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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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einem
    Ärmel zu schaffen, ohne den jungen Mann anzusehen.
    »Und auf der bin ich natürlich aufgetaucht.«
    Er streckte die Beine aus und ließ den rechten Fuß auf dem linken balancieren.
    »Habt ihr mich verdächtigt? Tut ihr das vielleicht noch immer?«
    Sein Mund verzog sich in leichtem Spott zu einem neckenden Lächeln, bei
    dem Hanne sich aufrichtete.
    »Natürlich nicht«, beteuerte sie. »Wir verdächtigen natürlich niemanden
    aufgrund früherer Verbrechen.«
    Er hatte ein wunderbares Lachen. Es fing tief an und gluckste sich dann auf
    einer Tonleiter weiter nach oben, die das Ganze wie improvisierten Gesang
    klingen ließ.
    »Natürlich tut ihr das«, sagte er mit gespieltem Vorwurf, als fühle er sich von
    einer groben Lüge beleidigt. »Und ich finde das ganz normal. Warum sollte
    sich die Polizei sonst mit Datenschutz und Parlament wegen dieser DNS-Regi-
    ster fetzen? Wenn Sie mich fragen, dann wird der Datenschutz übertrieben.«
    Plötzlich war bei dem jungen Mann eine Art Engagement zu bemerken. Bisher
    hatte er auffällig ruhig gewirkt, wenn man Hannes Verhalten bedachte.
    »Sie wissen natürlich, welche Sorte Kriminalität die höchsten Rückfallquoten
    aufweist«, sagte er. »Diebstahl und Sittlichkeit. Das mit den Dieben ist im
    Grunde nicht so schlimm. Die Sexualverbrecher dagegen... die setzen ihr
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    zerstörerisches Treiben fast ungehindert von den machtlosen Gesetzen fort.«
    Plötzlich stampfte er vor seinem Sessel mit den Füßen auf, starrte Hanne
    Wilhelmsen ins Gesicht und sagte: »Natürlich nehmt ihr euch frühere Täter
    vor. Das wäre ja noch schöner!«
    Sein Gesicht öffnete sich, und er lachte wieder.
    »Aber Sie wären wohl kaum allein gekommen, um mich zu verhaften. Sicher
    gelte ich noch immer als gefährlich.«
    Er musterte die Frau, die sich als Polizistin ausgegeben hatte. Er glaubte nicht, daß sie log. Wenn er von dem großen Lederanzug und der ungepflegten Frisur
    absah, dann war diese Frau von einem ansprechenden Äußeren. Das Gesicht
    war fast schön, ungeschminkt und charakterstark. Eivind Torsvik fühlte sich in
    Gesellschaft nur selten wohl. Es war kein Zufall, daß er hier draußen lebte.
    Obwohl im Sommer alle Ferienhäuser belegt waren, wurde er doch zumeist in
    Ruhe gelassen. Das Grundstück war groß genug. Aber diese seltsame Frau
    unbestimmbaren Alters — sie konnte alles zwischen dreißig und
    fünfundvierzig sein - gab ihm ein Gefühl von Wohlbehagen, das ihn
    überraschte. Als es an der Tür geklopft hatte, hatte er zuerst nicht öffnen
    wollen. Etwas hatte ihn dann doch dazu veranlaßt, und als er sie dann sah,
    wußte er, daß er sie ins Haus bitten würde. Er wußte nicht, warum. Seit er hier
    eingezogen war, hatte kaum je ein Mensch das Haus betreten. Aber diese Frau
    hatte etwas an sich, einen Ausdruck von Einsamkeit in den dunkelblauen
    Augen, der eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl in ihm auslöste, das er sich
    nicht erklären konnte.
    »Was machen Sie denn so hier draußen?« fragte Hanne plötzlich. »Schreiben
    Sie nur?«
    »Nur«, wiederholte er und beugte sich zu ihr vor. »Wenn Sie meinen, die
    schriftstellerische Arbeit sei so leicht, dann irren Sie sich.«
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    »So war das nicht gemeint«, sagte sie rasch. »Aber Sie haben dahinten so viel
    an Ausrüstung, daß ich dachte, Sie machen vielleicht noch mehr. Außerdem,
    meine ich. Neben dem Schreiben.«
    »Das meiste ist ganz überflüssig«, sagte er leichthin. »PC, Bildschirm und
    Tastatur, mehr brauche ich nicht. Aber ich habe noch einen Scanner, zwei
    zusätzliche Computer, einen CD-Brenner. . . ich habe viel zu viel. Und das
    gefällt mir.«
    »Einen Internetanschluß haben Sie auch?«
    »Sicher. Ich surfe stundenlang. Meine Telefonrechnungen erreichen
    manchmal astronomische Ausmaße.«
    Hanne Wilhelmsen hörte plötzlich auf zu atmen. Sie legte den Kopf schräg und
    richtete ihren Blick auf eine Bronzefigur auf der westlich gelegenen
    Fensterbank: St. Georg im Kampf mit dem Drachen. Das schlangenhafte Biest
    krümmte sich um das Bein des Pferdes, und St. Georg hob die Lanze zum
    tödlichen Stich.
    »Telefonrechnungen«, wiederholte sie leise und langsam, als fürchte sie, eine
    Gedankenkette aus dem Griff zu verlieren. »Haben Sie zwei Leitungen?
    Nummern, meine ich. Eine fürs Telefon und eine fürs Internet?«
    »Nein«, antwortete Eivind Torsvik und kniff verwundert die Augen
    zusammen. »ISDN. Eine Nummer. Zwei Leitungen. Wieso fragen Sie?«
    »Wenn jemand zwei

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