesen sein mochte.
    »Sie haben natürlich eine Liste erstellen lassen«, er nickte noch einmal ruhig.
    »Eine Liste der besonders spektakulären Morde der letzten. . . sagen wir zehn
    Jahre? Fünfzehn?«
    Hanne wand ihren Oberkörper aus dem Lederanzug und machte sich an

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